Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassungsantrag. einstweilige Verfügung. Europäischer Betriebsrat. Betriebsstilllegung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Gesetz über Europäische Betriebsräte (EBRG), das auf einer EG-Richtlinie beruht, sieht in europaweit tätigen Unternehmen und Unternehmensgruppen Unterrichtungs- und Anhörungsrechte vor der Durchführung von Betriebsstilllegungen vor (§ 30 EBRG).

2. Eine Verletzung dieser Unterrichtungs- und Anhörungsrechte begründet keinen Unterlassungsanspruch bezüglich der Durchführung der beabsichtigten Betriebsstilllegung.

 

Normenkette

ArbGG § 2a Nr. 3b, § 82 Abs. 2, § 85 Abs. 2 S. 1; EBRG § 1 Abs. 4-5, §§ 30, 45; BetrVG § 23 Abs. 3, § 87 Abs. 1, § 99 Abs. 1, §§ 100-101, 111

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 04.08.2011; Aktenzeichen 8 BVGa 17/11)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 04.08.2011 – 8 BVGa 17/11 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Der nach dem Gesetz über europäische Betriebsräte (EBRG) gebildete Euro-Betriebsrat will den am Verfahren beteiligten Unternehmen in G., B. und K. eines weltweit tätigen Automobilzuliefererkonzerns im Wege der einstweiligen Verfügung aufgeben lassen, es zu unterlassen, Betriebsstilllegungen in Betrieben der Antragsgegnerinnen in Ländern der Europäischen Union durchzuführen, ohne den Europäischen Betriebsrat zuvor zu informieren und zu konsultieren. Der Antragsteller trägt unter Glaubhaftmachung durch Vorlage von Unterlagen vor:

Am 22.06.2011 sei dem Vorsitzenden des Europäischen Betriebsrates von der zentralen Leitung eröffnet worden, dass beabsichtigt sei, vor die Arbeitnehmer des Werkes in C./S. zu treten, um die Produktionsstilllegung dieses Werkes anzukündigen. Am 23.06.2011 seien alle Mitglieder des Eurobetriebsrates informiert worden. Es sei eine Presseerklärung in spanischer Sprache (Anlage 7) zur beabsichtigten Betriebsstilllegung erschienen. Danach seien für 396 betroffene Arbeitnehmer Verhandlungen mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und in einem Merkblatt vom 14.07.2011 Vorschläge für einen Sozialplan angekündigt worden. Trotz der Kritik des Europäischen Betriebsrats seien keine Unterlagen für die Sitzungen des Eurobetriebsrates vorab versandt oder auf anderem Wege den Teilnehmern zu Verfügung gestellt worden. Der Europäische Betriebsrat habe zu der geplanten Betriebsstilllegung am 12.07.2011 am Sitz der Beteiligten zu 4. in K eine Sondersitzung durchgeführt. Die zentrale Leitung habe im Rahmen einer Power Point Präsentation (Anlage 9, Bl. 36 – 89 d. A.), die einen Überblick über die wirtschaftliche Situation der Unternehmensgruppe, insbesondere der Europäischen Unternehmen und die daraus abgeleitete Unternehmensplanung bezüglich der Werksschließung in C./S. zum Gegenstand hat, informiert. Vorher seien dem Europäischen Betriebsrat keine Unterlagen zur Verfügung gestellt worden. Eine Konsultationsphase, in der der Europäische Betriebsrat selbst hätte Vorschläge unterbreiten können, habe es nicht gegeben.

Der Europäische Betriebsrat habe sodann beschlossen, einen Berater zur Prüfung der Wirtschaftsdaten und Entwicklung von Alternativen zur Schließung des Werkes in C. zu bestellen und einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um die Verletzung der Rechte auf Informationen und Beratung des Europäischen Betriebsrates festzustellen und auf Einhaltung zu klagen (TOP 7 und 8 des Protokolls der Sitzung des Eurobetriebsrates am 12.07.2011 (Anlage 12)).

Wegen der weiteren Einzelheiten einschließlich der Anträge wird auf die Antragsschrift verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss der Kammer zurückgewiesen. Auf die Entscheidung (Bl. 134 – 140 d. A.) wird verwiesen. Gegen den dem Antragsteller am 08.08.2011 zugestellten Beschluss hat dieser am 22.08.2011 sofortige Beschwerde eingelegt. Er begründet diese damit, dass das Arbeitsgericht örtlich zuständig sei, da die zentrale Leitung, wie sich aus deren Zusammensetzung und aus den Unterschriften zur Vereinbarung zur Bildung eines Europäischen Betriebsrats vom 07.03.2001 ergebe, in Europa deutlich unter Deutscher Vorherrschaft stehe, so dass der letzte Satz der Vereinbarung, wonach der Gerichtsstand Köln ist, als deklaratorische Klarstellung zu verstehen sei. Soweit das Arbeitsgericht Bedenken gegen die Bestimmtheit der Anträge geäußert habe, werde dem durch die nunmehr gestellten Hilfsanträge Rechnung getragen. Der Antragsteller ist weiter der Auffassung, es bestehe ein Verfügungsanspruch sowie Verfügungsgrund.

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung, jedenfalls unter größtmöglicher Abkürzung der Ladung, Schriftsatz und Einlassungsfristen aufzugeben, es zu unterlassen,

  • Betriebsstilllegungen in Betrieben der Antragsgegnerinnen in Ländern der Europäischen Union durchzuführen ohne den Europäischen Betriebsrat zuvor zu informieren und zu konsultieren;
  • hilfsweise – das Werk C. in S. stillzulegen;
  • hilfsweise – betriebsbedingte Künd...

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