Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch einer Arbeitnehmerin auf Ausgleich des Arbeitszeitkontos aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Auslegung eines Prozessvergleichs
Leitsatz (redaktionell)
Eine Regelung in einem Prozessvergleich im Kündigungsschutzprozess, wonach der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der vereinbarten Vergütung freistellt und hiermit Urlaubsansprüche in Natur gewährt werden, ist dahin auszulegen, dass damit auch ein Arbeitszeitkonto ausgeglichen sein soll.
Normenkette
BGB §§ 611, 779
Verfahrensgang
ArbG Münster (Entscheidung vom 28.09.2017; Aktenzeichen 2 Ca 572/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 28.09.2017 - 2 Ca 572/17 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Ausgleich eines Arbeitszeitguthabens.
Die 1965 geborene Klägerin stand in der Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.01.2017 als Sekretärin in der beklagten Steuerberater- und Wirtschaftsprüfergesellschaft in einem Arbeitsverhältnis, in dem sie zuletzt 3.250,- € brutto monatlich erzielte.
Bei der Beklagten wird für die Arbeitnehmer eine Arbeitszeitkonto geführt und bei Beginn und Ende der Arbeitszeit elektronisch erfasst. Dabei können die Arbeitnehmer sehen, wie lange sie gearbeitet haben und wie viele Überstunden sie angesammelt haben. Sollen Überstunden in Freizeit ausgeglichen werden, musste über das Zeiterfassungsprogramm ein Antrag auf Freizeitausgleich gestellt werden, der dann von der Beklagten genehmigt wurde.
Am 27.09.2016 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin außerordentlich und fristlos. In dem darauf geführten Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien im Gütetermin am 15.11.2016 folgenden bestandskräftig gewordenen Vergleich:
1. Die Parteien sind sich einig, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und den Beklagten durch ordentliche, arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung vom 27.09.2016 mit Ablauf des 31.03.2017 enden wird.
2. Die Beklagten rechnen das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin jeweils zum Fälligkeitszeitpunkt ab und zahlen den sich ergebenden Nettobetrag an die Klägerin. Die Parteien sind sich darin einig, dass der Klägerin auch die ihr zustehenden Weihnachtsgeldansprüche 2016 abgerechnet und ausgezahlt werden. Die Zahlung erfolgt unter Berücksichtigung Anspruchsübergangs auf die Agentur für Arbeit.
3. Die Beklagten stellen die Klägerin unwiderruflich von der Pflicht der Erbringung der Arbeitsleistung bis einschließlich 31.01.2017 unter Fortzahlung der vereinbarten Vergütung frei. Urlaubsansprüche der Kläger für 2016 und 2017 werden mit der Freistellung in Natur gewährt.
4. Die Beklagten erstellen der Klägerin ein wohlwollendes, qualifiziertes Zwischenzeugnis mit guter Leistungs- und Führungsbeurteilung sowie ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis unter dem Beendigungsdatum mit guter Leistungs- und Führungsbeurteilung und einer Dankes- und Bedauerns- und Wunschformel. Die Klägerin wird jeweils einen Entwurf vorlegen, von dem die Beklagten nur abweichen dürfen soweit in diesem unrichtige Tatsachenbehauptungen enthalten sind.
5. Damit ist der Rechtsstreit 2 Ca 1641/16 erledigt.
6. Die Beklagtenseite behält sich den Widerruf des geschlossenen Vergleiches durch schriftliche Anzeige zu den Gerichtsakten bis 22. Nov. 2016 beim Arbeitsgericht Münster eingehend vor.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.01.2017 monierte die Klägerin gegenüber der Beklagten, dass Überstunden nicht ausgeglichen worden seien und bat um Abrechnung und Auszahlung. Da die Beklagte dem nicht nachkam, nahm die Klägerin die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit zunächst auf Vorlage des Monatsjournals 2016 aus dem Zeiterfassungssystem in Anspruch.
Nach Mitteilung durch die Beklagte, dass zum Zeitpunkt 30.09.2016 die Gleitzeitliste 67,10 Überstunden aufgewiesen habe, stellte die Klägerin die Klage um auf Zahlung eines der Höhe nach unstreitigen Betrages in Höhe von 1.317,28 € brutto um.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe Anspruch auf die Abgeltung der aufgelaufenen Überstunden. Dieser Anspruch sei auch nicht erfüllt worden durch die Freistellung im Vergleich vom 15.11.2016. Aus der ausdrücklichen Regelung zum Urlaub folge, dass andere Ansprüche gerade nicht hätten erledigt werden sollten. Eine andere Auslegung des Vergleichs komme nicht in Betracht. Die Forderung sei auch nicht verfallen, da sie erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden sei.
Sie hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 1.317,28 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz nach BGB seit dem 01.02.2017 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, durch die Freistellung im gerichtlichen Vergleich seien auch die Freizeitausgle...