Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch der Bundesagentur für Arbeit aus Bürgenhaftung
Leitsatz (redaktionell)
Die Bürgenhaftung des Generalunternehmers nach § 1a AEntG geht nicht auf die Bundesagentur für Arbeit über, sofern diese im Falle der Insolvenz des Nachunternehmers Insolvenzgeld an die Arbeitnehmer des Nachunternehmers zahlt.
Normenkette
AEntG § 1a
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 18.05.2009; Aktenzeichen 4 Ca 8173/08) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 18.05.2009 – Aktenzeichen 4 Ca 8173/08 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin nach § 1a in der vom 01.04.2006 bis 30.06.2007 geltenden Fassung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vom 26.02.1996 (im Folgenden: AEntG 1996) für die Verpflichtungen eines Nachunternehmers zur Zahlung des Nettomindestentgelts aus übergegangenem Recht haftet.
Die Klägerin ist die B. f. A.. Die Beklagte errichtete das E. Maschinenhaus L.. Sie beauftragte die Firma B. F. GmbH als Nachunternehmerin mit der Herstellung der Stahlfaserbetonsohle. Über das Vermögen der Nachunternehmerin hat das Amtsgericht Dresden mit Beschluss vom 16.07.2007 (Aktenzeichen 560/533 IN 1783/07) das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin gewährte dem Arbeitnehmer T. P. auf seinen Antrag vom 27.07.2007 für den Zeitraum vom 16.04. bis 15.07.2007 Insolvenzgeld in Höhe von 7.695,49 EUR. Die Klägerin errechnet für 253 Stunden bei 8,90 EUR brutto pro Stunde einen Bruttomindestlohn von 2.251,70 EUR. In der Höhe des sich hieraus ergebenden Nettomindestlohns von 1.440,07 EUR nimmt sie die Beklagte unter Berufung auf einen Forderungsübergang nach § 187 Abs. 3 SGB III in Haftung.
Die Klägerin hat behauptet,
bei der Insolvenzschuldnerin handle es sich um einen Baubetrieb im Sinne des § 175 Abs. 2 SGB III. Der Arbeitnehmer T. P. habe in der Zeit vom 16.04. bis 15.07.2007 253 Stunden für die Insolvenzschuldnerin als Bauarbeiter auf der Baustelle E. Maschinenhaus L. gearbeitet.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.440,07 EUR sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Anhängigkeit der Hauptforderung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage entsprechend dem Antrag der Beklagten abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Anspruch der Klägerin folge nicht aus § 611 BGB in Verbindung mit § 1a Satz 1 AEntG 1996, § 187 SGB III. Die Klägerin habe zum einen nicht hinreichend dargelegt, dass es sich bei der Insolvenzschuldnerin um einen Betrieb des Baugewerbes im Sinne des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV-Bau) handle, zum anderen seien die Arbeitsstunden des Arbeitnehmers T. P. nicht hinreichend dargelegt worden.
Gegen das am 18.05.2009 verkündete und am 20.05.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.06.2009 Berufung eingelegt und die Berufung am 15.07.2009 begründet. Die am 20.07.2009 zugestellte Berufungsbegründung hat die Beklagte am 17.08.2009 erwidert. Die Parteien wiederholen in der Berufung ihren Tatsachenvortrag erster Instanz und vertiefen ihre Rechtsansichten.
Die Klägerin beantragt,
Unter Abänderung des am 18. Mai 2009 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart – Aktenzeichen 4 Ca 8173/08 – wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.440,07 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Klägerin ist statthaft, § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG; sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519 Abs. 1 und 2, 520 Abs. 3 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
Der Anspruch der Klägerin ist aus Rechtsgründen nicht gegeben, weshalb es weder auf die Frage, ob es sich bei der Insolvenzschuldnerin um einen Baubetrieb im Sinne des § 175 Abs. 2 SGB III oder des BRTV-Bau handelt, noch auf die Fragen, welche Stunden der Arbeitnehmer T. P. am Bauvorhaben E. Maschinenhaus L. erbracht hat, entscheidungserheblich ankommt.
II. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus der sogenannten Bürgenhaftung nach § 1a AEntG 1996, weil eine verfassungskonforme Auslegung des § 187 SGB III ergibt, dass die Ansprüche des Arbeitnehmers T. P. der Insolvenzschuldnerin aus § 1a AEntG 1996 gegen die Beklagte nicht auf die Klägerin übergegangen sind. Die Bürgenhaftung dient nicht zur Entlastung der Bundesagentur für Arbeit von den Aufwendungen für das Insolvenzgeld, das die Bundesagentur an den Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin gezahlt hat.
1. Nach...