Bei der Be- oder Verarbeitung eigener Erzeugnisse ist ebenso zu prüfen, ob die Tätigkeit noch Teil des Hauptbetriebs ist. Sofern das nicht der Fall ist, so ist zu prüfen, ob
- ein Neben- oder
- ein Gewerbebetrieb
besteht.
a) Rechtsprechung = Abstellen auf Wertschöpfung
Nach Auffassung der Rechtsprechung ist bei der Abgrenzung zwischen Neben- und Gewerbebetrieb die Wertschöpfung maßgebend. Eine geringfügige Weiterverarbeitung ist noch einem Nebenbetrieb zuzuordnen. Beachten Sie: Wenn sich die Wertschöpfung für das Produkt aber außerhalb des traditionellen Bildes der Land- und Forstwirtschaft vollzieht und auch in einer für Gewerbe- und Handwerksbetriebe üblichen Produktionsweise erfolgt, liegt ein Gewerbebetrieb vor.
Ausnahme aus Vereinfachungsgründen: Davon kann aus Vereinfachungsgründen eine Ausnahme gemacht werden, wenn der Umsatz des Be- oder Verarbeitungsbetriebs
- nicht mehr als 10 % des Umsatzes des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausmacht und
- der Umsatz außerdem auch den für die Besteuerung der Kleinunternehmer festgelegten Betrag nicht überschreitet.
b) Finanzverwaltung = Abstellen auf Verarbeitungsstufen
Die Finanzverwaltung unterscheidet dagegen nach Verarbeitungsstufen.
Erste Stufe der Weiterverarbeitung: Ein Nebenbetrieb liegt vor, wenn überwiegend im eigenen Hauptbetrieb produzierte Rohstoffe be- oder verarbeitetet werden und die dabei gewonnenen Erzeugnisse größtenteils für den Verkauf bestimmt sind und die Erzeugnisse auch auf der ersten Stufe der Weiterverarbeitung hergestellt werden (R 15.5 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 EStR 2012).
Zweite Stufe der Weiterverarbeitung: Die Be- oder Verarbeitung eigener Erzeugnisse auf der zweiten Stufe der Weiterverarbeitung stellt nach Auffassung der Finanzverwaltung eine gewerbliche Tätigkeit dar (R 15.5 Abs. 3 S. 5 EStR 2012). Beachten Sie: Die Erzeugnisse können aber noch der Land- und Forstwirtschaft zugerechnet werden, wenn eine Land- und Forstwirtschaft betreibende Person die Erzeugnisse direkt an die Verbraucher veräußert und auch die betragsmäßigen Grenzen von R 15.5 Abs. 11 EStR 2012 eingehalten werden (R 15.5 Abs. 3 S. 7 EStR 2012).
Grundlage für Abgrenzung: Die Abgrenzung der Finanzverwaltung ist an Art. 38 Abs. 1 S. 3 AEUV angelehnt, wonach unter landwirtschaftlichen Erzeugnissen die Erzeugnisse des Bodens, der Viehzucht und der Fischerei sowie die mit diesen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Erzeugnisse der ersten Verarbeitungsstufe zu verstehen sind.
Abgrenzungsbeispiel: Zur Abgrenzung zwischen Neben- und Gewerbebetrieb dient nachfolgendes Beispiel.
Beispiel
Eine Teichwirtschaft betreibende Person
- räuchert die Fische und
- verarbeitet sie anschließend auch zu verzehrfertigen Räucherfilets.
Lösung: Nach Auffassung der Rechtsprechung stellt das Räuchern als Mittel der Haltbarmachung eine geringfügige Weiterverarbeitung dar (Nebenbetrieb). Bei der Be- und Verarbeitung zu verzehrfertigen Räucherfilets verwirklicht sich die Wertschöpfung jedoch außerhalb des traditionellen Bildes der Land- und Forstwirtschaft (Gewerbebetrieb). Sofern die genannten betragsmäßigen Grenzen der Rechtsprechung eingehalten werden, kann aus Vereinfachungsgründen noch ein Nebenbetrieb bestehen.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung erfolgt das Räuchern zur Haltbarmachung auf der ersten Stufe der Be- und Verarbeitung (Nebenbetrieb). Die Weiterverarbeitung zu verzehrfertigen Räucherfilets findet sodann auf der zweiten Stufe der Be- und Verarbeitung statt (Gewerbebetrieb). Letzterer kann im Falle der direkten Vermarktung und bei Unterschreiten der genannten betragsmäßigen Grenzen der Finanzverwaltung noch einen Nebenbetrieb darstellen.