Leitsatz (amtlich)
Der Träger eines Krankenhauses ist nicht verpflichtet, einem Anästhesiepfleger die Nebentätigkeit als Bestatter für ein ortsansässiges Bestattungsunternehmen zu genehmigen. Beide Tätigkeiten schließen sich gegeneinander aus. Mit der beabsichtigten Nebentätigkeit wird ein dem karitativen Zweck des Krankenhauses entgegenstehendes wirtschaftliches Interessen verfolgt.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 S. 1; AVR Caritas § 5 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Entscheidung vom 08.12.2000; Aktenzeichen 2 Ca 2095/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 08. Dezember 2000 – 2 Ca 2095/00 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Aufforderung der Beklagten vom 07.09.2000, Tätigkeiten für die K4xxx-W2xxx GmbH einzustellen und zu unterlassen, rechtsunwirksam ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine Nebentätigkeit als Bestatter im Umfang von fünf Wochenstunden zu genehmigen bzw. ob das Verbot der Beklagten, jegliche Tätigkeiten dieser Art auszuüben, rechtsunwirksam ist.
Der am 04. Oktober 1961 geborne Kläger ist seit dem 05. Januar 1989 als Krankenpfleger bei der Beklagten tätig. Er wird im Funktionsbereich Anästhesie eingesetzt. Für seine Tätigkeit erhält er eine Vergütung aus der Vergütungsgruppe KR 5 AVR-Caritas. Kraft einzelvertraglicher Abrede finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Bestimmungen der AVR-Caritas in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 AVR-Caritas ist eine Nebentätigkeit grundsätzlich zusätzlich; sie ist jedoch anzuzeigen. Unzulässig ist eine Nebentätigkeit, wenn hierdurch die Arbeitskraft des Mitarbeiters oder berechtigte Interessen der Beklagten als Dienstgeberin erheblich beeinträchtigt werden. Letzteres sieht die Beklagte durch die Wahrnehmung der Bestattertätigkeit als erfüllt an.
Durch Mitarbeiter wurde der Beklagten Mitte 1990 bekannt, dass in Ostwennemar und Heessen, Stadtteile der Stadt Hamm, ein B10xxxxxxxxxxxxxxxx mit der Firmierung „P4xxxx” gegründet worden sei. Inhaberinnen dieses Bestattungsinstitutes seien die Pflegekräfte J1xxxxxxxxx und W3xxxxxx. Zugleich beschwerten sich Mitarbeiter der Beklagten anonym über „eigentümliche Werbemaßnahmen”. Werbekärtchen dieses Bestattungsinstituts seien in Arztkitteltaschen und OP-Kitteltaschen vorgefunden worden. Der Kläger uns sein Pflegerkollegen W3xxxxxx bestritten der Beklagten gegenüber jegliche aktive Werbung für dieses Bestattungsinstitut ihrer Ehepartner. Umstritten ist allerdings, ob der Kläger in diesem Zusammenhang auch jegliche aktive Unterstützung des Bestattungsinstituts verneint oder – im Gegenteil – hierauf ausdrücklich hingewiesen hat. Unter dem 21. Februar 1995 schrieb der Bundesverband des Bestattungsgewerbes die Beklagte an. Mit diesem Schreiben wies der Bundesverband auf Aktivitäten des Klägers und Pflegerkollegen W3xxxxxx für das B6xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx K4xxx-W2xxx GmbH hin und brachte zum Ausdruck, die Verknüpfung von Pflegedienst und Bestattertätigkeit in einer Person stimme bedenklich. Es bestehe die Gefahr eines unredlichen Wettbewerbs, zumal einseitige Empfehlungen für ein Bestattungsinstitut zu befürchten seien. Die Beklagte wies in ihrem Antwortschreiben vom 06.04.1995 den Verband darauf hin, ihr seien keine Vorkommnisse bekannt, die darauf hinweisen könnten, dass ihre Pflegekräfte J1xxxxxxxxx und W3xxxxxx Einfluss auf die Vergabe von Aufträgen an Bestattungsunternehmen ausübten. Sie würde beide jedoch belehren, dass für das angesprochene Bestattungsunternehmen nicht geworben werden dürfe.
Am 27. November 1999 stellte das Bestattungsinstitut K4xxx-W2xxx GmbH – zugleich für weitere ihr angeschlossene Bestattungsunternehmen – in der ehemaligen Gaststätte „C1xxxx” in H1xx-W6xxxxx eine Trauerhalle mit zwei Aufbewahrungsräumen und einem Abschiedsraum der Öffentlichkeit vor. In dem die Eröffnung begleitenden Presseartikel der Hammer Tageszeitung wurde der Kläger als Geschäftsführer dieser Bestattungsunternehmen bezeichnet. Es wurde darüber hinaus seine Einschätzung wiedergegeben: Er glaube als Krankenpfleger zur Sterbebegleitung und Betreuung von Angehörigen ausgebildet zu sein.
Der Kläger bewohnt in diesem Gebäude, K5xxxxxxxxxx 11 eine Wohnung. Entgegen den Hinweisen in der Presse sieht er sich nicht als Geschäftsführer des Unternehmens „K4xxx-W2xxx GmbH”. Er bestreitet allerdings nicht, seit 1991 – spätestens seit 1994 durch Übertragung eines Gesellschaftsanteils an ihn aus Anlass der Scheidung von seiner ersten Ehefrau – Gesellschafter der K4xxx-W2xxx GmbH zu sein, unter deren Dach einige Bestattungsunternehmen zusammengefasst sind. Eine negative Beeinflussung seiner Tätigkeit bei der Beklagten sieht er hierdurch nicht.
Diesen und weiter...