Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsverfügung. „Koppelungsgeschäft”. Wegfall des Verfügungsgrundes nach Anrufung der Einigungsstelle
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Arbeitgeber kann dem vom Betriebsrat im Wege der einstweiligen Verfügung verfolgten Unterlassungsanspruch nicht den Einwand des „unzulässigen Koppelungsgeschäfts” entgegenhalten, wenn der Betriebsrat die Erteilung seiner Zustimmung zur Veränderung von Lage und Verteilung der Arbeitszeit von der Gewährung einer finanziellen „Kompensation” an die betroffenen Arbeitnehmer abhängig macht.
2. Der Verfügungsgrund kann entfallen, sobald der (dies zunächst verweigernde) Arbeitgeber die Einigungsstelle anruft und nunmehr der Betriebsrat seinerseits nicht an der zügigen Durchführung des Einigungsstellenverfahrens mitwirkt.
Normenkette
BetrVG §§ 2, 87 Abs. 1 Nr. 2; ZPO §§ 935, 940
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 28.11.2007; Aktenzeichen 15 BVGa 26/07) |
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom28.11.2007 wird der Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss findet kein Rechtsmittel statt.
Tatbestand
A. Die Arbeitgeberin (Antragsgegnerin) möchte die betriebsübliche Arbeitszeit bis zum 29.12.2007 an allen Freitagen und Samstagen sowie an einem Donnerstag (27.12.2007) von 20.00 Uhr auf 21.00 Uhr verlängern.
Die Arbeitgeberin betreibt im Bundesgebiet 19 Herrenmodegeschäfte, darunter eines in E. auf der T. straße. Ende Oktober 2007 teilte sie dem dort gewählten Betriebsrat ihre Absicht mit, die Ladenöffnungszeiten in der Vorweihnachtszeit und Weihnachtszeit verlängern und entsprechend die Arbeitszeiten verändern zu wollen. Unter dem 06.11.2007 antwortete der Betriebsrat, dass er sich gegen die Veränderung entschieden habe. Weiter heißt es in dem Schreiben:
„Grundsätzlich wären wir für die Veränderung der Arbeitszeiten gewesen, haben uns jedoch dagegen entschieden, da uns von Seiten der Unternehmensleitung keinerlei Vergünstigungen (z.B. Bonusprämien, Gutscheine, tarifliche Zeitzuschläge etc.) zugesprochen wurden.
Wie wir durch Gespräche und Erkundigungen bei Mitbewerbern und „Nachbarn” erfahren haben, wird dies in anderen Firmen durchaus gewährt, dies trifft bei tarifgebundenen und sogar bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern zu.”
Die Arbeitgeberin lehnte das Verlangen des Betriebsrats ab, den betroffenen Mitarbeitern – über den in der Gesamtbetriebsvereinbarung Nr. 22 vorgesehenen Zeitzuschlag von 20 % und ggf. über die Erstattung erforderlicher Taxikosten für die spätere Heimfahrt hinaus – eine zusätzliche Gegenleistung für die Arbeit zu den verlängerten Spätöffnungszeiten zuzugestehen, und ordnete einseitig die Verlängerung der Arbeitszeiten ab dem 23.11.2007 an.
Auf Antrag des Betriebsrats untersagte das Arbeitsgericht Düsseldorf nach mündlicher Anhörung durch einstweilige Verfügung vom 28.11.2007 der Arbeitgeberin, einseitig ohne Zustimmung des Betriebsrats oder Spruch einer Einigungsstelle die vorgesehene Veränderung der Arbeitszeiten durchzuführen.
Am 04.12.2007 schrieb die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit dem Anliegen an, dass sie kurzfristig die Einigungsstelle, die zwei Beisitzer pro Seite haben sollte, anrufen möchte, machte zwei Vorschläge zur Person des Vorsitzenden (Personen aus der Arbeitsgerichtsbarkeit im Düsseldorfer Raum) und erbat eine Rückäußerung bis zum 06.12.2007. Der Betriebsrat antwortete am 06.12.2007, sich hiermit als Tagesordnungspunkt erst auf der nächsten ordnungsgemäß einberufenen Sitzung befassen zu können. Mit Schreiben vom 10.12.2007 lehnte er gegenüber der Arbeitgeberin deren Vorschläge zur Besetzung der Einigungsstelle ab, schlug als Vorsitzenden einen Arbeitsrichter aus N. und drei Beisitzer je Seite vor.
Mit der am 03.12.2007 eingelegten und begründeten Beschwerde greift die Arbeitgeberin den Beschluss des Arbeitsgerichts, auf den hiermit zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, im wesentlichen mit Rechtsausführungen an. Sie bestreitet zum einen, dass der Betriebsrat einen ordnungsgemäßen Beschluss über die Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens und Beauftragung seiner Verfahrensbevollmächtigten gefasst habe. Zum anderen hält sie an ihrer Auffassung fest, dass der Betriebsrat die Erteilung seiner Zustimmung zur Arbeitszeitänderung rechtsmissbräuchlich mit der Forderung nach einer Gegenleistung verknüpft habe: Der Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG diene der Vermeidung immaterieller Nachteile durch eine gerechte Arbeitszeitverteilung, nicht hingegen der Erzielung einer materiellen Kompensation, insbes. in Form eines zusätzlichen Entgelt, für etwaige aus der Arbeitszeitveränderung resultierenden Nachteile.
Der Betriebsrat tritt dem Vorbringen der Arbeitgeberin entgegen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
B. Die Beschwerde hat Erfolg.
I. Im Beschwerdeverfahren streiten die Beteiligten in der Sache noch darüber, ob die Arbeitgeberin an si...