Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung der Führungsleistung – Verwendung der verschlüsselter Zeugnisformulierungen
Leitsatz (amtlich)
1. Unter Führungsleistung als Grundelement des qualifizierten Zeugnisses wird die Qualität der Mitarbeiterführung eines Vorgesetzten verstanden. Je nach Führungsebene ist eine Reihe von Merkmalen wichtig. Sehr wichtig bei der Beurteilung des Führungsergebnisses ist, daß sowohl zur Auswirkung der Führung auf die Motivation der Mitarbeiter (Betriebsklima) als auch zur Auswirkung auf die Mitarbeiterleistung (Abteilungsergebnis) Stellung genommen wird. Die Senkung der Fluktuationsrate oder Abwesenheitsquote läßt auf ein gutes Betriebsklima schließen. Stets zu beurteilen ist die Durchsetzungskraft der Führungskraft, denn fehlendes Durchsetzungsvermögen ist ein Zeichen von Führungsschwäche.
2. Wenn auch die von der Arbeitgeberin gewählte Formulierung „wir haben Frau X. als eine freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin kennengelernt”, sich nicht abwertend anhört, wird der Arbeitnehmerin damit jedoch gerade nicht bescheinigt, daß sie eine tatsächlich „freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin” gewesen ist, denn der Gebrauch des Wortes „kennengelernt” drückt stets das Nichtvorhandensein der im Kontext aufgeführten Fähigkeit oder Eigenschaft aus, wie von Seiten der Germanisten in einer ganzen Reihe von Schriften mit Untersuchungen zur Zeugnissprache eindrucksvoll belegt worden ist.
Normenkette
ArbGG § 64 Abs. 6; ZPO § 519 Abs. 3; HGB § 73
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 21.04.1999; Aktenzeichen 2 (4) Ca 379/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 21.04.1999 (2/4 Ca 379/99) teilweise abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug-um-Zug gegen Rückgabe des unter dem 30.06.1998 erteilten Zeugnisses der Klägerin mit gleichem Datum ein neues Zeugnis zu erteilen, das folgenden Wortlaut enthält:
Frau E… S………, geb. am …………, war vom 01.07.1996 bis zum 30.06.1998 in unserem Unternehmen als kaufmännische Angestellte beschäftigt.
Das Aufgabengebiet von Frau S……… umfaßte folgende Tätigkeiten:
- Einkauf aller Produkte und Optimierung der Lieferbereitschaft,
- Auftragsbearbeitung,
- unterstützende Tätigkeit im Bereich von Marketing, wie z. B. Gestaltung der Etiketten in Anlehnung an das bestehende Firmen-Logo, Textgestaltung,
- Auflagenfestlegung und Erstellung der Verkaufsunterlagen für den Außendienst,
- Klärung aller Belange und Ansprechpartner für den Außendienst,
- Statistik und Controlling,
- Organisation von Meetings und Feierlichkeiten,
- Organisation von Bewerbungen bis hin zur Bewerbervorauswahl,
- Erstellen und Vervielfältigung von Informations- und Schulungsunterlagen,
- beauftragte Person für Gefahrgut.
Frau S……… hat entscheidende Beiträge zum Aufbau des Innendienstes unseres jungen Unternehmens geleistet.
Sie konnte durch ihre hervorragenden EDV-Kenntnisse in Word und Excel sowohl im Bereich Lagerhaltung als auch im Bereich Statistik die betrieblichen Abläufe stark vereinfachen.
Frau S……… führte die ihr übertragenen Aufgaben stets gewissenhaft und zu unserer vollen Zufriedenheit aus.
Ihr Verhalten gegenüber Kollegen, Vorgesetzten und Kunden war stets einwandfrei.
Frau S……… ist eine freundliche und äußerst zuverlässige Mitarbeiterin. Sie scheidet aus eigenem Wunsch aus unserem Unternehmen aus.
2. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu ¾ und die Beklagte zu ¼ zu tragen.
4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren im allgemeinen auf 6.000,00 DM = 3.067,75 (festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Berichtigung eines Zeugnisses.
Die Klägerin war vom 26.03.1990 bis zum 30.06.1996 bei der M……-S……… – und C…………… GmbH in B……… beschäftigt. Von dieser erhielt sie am 31.07.1996 folgendes Schlußzeugnis:
Zeugnis
Frau E…… T…… S………, geboren am …………, war in der Zeit vom 26.03.1990 bis zum 30.06.1996 in unserem Unternehmen als kaufmännische Angestellte beschäftigt.
Bis zum 30.09.1995 war Frau S……… im Bereich Controlling/Statistik tätig, wo sie die Außendienstleitung mit Analysen, Statistiken und konzeptionellen Arbeiten unterstützte. Aufgrund eines innerbetrieblichen Abteilungswechsels und der damit verbundenen Übernahme neuer Aufgaben wurde Frau S……… mit Datum vom 26.10.1995 ein Zwischenzeugnis über ihre bisherige Tätigkeit ausgestellt.
Von diesem Zeitpunkt an übernahm Frau S……… schrittweise den Aufbau und die Organisation des Innendienstes einer neu gegründeten Tochterfirma unseres Unternehmens, der M…………… GmbH in B………, sowie auch den größten Teil der dort anfallenden Aufgabenbereiche. Dazu gehörten insbesondere:
- • Aufbau und Koordinierung der Abteilungen, Sicherung des reibungslosen und effektiven Ablaufes innerhalb des Unternehmens,
- • Sachbearbeitung Verkauf
- • Sachbearbeitung Einkauf
- • Teilbereiche des Mahnwesens
- • Statistische und konzeptionelle Arbeiten
- • Organisation und Durchführung von Bewerbungen (einschließlich Bewerbervorauswahl), Kursen, Me...