Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschwerde zurückgewiesen 10.02.2005
Entscheidungsstichwort (Thema)
ordentliche Verdachtskündigung. Vortäuschung einer Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit
Leitsatz (amtlich)
Auch der sich auf objektive Tatsachen und Verdachtsmomente gründende Verdacht der Vortäuschung einer Erkrankung durch den Arbeitnehmer ist an sich geeignet, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen in die Redlichkeit des Arbeitnehmers in einem Maße zu zerstören, dass eine ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Urteil vom 20.02.2004; Aktenzeichen 1 Ca 2365/03) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 6 AZN 889/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 20.02.2004 – 1 Ca 2365/03 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Verdachtskündigung.
Der am 20.05.1972 geborene Kläger ist Student. Am 14.11.1996 trat er in den Betrieb der Beklagten als Telefonagent ein. Der Kläger arbeitete zunächst für die Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Firma T1.O1.P1. T2xxxxxxxxxx GmbH & Co. KG. Die Beklagte übernahm am 14.11.1998 den C1xx Center Betrieb. Grundlage des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien ist der Arbeitsvertrag vom 10.09.1998 (Bl. 4 bis 8 d.A.), in dem u.a. Folgendes geregelt war:
6. Arbeitsverhinderung/Arbeitsunfähigkeit
Ist der AN wegen einer plötzlich auftretenden Erkrankung oder durch sonstige unvorhersehbare, wichtige Ereignisse an der Arbeit gehindert, muss der AG (Vorgesetzte oder Personalabteilung) unverzüglich über den Grund und die voraussichtliche Dauer der Abwesenheit verständigt werden.
Im Falle einer Erkrankung muss dem AG vom ersten Tag der Krankheit an eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingereicht werden. Liegt diese dem AG nicht spätestens am dritten Tag nach Entstehung des ersten Krankheitstages vor, hat der AG das Recht, die Entgeltfortzahlung zurückzubehalten.
Die reguläre Arbeitszeit des Klägers betrug 16 Stunden wöchentlich bei einer Monatsvergütung von zuletzt 655,88 EUR.
Am Samstag, dem 26.07.2003, arbeitete der Kläger in einer regulären Schicht bis 19.00 Uhr. Anschließend trug er sich in die Liste für eine zusätzliche freiwillige Schicht für den folgenden Sonntag ab 13.00 Uhr ein.
Am Abend des 26.07.2003 rief der Kläger gegen 23.00 Uhr die Zeugin K4xxxx an und bat sie, die Sonntagsschicht zu streichen. Diese erklärte, die erbetene Änderung sei ihr nicht möglich. Er solle sich am darauffolgenden Tage erneut melden.
Am Morgen des 27.07.2003 bat der Kläger seine Teamleiterin, die Zeugin S3xxx, um eine Streichung der Sonntagsschicht. Diese lehnte nach einem Telefongespräch mit der zuständigen Abteilung eine Streichung der Schicht ab. Nach dieser Mitteilung erklärte der Kläger, dass er krankheitsbedingt arbeitsunfähig sei. In der ab 13.00 Uhr beginnenden Sonntagsschicht fehlte der Kläger.
Nach Anhörung des Klägers am 01.08.2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.08.2003 mit Wirkung zum 31.10.2003, welche dem Kläger am 29.08.2003 zuging, nachdem der Betriebsrat am 04.08.2003 zu der Kündigung angehört worden war und ihr am 22.08.2003 widersprochen hatte.
Mit der vorliegenden, am 10.09.2003 bei dem Arbeitsgericht erhobenen Klage wehrt sich der Kläger gegen diese Kündigung.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt.
Er hat behauptet, er habe am späten Abend des 26.07.2003 starkes körperliches Unwohlsein festgestellt, so dass er am 27.07.2003 nicht habe arbeiten können. Dies habe er der Zeugin K4xxxx noch am Abend des 26.07.2003 bei der Bitte um Schichtstreichung mitgeteilt und auch am darauffolgenden Tage der Zeugin S3xxx.
Der Kläger hat beantragt festzustellen,
dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.08.2003 zum 31.10.2003 nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Verdachtskündigung sei sozial gerechtfertigt.
Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe eine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht, um am Sonntag, dem 27.07.2003, nicht arbeiten zu müssen und dennoch die Entgeltfortzahlung zu erhalten. Er habe am Abend des 26.07.2003 gegenüber der Zeugin K4xxxx und am 27.07.2003 gegenüber der Zeugin S3xxx nur angegeben, er habe für die Sonntagsarbeit keine Zeit. Erst nach der Ablehnung der Streichung der Sonntagsschicht durch die Zeugin S3xxx habe er dann erklärt, dann melde er sich eben krank.
Durch Urteil vom 20.02.2004 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat es auf 1.667,64 EUR festgesetzt. In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, für den Verdacht eines Betrugs fehle die Absicht des Klägers. Der Kläger habe zwar unentschuldigt gefehlt. Diese Pflichtverletzung...