Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtswirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs. Betriebsvereinbarung zur Regelung einer Prämienentlohnung. Mitbestimmungsrecht
Leitsatz (redaktionell)
Der Betriebsrat kann den Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs darauf stützen, daß die Einigungsstelle bei einem Wechsel von der Prämienentlohnung zum Zeitlohn zu Unrecht vom Bestehen eines Mitbestimmungsrechts gemäß § 87 Abs 1 Nr 10, 11 BetrVG ausgegangen sei, sowie darauf, daß den betroffenen Arbeitnehmern Änderungskündigungen hätten ausgesprochen werden müssen.
Orientierungssatz
Rechtsbeschwerde eingelegt unter dem Aktenzeichen 1 ABR 39/00.
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 02.12.1999 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1. (Betriebsrat) und 2. (Unternehmen) streiten darüber, ob der Spruch der Einigungsstelle vom 12.07.1999 rechtswirksam ist, mit dem eine "Betriebsvereinbarung für die Firma S. A. S. GmbH in E. zur Regelung einer Prämienentlohnung" (im Folgenden: BV Prämienlohn) beschlossen worden ist.
Der Beteiligte zu 1. hat beantragt,
festzustellen, dass der Beschluss der Einigungsstelle vom 12.07.1999
zum Thema "Betriebsvereinbarung für die Firma S. A. S. GmbH in E. zur
Regelung einer Prämienentlohnung" rechtsunwirksam ist.
Die Beteiligte zu 2. hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den angefochtenen Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 02.12.1999 nebst dessen Verweisungen Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat das Feststellungsbegehren des Beteiligten zu 1. mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Beschluss der Einigungsstelle vom 12.07.1999 nicht die der Einigungsstelle gemäß § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG gesetzten Ermessensgrenzen überschreite und daher wirksam sei. Ob der Spruch der Einigungsstelle ermessensfehlerhaft sei, beurteile sich allein danach, ob die Einigungsstelle nach billigem Ermessen die Belange des Betriebes einerseits und der betroffenen Arbeitnehmer andererseits angemessen berücksichtigt habe. Das treffe für den Spruch der Einigungsstelle zu, die die Belange des Betriebes und der betroffenen Arbeitnehmer zu einem billigen Ausgleich gebracht habe. Im Rahmen einer ausgewogenen Interessenberücksichtigung habe sie im wesentlichen zwei Gesichtspunkte angemessen auszugleichen gehabt, nämlich die wirtschaftliche Situation der Beteiligten zu 2. einerseits sowie die aufgrund des bestehenden Prämienlohnes erzielten Vergütungen andererseits. Die wirtschaftliche Lage der Beteiligten zu 2. sei, wie die Mitglieder der Einigungsstelle übereinstimmend festgestellt hätten, aufgrund der seit 1995 stark rückläufigen Umsatzentwicklung bedrohlich und habe in den letzten Jahren zu einer Verringerung des Personalbestandes um 30 % geführt. Um eine mittelfristige Gefährdung der Existenz der Beteiligten zu 2. zu vermeiden, habe die Einigungsstelle sich weder das Ziel der Beteiligten zu 2., einen reinen Zeitlohn einzuführen, zu Eigen gemacht, noch die von dem Beteiligten zu 1. bevorzugte Einführung einer Effizienzprämie. Sie habe sich im Interesse des Ausgleichs der konträren Standpunkte für einen Prämienlohn entschieden, der sich aus einer Standardprämie, einer Leistungsprämie aufgrund einer Leistungsbeurteilung sowie einer Prämie zusammensetze, die bei Überschreiten eines budgetierten Ergebnisses anfalle. Dass die von der Einigungsstelle beschlossene Grundlage der Lohnermittlung zumindest bei einem Teil der Mitarbeiter zu erheblichen Lohneinbußen führe, begründe nicht eine offenbare Unrichtigkeit der Entscheidung, zumal sich das bei der Beteiligten zu 2. nunmehr zeigende Lohnniveau im Rahmen dessen bewege, was in Schleswig-Holstein in der Metallindustrie auf der Grundlage einer Leistungsentlohnung im Durchschnitt verdient werde. Nicht begründet sei die Rüge des Beteiligten zu 1., dass die Betriebsergebnisprämie eine unzulässige Ungleichbehandlung der Angestellten sei. Diese Regelung sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Gegen diesen Beschluss, der ihm am 18.01.2000 zugestellt worden ist, hat der Beteiligte zu 1. am 18.02. Beschwerde eingelegt und diese am 20.03.2000 (Montag) begründet.
Der Beteiligte zu 1. trägt vor:
Der Beschluss der Einigungsstelle sei rechtswidrig, weil er einen Prämienlohn regele, ohne dass es sich um Prämienlohn im Sinne des Lohnrahmentarifvertrages oder des BetrVG handele. Die Einigungsstelle habe ihrem Beschluss den Willen zugrunde gelegt, den Entlohnungsgrundsatz Prämie mit einem massiv reduzierten Prämienlohn beizubehalten. Entscheidend für den Prämienlohn sei, dass eine Leistung des Arbeitnehmers gemessen und mit einer Bezugsleistung verglichen werde, so dass die Höhe der Vergütung nach dem Verhältnis von tatsächlicher Leistung und Bezugsleistung ermittelt werden könne. Diese Voraussetzungen erfüllten die von der Einigungsstelle vorgegebenen Bestandteile des Prämienlohnes nicht, nämlich weder...