Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung eines Redaktionsstatuts
Orientierungssatz
1. Zum rechtlichen Charakter des Redaktionsstatuts einer Tageszeitung - hier: Gesamtzusage.
2. Zur Frage, ob ein Redaktionsstatut gegen die Tendenzvorschriften und die Zuständigkeitsvorschriften des BetrVG verstößt (verneint).
3. Zur Frage, ob ein Redaktionsstatut gegen zwingende Grundrechte des Herausgebers gemäß Art 5 GG verstößt (verneint).
4. Zur Rechtsnatur eines Redaktionsstatuts im Zusammenhang mit der Prüfung der Wirksamkeit von dessen Kündigung (Wirksamkeit der Kündigung verneint).
5. Abweichung gegenüber dem Urteil des LArbG Hamburg vom 12.12.1978, 6 Sa 91/78.
6. Revision eingelegt unter dem Az 1 AZR 463/00.
Nachgehend
Tenor
I.
1.) Auf die Berufungen der Kläger wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 17.04.1997 -- 3 Ca 94/96 -- teilweise abgeändert: Auf die Anträge zu Ziffer 2 wird festgestellt, dass die Kündigung des Redaktionsstatuts des" "vom 04.01.1996 rechtsunwirksam ist und das Redaktionsstatut ungekündigt fortbesteht.
2.) Im übrigen werden die Berufungen der Kläger zurückgewiesen.
II.
1.) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 17.04.1997 teilweise abgeändert:
Die Klagen werden hinsichtlich der Anträge zur Ziffer 3 als unzulässig abgewiesen.
2.) Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
III.
Die Kläger tragen 1/3, die Beklagte 2/3 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
IV.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung des Redaktionsstatuts der von der Beklagten herausgegebenen Tageszeitung" "durch die Beklagte und über die Beteiligung des Redaktionsrats bei der Berufung der Chefredakteure.
Die Kläger sind Redakteure der Tageszeitung M. und Mitglieder des gewählten Redaktionsrats. Das Redaktionsstatut lautet in der Fassung vom 1. Sept. 1975 wie folgt:
"Die Tageszeitung M." dient der freien Meinungsbildung, Unterrichtung und Unterhaltung ihrer Leser.
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Der "M." berichtet über alle Bereiche des öffentlichen Lebens so wahrheitsgemäß, unvoreingenommen und vollständig wie irgend möglich. Die nachrichtliche Berichterstattung hat frei zu bleiben von persönlichen Gefühlen oder Meinungen des berichtenden Journalisten. Die Kommentierung und Kritik oder Glossierung sind im Rahmen der selbstgesetzten Grundsätze der Zeitung frei.
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Sie ist mit der Unternehmensleitung durch die Herausgeber und die für den Zeitungsbereich verantwortlichen Gesellschafter aktiv verbunden.
Um den beratenden und anregenden Einfluss der Redakteure im Zeitungsverlag zu stärken und auch formal zu gewährleisten, wählt die Redaktion aus ihrer Mitte einen Redaktionsrat.
Dieser von der Redaktionsversammlung auf die Dauer von zwei Jahren gewählte Redaktionsrat besteht aus fünf Redaktionsmitgliedern, darunter zwei Ressortleitern. Die Wahl ist geheim.
Wahlberechtigt sind alle Redakteure, die dem Haus mindestens ein Jahr angehören und in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen. Wählbar sind alle Redakteure, die dem Haus mindestens zwei Jahre als Redakteure angehören. Der Chefredakteur kann nicht in den Rat gewählt werden und hat kein Stimmrecht.
Gewählt sind die zwei Ressortleiter und die drei Redaktionsmitglieder, auf die die meisten Stimmen entfallen. Bei Stimmengleichheit findet eine Stichwahl statt. Beim Ausscheiden eines Redakteurs aus dem Redaktionsrat rückt das Redaktionsmitglied mit der anschließenden Stimmenzahl nach.
Der Redaktionsrat wählt aus seiner Mitte einen Sprecher für die Vertretung der ihm aufgetragenen Anliegen im Zeitungsverlag oder gegenüber der Unternehmensleitung, soweit aus praktischen Gründen nicht der Gesamtrat auftreten will. Er beruft die Redaktionsversammlung ein.
Die Mitglieder des Redaktionsrates genießen den Schutz des § 15 Kündigungsschutzgesetz und der §§ 78 und 123 Betriebsverfassungsgesetz.
Die Redaktion wird von einem Chefredakteur geleitet. Dieser überwacht im Einvernehmen mit dem Sprecher des Redaktionsrates die Linie der Zeitung. In diesem Rahmen bleibt die journalistische Arbeit der Verantwortung der Ressortleiter für ihre Arbeitsgebiete überlassen.
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