Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubserteilung, vorsorgliche nach außerordentlicher Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Kündigt ein Arbeitgeber außerordentlich, hilfsweise ordentlich und erklärt er gleichzeitig, dass für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung der Arbeitnehmer unter Anrechnung auf noch offene Urlaubsansprüche freigestellt werde, so wird hierdurch der Erholungsurlaub nicht wirksam erteilt.
Hinweis: Revision wurde nicht eingelegt
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 1, 4
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 19.06.2001; Aktenzeichen 5 Ca 6706/01) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19.06.2001 – 5 Ca 6706/01 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen nicht geleisteter Urlaubsabgeltung für 16 Arbeitstage des Jahresurlaubs 2000 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 2.588,32 DM brutto nebst Zinsen.
Die Klägerin war seit 1989 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt auf Basis des Arbeitsvertrages vom 3. Mai 1999 (Kopie Bl. 55 ff. d.A.). Sie hat einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen jährlich. Von diesem Anspruch hat die Klägerin für das Jahr 2000 bis zum Ausspruch der außerordentlichen, hilfsweisen ordentlichen Kündigung durch die Beklagte am 23. Juni 2000 allenfalls 14 Arbeitstage Urlaub erhalten, was im zweiten Rechtszug unstreitig geworden ist. Mit Schreiben vom 26. Juni 2000 erteilte die Beklagte der Klägerin ein Hausverbot. Seit dem 1. Oktober 2000 ist die Klägerin bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt.
Mit Anwaltschreiben vom 1. Dezember 2000 (Kopie Bl. 13 d.A.) macht die Klägerin vorsorglich die restlichen 16 Urlaubstage geltend. Am 17. Januar 2001 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich (Bl. 11 f. d.A.), wonach das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2000 beendet wurde. Mit weiterem Anwaltschreiben vom 26. Januar 2001 forderte die Klägerin Urlaubsabgeltung für 16 Arbeitstage in Höhe von 2.588,32 DM (Kopie Bl. 14 f. d.A.). Dies lehnte die Beklagte mit Anwaltschreiben vom 26. Februar 2001 ab. Ende Februar 2001 erhielt die Klägerin von der Beklagten Gehaltsabrechnungen für den Zeitraum Juni bis September 2000.
Die Kläger hat im ersten Rechtszug behauptet, am 23. Juni 2000 sei ihr das Kündigungsschreiben einfach übergeben worden, ohne dass weitere Erklärungen abgegeben worden seien.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie als Urlaubsabgeltung DM 2.588,32 brutto nebst 9,26 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 10. Februar 2001 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, bei Übergabe der Kündigungserklärung am 23. Juni 2000 habe der Geschäftsführer R. erklärt, dass eventuell noch offenstehende Urlaubsansprüche mit vorhandenen Fehlstunden abgegolten sein sollten. Hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung zum 30. September 2000 enden würde, habe der Geschäftsführer angeordnet, dass die Klägerin ihren restlichen Urlaubsanspruch für das Jahr 2000 während der Dauer der Kündigungsfrist bis zum 30. September 2000 zu nehmen hätte.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19. Juni 2001 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass offen bleiben könne, ob der Geschäftsführer der Beklagten am 23. Juni 2000 Urlaub bis zum 30. September 2000 erteilt hätte. Die Erteilung von Urlaub im Anschluss an den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung käme nicht in Betracht. Der Verzicht auf die weitere Arbeitsleistung des Gekündigten vertrage sich nicht mit der Erteilung von Urlaub. Dessen Erteilung dürfe nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden. Gegen die im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist von drei Monaten nach Zugang der letzten Gehaltsabrechnung sei nicht verstoßen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen (Bl. 64 ff. d.A.).
Gegen dieses am 16. Juli 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. August 2001 eingegangene und mittels eines am 17. September 2001 (Montag) eingegangenen Schriftsatzes begründete Berufung der Beklagten.
Die Beklagte trägt vor, am 23. Juni 2001 habe der Geschäftsführer auch angeordnet, dass die Klägerin, falls die Kündigung als ordentliche wirksam sein sollte, unter Anrechnung der restlichen Urlaubsansprüche von der Arbeitspflicht bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freigestellt sei. In all diesen Erklärungen lägen allenfalls Rechtsbedingungen, die unschädlich seien. Auch nach § 14 Abs. 2 des Arbeitsvertrages sei sie ausdrücklich befugt, die Arbeitnehmerin unter Fortzahlung der Bezüge und Anrechnung auf etwaigen restlichen Urlaub freizustellen. Der klägerische Anspruch scheitere auch deswegen, weil die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist nicht eingehalten sei. Durch die Schriftsätze vom 7. Dezember 2000 und 22. Dezember 2000 im Kündigungsschutzverfahren (2 Ca 18279/00) sei gleichzeitig das Urlaubsverlangen abgele...