Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückzahlungsvereinbarung von Ausbildungskosten als Allgemeine Geschäftsbedingung. Unangemessene Benachteiligung durch eine Rückzahlungsvereinbarung. Unangemessene Benachteiligung durch Verstoß gegen das Transparenzgebot
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Rückzahlungsvereinbarung von Ausbildungskosten ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung, wenn sie für eine Vielzahl von Verträgen von der Arbeitgeberseite vorformuliert und dem Vertragspartner bei Abschluss des Vertrags zur Unterschrift vorgelegt wird.
2. Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen dem Grundsatz von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen.
3. Eine unangemessene Benachteiligung und damit Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingung kann sich daraus ergeben, dass die Vertragsklausel nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Gewährt die Vertragsklausel dem Arbeitgeber als Verwender vermeidbare Spielräume hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten, ist die Klausel intransparent, da der Vertragspartner weder die Art der Kosten noch die Berechnungsgrundlage kennt und damit sein Rückzahlungsrisiko nicht ausreichend einschätzen kann.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 Sätze 1-2; BBiG § 3 Abs. 2, § 12 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 06.09.2016; Aktenzeichen 3 Ca 970/16) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 06.09.2016 - 3 Ca 970/16 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Ausbildungskosten aus einem Praktikumsvertrag "StudiLe", der hier einen Zeitraum von knapp 3 1/2 Jahren erfasst.
Die Parteien schlossen mit Datum vom 27.02.2012 einen als Praktikumsvertrag "StudiLe" bezeichneten Vertrag für den Zeitraum 01.10.2012 bis 31.03.2016.
Bei StudiLe handelt es sich um einen Ausbildungsgang an der Fachhochschule L. im Bereich Maschinenbau mit integrierter IHK-Ausbildung zum Industriemechaniker in einem Betrieb inklusive Gesellenprüfung - sogenanntes duales Studium. StudiLe erfasst üblicherweise 4 1/2 bis 5 Jahre vom Ausbildungsbeginn bis zur Bachelorprüfung (Anlage K8, Bl. 66 d. A.). Abweichend hiervon war im vorliegenden Fall bei Beginn des StudiLe-Vertrages die betriebliche Ausbildung des Beklagten zum Industriemechaniker bereits weit fortgeschritten (01.08.2011 bis 30.09.2012). Er schloss seine Lehre mit der Gesellenprüfung im März 2013 ab, ohne zuvor bei der Klägerin im Rahmen des StudiLe-Vertrags ausgebildet worden zu sein.
Der Praktikumsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 1 Beginn und Inhalt des Praktikumsverhältnisses
1.1
Die F. F.technik AG verpflichtet sich, den Praktikanten in der Zeit vom 01.10.2012 bis einschließlich zum 31.03.2016 - unter Beachtung des Ausbildungsplan im Metall-/Maschinenbau-Handwerk - zur Vermittlung von berufspraktischen Erfahrungen und Kenntnissen in ihrem Betrieb einzusetzen.
1.2.
Das Praktikum findet in der vorlesungsfreien Zeit des Praktikanten statt. In diesen Zeiten besteht Anwesenheitspflicht im Betrieb der F. F.technik AG.
1.3.
Durch das Praktikumsverhältnis wird kein Arbeitsverhältnis begründet."
(Anlage K1, Bl. 6 ff. d. A.)
Erstmalig anwesend im Betrieb der Klägerin war der Beklagte im Februar 2013 (Bl. 47 d. A.). Im Januar/März 2013 machte er die Gesellenprüfung zum Industriemechaniker.
Der StudiLe-Vertrag enthält weitere detaillierte Regelungen zu den wechselseitigen Rechten und Pflichten der Parteien. § 2 Ziffer 2.1 Abs. 2 StudiLe-Vertrag räumt der Klägerin bei mangelnden Leistungen des Beklagten im Betrieb und/oder an der Fachhochschule das Recht zur außerordentlichen Kündigung ein. § 3 Ziffer 3.4. legt fest, dass der Beklagte als Praktikant keinen Anspruch auf Urlaub haben sollte. Das wurde später auf einen Urlaubsanspruch von 20 Urlaubstagen geändert. Gemäß § 4 Ziffer 4.1. betrug die regelmäßige, wöchentliche Einsatzzeit des Beklagten in den jeweiligen Praxisphasen (ausschließlich der Pausen) 39 Zeitstunden. Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Eingangseinsatzzeit sollte sich nach den betrieblichen Erfordernissen der Klägerin richten. Des Weiteren wurden für den Beklagten die auch für Arbeitnehmer maßgeblichen Meldepflichten im Falle der Einsatzverhinderung und für Urlaubsbegehren etc. geregelt (Anlage K1, Bl. 6 bis 12, Anlage K2 bis 4, Bl. 13-16 d. A.).
In § 3 des ursprünglichen, später wiederholt geänderten Praktikumsvertrages vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin dem Beklagten eine monatliche Beihilfe in Höhe von 350,00 € brutto sowie die von der Fachhochschule L. erhobenen Studiengebühren/ Semesterbeiträge zahlt.
§ 8 des Praktikumsvertrages StudiLe enthält folgende Rückzahlungsvereinbarung:
"§ 8 Rückzahlungsvereinbarung
8.1.
Die von der F. F.technik AG im Rahmen d...