Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordentliche Kündigung - regelmäßige Beschäftigtenzahl

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Feststellung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl nach § 23 Abs 1 Satz 2 KSchG bedarf es zur Feststellung der für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnenden regelmäßigen Beschäftigtenzahl - bezogen auf den Kündigungszeitpunkt - eines Rückblicks auf die bisherige personelle Situation und einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung (im Anschluß an BAG v 31.01.1991 in BB 1991, 1047). Ein Konzept des Arbeitgebers für eine in der Zukunft liegende neue personelle Entwicklung kann dann keine Berücksichtigung finden, wenn seine Verbindlichkeit zum Zeitpunkt der Kündigung deshalb noch nicht feststeht, weil ihm exakte Kostenträger noch nicht zugestimmt haben.

2. Bei der Ermittlung der Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer gem § 23 Abs 1 KSchG kann nur der Erziehungsurlauber oder die für ihn eingestellte Ersatzkraft mitgezählt werden. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Ersatzkraft nicht in einem befristeten, sondern in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis tätig ist.

3. Bei der Festlegung der Arbeitnehmerzahl nach § 23 Abs 1 KSchG steht der Zusammenrechnung der Arbeitnehmer zweier selbständiger Unternehmen der Betriebsbegriff entgegen. Eine darüber hinaus greifende Berechnung der Arbeitnehmerzahl kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn aufgrund einer Führungsvereinbarung der beteiligten Arbeitgeber eine einheitliche institutionelle Leitung hinsichtlich des Kerns der Arbeitgeberfunktionen besteht (im Anschluß an BAG in AP Nr 20 zu § 23 KSchG). Der Umstand, daß die Vorstände zweier Vereine bzgl einiger Verwaltungsaufgaben einen entgeltlichen Geschäftsversorgungsvertrag abgeschlossen haben, erfüllt nicht die Voraussetzungen des einheitlichen Leistungsapparates.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 13. Oktober 1999 - 4 Ca 1772/99 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Wegen des Sach- und Streitstandes, wie er zur Entscheidung erster Instanz vorgelegen hat, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz auf den Inhalt ihrer gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist dem Werte der Beschwer nach statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet worden.

In der Sache konnte die Berufung jedoch keinen Erfolg haben.

Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen:

1. Auch das Vorbringen der Berufung reicht nicht aus, Feststellungen dahin zu treffen, dass der Betrieb des Beklagten regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt und damit das Kündigungsschutzgesetz auf die hier zur Beurteilung anstehenden Kündigung anzuwenden.

Bei der Feststellung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG bedarf es zur Ermittlung der für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnenden regelmäßigen Beschäftigtenzahl - bezogen auf den Kündigungszeitpunkt - eines Rückblicks auf die bisherige personelle Situation und einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung (BAG, Urt. v. 31. Januar 1991, in BB 1991, 1047). Für den danach mit zu beobachtenden Zeitraum, der vor der Kündigung des Klägers liegt, ist nichts für einen regelmäßigen Beschäftigtenbedarf von mehr als fünf Arbeitnehmern vorgetragen worden. Aber auch für die Zeit nach der Kündigung kann eine derartige Einschätzung wenigstens zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nicht durchgeführt werden. Zwar hat der Kläger darauf hingewiesen, dass der beklagte Verein ein neues Konzept durchführen wolle, das zur Einstellung von mehr Arbeitnehmern führen würde. Dieses Konzept war aber zum Zeitpunkt seiner Kündigung vom Juni 1999 noch nicht verbindlich festgelegt. In der Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat hierzu der beklagte Verein unbestritten vorgetragen, dass das Konzept erst Mitte Juli mit dem Kostenträger, dem Jugendamt der Stadt Lübeck, abgesprochen und damit für ihn durchführbar geworden war. Abzustellen ist damit auf den Personenkreis, den der beklagte Verein zum Zeitpunkt der Kündigung regelmäßig beschäftigt hatte.

Die Behauptung des Klägers, zu den beschäftigten fünf Personen sei noch während seiner Beschäftigung die Mitarbeiterin De. hinzugestoßen, hat sich auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht als unzutreffend herausgestellt. Der beklagte Verein hat anhand des Berichtsbuchs dargelegt und bewiesen, dass die De. erst am 16. Juni 1999 angestellt worden ist. Da die De. als Ersatz für die Mitarbeiterin S. eingestellt worden war, konnte ihre Beschäftigung auch nicht die Zahl der Beschäftigten vermehren. Letztlich kann auch die im Erziehungsurlaub befindliche J. -D. nicht zu den Mitarbeitern dazugerechnet werden. Zwar werden Arbeitnehmerinnen, die lediglich aus Gründen des Mutterschutzes zeitweise nicht im...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge