Entscheidungsstichwort (Thema)
Organisationsanweisung für Firmenfahrzeuge als Allgemeine Geschäftsbedingungen. Inhaltskontrolle und unwirksamer Änderungsvorbehalt i.S.v. § 308 Nr. 4 BGB
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird in einem Arbeitsvertrag formularmäßig auf eine Organisationsanweisung für Firmenfahrzeuge in der jeweils gültigen Fassung hingewiesen, handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 Abs. 1 BGB.
2. Eine Organisationsanweisung für Firmenfahrzeuge, die eine einseitige jederzeitige Leistungsbestimmung in Form eines Widerrufsrechts enthält, ist einer Inhaltskontrolle zu unterziehen. Bei dieser Prüfung ist für die Wirksamkeit der Regelung entscheidend, ob der in der Anweisung enthaltene Änderungsvorbehalt gem. § 308 Nr. 4 BGB nicht eine einseitige, nicht hinnehmbare Bevorteilung des Verwenders der Klausel bedeutet. Im vorliegenden Fall lag eine nach obigen Grundsätzen unwirksame Klausel vor, da sie eine Änderung der Dienstwagenregelung jederzeit und ohne Angabe von Gründen erlauben sollte.
Normenkette
BGB § 308 Nr. 4, § 305 Abs. 1 S. 1, § 310 Abs. 4; GewO § 106 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 16.10.2018; Aktenzeichen 13 Ca 3428/18) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 16.10.2018 - 13 Ca 3428/18 abgeändert.
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen Dienstwagen nach der Fuhrparkanweisung vom 01.07.1998 mit Stand vom 01.09.2012 - gemäß der dortigen Kategorie E - zur Verfügung zu stellen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten, welche Fuhrparkanweisung für den Kläger für die Überlassung eines auch privat genutzten Dienstwagens maßgeblich ist.
Der Kläger war seit dem 01.10.2009 bei der Beklagten, einem Pharma-Unternehmen, auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 14.09.2009 (Bl. 14 - 16 d.A.) beschäftigt, zuletzt als Sales Representative Chronik mit einem Bruttomonatsgehalt von ca. € 6.797,03 und einem Bonus iHv. € 1500,00 bei 100-prozentiger Zielerreichung. In Ziffer 9 des Arbeitsvertrags mit der Überschrift "Firmen-PKW" stand:
"Sie erhalten für die Ausübung Ihrer Tätigkeit leihweise einen Firmen-Pkw der Kategorie G zur Verfügung gestellt. Der PKW kann ohne Angabe von Gründen jederzeit zurückgefordert werden.
Die beiliegende Organisationsanweisung für Firmenfahrzeuge in der jeweils gültigen Fassung ist Bestandteil dieses Vertrages."
In der Fuhrparkanweisung mit Erstellungsdatum 01.07.1998 und Änderungsdatum 01.07. 2009 (Bl. 18 - 27 d.A.) stand unter "1. Allgemeines" ua.:
Die Fuhrparkanweisung regelt die Nutzung von Firmenfahrzeugen ... die an Mitarbeiter, in Abhängigkeit und Tätigkeit und Absprache lt. Arbeitsvertrag, zur dienstlichen und/oder privaten Nutzung zur Verfügung gestellt werden."
Der Kläger nutzte die ihm überlassenen Fahrzeuge auch privat, ohne dass es hierzu eine ausdrückliche Vereinbarung über die Privatnutzung gab. Aufgrund einer Versetzung wurde dem Kläger seit dem 01.03.2012 auf der Grundlage der Fuhrparkanweisung 01.07.1998 ein Dienstwagen der Kategorie "E" überlassen. Mit Änderungsdatum 01.09.2012 änderte die Beklagte durch "M." die Fuhrparkanweisung mit Erstellungsdatum 01.07.1998 (Bl. 29 - 38 d.A.). Der Kläger bestätigte auf einem von der Beklagten vorgefertigten Formular mit seiner Unterschrift am 21.08.2012 die aktuell gültige Fuhrparkanweisung erhalten und gelesen zu haben (Bl. 143 d.A.). Am 14.12.2017 veröffentlichte die Beklagte eine neue Fuhrparkanweisung mit Wirkung zum 01.01.2018 (Bl. 40 - 50 d.A.) und teilte dies dem Kläger mit E-Mail vom 14.12.2017 mit. Diese Fuhrparkanweisung mit Gültigkeit zum 01.01.2018 aktualisierte die Beklagte am 26.02.2018 (Bl. 69 - 88 d.A.). In dieser Fuhrparkanweisung stand unter "3. Nutzungsumfang" ua.:
Das Firmenfahrzeug wird dem Mitarbeiter zur dienstlichen und sofern dies der individuelle Arbeitsvertrag des Mitarbeiters regelt, auch zur privaten Nutzung überlassen.".
Während des gesamten Zeitraums der Dienstwagenüberlassung wurde dem Kläger zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt, dass er einen Anspruch auf die private Nutzung und auf die Bereitstellung eines bestimmten Fahrzeuges oder auf ein Fahrzeug einer bestimmten Fahrzeugklasse hat. Mit einem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten (Bl. 51 - 52 d.A.) vom 07.02.2018 widersprach der Kläger der Anwendbarkeit der am 14.12.2017 veröffentlichten Fuhrparkanweisung 2018 auf sein Arbeitsverhältnis und forderte weiter die Beklagte auf, zu bestätigen, dass die neue Fuhrparkanweisung auf das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht angewandt wird, was diese mit Schreiben vom 22.02.2018 (Bl. 53 - 55 d.A.) ablehnte.
Vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger sich darauf berufen, dass die Fuhrparkanweisung vom 01.07.1998 in der Fassung vom 01.09.2012 weiterhin auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden sei, da der Änderungsvorbehalt in Ziffer 9 des Arbeitsvertrages bei Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgeri...