Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten aufgrund lebensmittelrechtlicher Vorschriften zu tragender Schutzkleidung
Leitsatz (amtlich)
1. Vom Anwendungsbereich der §§ 618, 619 BGB wird auch Schutzkleidung erfasst, die auf Grund lebensmittelrechtlicher Vorschriften im Betrieb getragen werden muss. Die Kosten der Schutzkleidung hat der Arbeitgeber zu tragen, eine vertragliche Vereinbarung der Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers ist unwirksam.
2. Zur Inhaltskontrolle nach § 242 BGB in Verbindung mit § 9 AGB-G.
Normenkette
BGB §§ 618-619; AGB-G § 9
Verfahrensgang
ArbG Nienburg (Urteil vom 05.12.2001; Aktenzeichen 1 Ca 664/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 05.12.2001, 1 Ca 664/01, abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 858,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 14.07.2001 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 858,97 EUR festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte hat monatlich 40,– DM als Reinigungskosten für Arbeitskleidung vom Lohn der Klägerin einbehalten. Die Klägerin begehrt für den Zeitraum März 1997 bis April 2001 Auszahlung der einbehaltenen Reinigungskosten in Höhe von 1.680,– DM.
Die Beklagte unterhält einen Betrieb der lebensmittelverarbeitenden Industrie. Die Klägerin ist als Produktionshelferin beschäftigt, der Bruttostundenlohn beträgt 14,– DM. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 20.01.1997, Bl. 4 ff. d.A.. In § 6 des Arbeitsvertrages ist unter der Überschrift Arbeitskleidung geregelt:
Für die Bereiche Produktion und Lager wird teilweise Berufskleidung gestellt. Aus sicherheitstechnischen, hygienischen und optischen Gründen muss die Arbeitskleidung auch getragen werden. Die Kosten für die Reinigung werden dem Mitarbeiter anteilig nach Absprache berechnet.
Aufgrund der Lebensmittel- und Fleischhygiene-Verordnung müssen die Arbeitnehmer im Produktionsbetrieb der Beklagten saubere, helle und leicht waschbare Arbeitskleidung tragen. Die Beklagte stellt weiße Baumwollkleidung zur Verfügung, die nur innerhalb des Betriebes getragen werden darf. Die Kleidung wird täglich gewechselt und gereinigt. Die Beklagte hat mit einem Reinigungsunternehmen einen Vertrag abgeschlossen, wonach für die Reinigung der Arbeitskleidung pro Arbeitnehmer pauschal ein Betrag von 67,56 DM pro Monat zu zahlen ist. Weil es sich um eine Pauschale handelt, entstehen die Reinigungskosten pro Arbeitnehmer auch bei dessen krankheits- bzw. urlaubsbedingter Abwesenheit. Entsprechend vertraglichen Regelungen wie § 6 des vorliegenden Arbeitsvertrages belastet die Beklagte die Arbeitnehmer mit monatlich 40,– DM Reinigungskosten für Arbeitskleidung. Der Betrag wird vom Nettoverdienst einbehalten.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, es handele sich um Schutzkleidung, die von den Arbeitnehmern aufgrund von Hygienevorschriften zu tragen sei. Deshalb sei die Arbeitskleidung vom Arbeitgeber zu stellen und auch von diesem auf seine Kosten zu reinigen. Im Übrigen sei die Kostenpauschale überhöht. Zu beanstanden sei auch, dass die Reinigungspauschale einbehalten werde für Krankheits- und Urlaubstage.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.680,– DM nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, bei Abschluss des Arbeitsvertrages sei der Klägerin mitgeteilt worden, dass Reinigungskosten in Höhe von 40,– DM berechnet würden. Die Klägerin sei einverstanden gewesen. Die vertragliche Vereinbarung über die Beteiligung an den Reinigungskosten sei wirksam, es handele sich nicht um Schutzkleidung, die aufgrund von Arbeitnehmerschutzvorschriften getragen werden müsse.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Mit Berufung wiederholt die Klägerin ihre erstinstanzlich vorgetragene Rechtsauffassung. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung.
Die Klägerin beantragt:
Unter Abänderung des am 05.12.2001 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Nienburg, Az. 1 Ca 664/01, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 858,97 EUR (1.680,– DM) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juli 2001 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt die erstinstanzlich vorgetragene Rechtsauffassung. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungserwiderung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das arbeitsgerichtliche Urteil war abzuändern, die Beklagte war entsprechend Klageantrag zu verurteilen.
Die Klägerin hat Anspruch auf Auszahlung der Arbeitsvergütung in Höhe von 1.680,– DM. Durch Einbehalt von monatlich 40,– DM Reinigungskosten vom Nettolohn hat die Beklagte Aufrechnung erklärt mit einem Anspruch auf Begleich...