Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes - Betriebsleiter mit Außenvertretungsbefugnis in laufenden Geschäften eines gemeindlichen Eigenbetriebes
Leitsatz (amtlich)
1. Die einem Betriebsleiter kraft Art. 88 Abs. 3 BayGO verliehene Aussenvertretungsbefugnis, die auf einen juristisch nicht abgrenzbaren Teilbereich einer juristischen Person bezogen ist (hier: Vertretung der Gemeinde in laufenden Geschäften des Eigenbetriebs (Wasserwerk) einer Gemeinde) rechtfertigt keine Einordnung in eine organschaftliche Stellung nach § 14 Abs. 1 Ziffer 1 KSchG.
2. Das Erfordernis der selbständigen Einstellungs- und Entlassungsbefugnis bezieht sich auch auf Betriebsleiter.
Normenkette
KSchG § 14 Abs. 1-2; BayGO (n.F.) Art. 88; BayGO Art. 95 Abs. 2 a.F
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Urteil vom 28.01.1999; Aktenzeichen 5 Ca 170/98 A) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 28.01.1999 – Az.: 5 Ca 170/98 A – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen (verhaltensbedingten) Kündigung vom 20.01.1998 zum 30.06.1998, um die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits und um die Berechtigung eines arbeitgeberseitigen Auflösungsantrages.
Die beklagte Stadt betreibt als Eigenbetrieb die Stadtwerke A.
Unter dem Datum des 10.04./15.04.1987 schlossen die Parteien einen als Arbeitsvertrag bezeichneten Vertrag, wonach der Kläger ab 16.08.1987 als Werkleiter der Stadtwerke A. mit einem Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 3 BBesG eingestellt (Bl. 7 mit 10 d.A.) wurde (Vertrag geändert im Jahre 1997, vgl. nachfolgende chronologische Aufführung).
Aufgrund von Abweichungen von den Vorgaben der Trinkwasserverordnung durch die bisherige Trinkwasserversorgung bestanden bei der Beklagten (jedenfalls) seit 1990 Pläne zur Sanierung dieser Trinkwasserversorgung/des Altwasserwerks. In diese Planungen wurde ein Ingenieurbüro B. (…), … bezeichnet, eingeschaltet. Die Planungen mündeten als Ergebnis im Bau einer Wasseraufbereitungsanlage. Entsprechende Vorplanungen der … lagen im Juni 1993 vor (auszugsweise Bl. 166 bis 168 d.A.).
Mit Grundsatzbeschluss vom 23.12.1993 beschloss die Beklagte (vgl. u. a. Anlage B 8 zum Schriftsatz der Beklagten vom 15.09.1999) eine Trinkwasseraufbereitungsanlage (TWA) zu errichten.
Den Zuschlag für den Bau der verfahrenstechnischen Anlagen erhielt eine Fa. S. heute C.
In der Zeit vom 24.02.1997 bis 23.07.1997 legte das Rechnungsprüfungsamt mehrere Prüfungsberichte (vom 24.02.1997, 06.03.1997, 18.03.1997, 20.11.1997 und 23.07.1997) vor (Anlagen A 4 – vom 24.02.1997 –, A 6 – vom 18.03.1997 –, zum Schriftsatz vom 16.10.1998).
Gemäß Beschlussvorlage vom 27.02.1997 beriet der Stadtrat der Beklagten in Abänderung eines Tagesordnungspunktes auf Entlassung des Klägers, diesem sieben Pflichtverletzungen (vgl. im Einzelnen Bl. 211 d.A.) vorzuwerfen und ihm eine Abmahnung auszusprechen. Eine solche Abmahnung wurde dem Kläger in der weiteren Fortfolge nicht ausgesprochen.
Gemäß Beschlussvorlage für eine Sitzung am 17.03.1997 (Bl. 210 d.A.) sollte im Wege einer außerordentlichen Änderungskündigung unter anderem das Grundgehalt des Klägers auf Besoldungsgruppe B 2 BBesO abgesenkt werden. Auf diesem Vorlagepapier unterzeichnete der Kläger am 07.03.1997, (ebenfalls Bl. 210 d.A.) folgende Erklärung:
„Sollte der Stadtrat in seiner Sitzung am 17.03.1997 die Änderungskündigung in der oben stehenden Form (siehe Beschlussvorschlag) aussprechen, nehme ich das darin enthaltene Änderungsangebot vorbehaltlos an”.
Eine entsprechende Änderungskündigung wurde dem Kläger am 18.03.1997 ausgesprochen (Bl. 552 d.A.).
Im Laufe der Ausführung der Erstellung der Trinkwasseraufbearbeitungsanlage, an welcher der Kläger als Werkleiter beteiligt war, kam es u. a. wegen Überschreitung der ursprünglich im Grundsatzbeschluss mit ca. 50 Millionen DM angenommenen Kosten zu kontroversen Diskussionen und Kritik.
Am 10.10.1997 stellte die Beklagte beim Bayerischen kommunalen Prüfungsverband (BKPV) einen Prüfungsauftrag.
Im Rahmen der Prüfungen durch den BKPV wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 13.10.1997 (Bl. 304, 305 d.A.) und vom 15.10.1997 (Bl. 306 mit 310 d.A.) einmal an Herrn Dr. L. Werkabteilung des BKPV bzw. Herrn Ministerialrat Dipl. Ing. … H. im Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen.
Mit Schreiben vom 20.01.1998 (Bl. 13 u. 14 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ordentlich „unter Beachtung der Kündigungsfrist des § 53 Abs. 2 BAT zum 30.06.1998” und stellte den Kläger bis zum „genannten Ende des Arbeitsverhältnisses” von der Arbeitsleistung frei. In ihrem Kündigungsschreiben bezog sich die Beklagte u. a. darauf, dass der Stadtrat das persönliche Schreiben des Klägers vom 13.1...