Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierungsmitbestimmung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betriebsrat hat gem. §§ 99,101 BetrVG Anspruch auf Durchführung des Beteiligungsverfahrens bei Eingruppierungen, wenn der tarifgebundene Arbeitgeber eine tarifvertragliche Vergütungsordnung mit ihrem gesamten persönlichen Geltungsbereich im Betrieb anwenden will, jedoch aufgrund einer fehlerhaften Auslegung des Tarifvertrags eine Mitarbeitergruppe (hier: Werkstudenten) als nicht vom persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags erfasst ansieht und deshalb keine Eingruppierung vornimmt.
2. Dieser Anspruch kann mit einem Feststellungsantrag des Betriebsrats geltend gemacht werden.
3. Der Anspruch des Betriebsrats auf Durchführung des Beteiligungsverfahrens ist nicht davon abhängig, dass der betreffende Arbeitnehmer einen Anspruch auf Eingruppierung gegenüber seinem Arbeitgeber hat.
Normenkette
BetrVG §§ 99, 101
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 19.07.2006; Aktenzeichen 19 a BV 349/05) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts München vom19.7.2006 – 19 a BV 349/05 – wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass festgestellt wird,
dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, Werkstudenten, die außerhalb ihrer Ausbildungsordnung im Betrieb der Antragsgegnerin gegen Entgelt beschäftigt werden, nach dem Lohn- und Gehaltstarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer, für die Angestellten und für die Auszubildenden der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie einzugruppieren, die Zustimmung des Antragsstellers zu dieser Eingruppierung zu beantragen und im Verweigerungsfalle die Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzen zu lassen, soweit dieses Entgelt nicht auf außertariflicher Grundlage über den Rahmen des höchsten Tarifsatzes der für den Angestellten geltenden Gehaltsgruppe VII um 25 v. H. hinausgehend geregelt ist, solange diese Regelung im Betrieb der Antragsgegnerin angewendet wird und nicht ausdrücklich die Werkstudenten ausnimmt.
2. Die Rechtsbeschwerde wird für die Antragsgegnerin zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegnerin verpflichtet ist, Werkstudenten, die außerhalb ihrer Ausbildungsordnung im Betrieb gegen Entgelt beschäftigt werden, nach dem Lohn- und Gehaltstarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer, für die Angestellten und für die Auszubildenden der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie einzugruppieren, und insoweit das Verfahren gemäß § 99 BetrVG durchzuführen.
Die Antragsgegnerin ist Mitglied ist Mitglied im Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie. Sie gruppiert alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach ihrer Auffassung unter den persönlichen Geltungsbereich der Tarifverträge für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie – insbesondere der tarifvertraglichen Entgeltordnungen (in der Vergangenheit vor allem: Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer, für die Angestellten und für die Auszubildenden der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie – LGRTV) – ohne Rücksicht auf das Bestehen oder Fehlen der Tarifgebundenheit in das tarifliche Entgeltsystem ein. Sie unterlässt eine solche Eingruppierung bei den außertariflichen Angestellten sowie den Werkstudenten, die außerhalb ihrer Hoch- bzw. Fachhochschulausbildung neben ihrem Studium eine befristete Tätigkeit im Betrieb aufnehmen. Die Arbeitsverträge dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter enthalten auch keine Bezugnahme auf die Tarifverträge der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie. Allerdings führt die Antragsgegnerin und Arbeitgeberin bei den Mitgliedern dieser Mitarbeitergruppe das Einstellungs-Mitbestimmungsverfahren gemäß § 99 BetrVG durch.
Der antragstellende Betriebsrat meint, dass die Studenten, die nicht im Rahmen der von Hochschulen vorgegebenen Ausbildungspläne Tätigkeiten im Betrieb erbringen, sondern mit den übrigen Arbeitnehmern unmittelbar zur Erledigung der betrieblichen Aufgaben im Rahmen der vorhandenen betrieblichen Organisation gegen Entgelt eingesetzt werden, der Eingruppierungsmitbestimmung gemäß § 99 BetrVG unterlägen, weil die Arbeitgeberin das tarifliche Eingruppierungssystem unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit anwende und diese Personen vom persönlichen Geltungsbereich der tariflichen Eingruppierungsregelungen erfasst würden. Für eine Ausgrenzung der Werkstudenten aus dem persönlichen Geltungsbereich der Tarifverträge sei nicht ersichtlich. Der Anspruch des Betriebsrats auf Durchführung des Eingruppierungsverfahrens gemäß § 99 BetrVG sei weder durch die tarifliche Schlichtungsregelung gemäß § 2 Ziff. 1 (II) LGRTV i.V.m. § 29 C des Manteltarifvertrages (MTV) für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie noch durch den Vorrang des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG ausgeschlossen.
Der Antragsteller hat im ersten Rechtszug beantragt:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, Werkstudenten, die außerhalb ihrer Ausbildungsordnung im Bet...