Praktische Relevanz – Verfassungsrechtlicher Inhalt
In der Beratungspraxis stellt sich bei Steuerpflichtigen mit Bezug zur Land- und Forstwirtschaft bei langen zeitlichen Verläufen in der Verpachtung oder Nichtbewirtschaftung die Frage, ob ihre landwirtschaftlichen Flächen noch Betriebsvermögen sind oder "schleichend" zum notwendigen Privatvermögen geworden sind. Relevant ist diese Frage insbesondere bei geplanten Verkäufen oder der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften, da im Falle von Betriebsvermögen die Gefahr der Besteuerung von stillen Reserven besteht. In der Beratung kann versucht werden, mit den nachfolgend vorgestellten Billigkeitsregelungen eine für den Steuerpflichtigen steuerneutrale Lösung zu entwickeln.
Billigkeitsregelungen sollen dem Schutz des Vertrauens der Steuerpflichtigen in frühere Rechtsprechungen und Verwaltungsanweisungen dienen und sind geltendes Bundesrecht. Die Verwaltung der Einkommensteuer steht nämlich nach dem GG dem Bund zu, der sie als Auftragsverwaltung den Ländern übertragen hat. Für derartige Vertrauensschutz-Billigkeitsregelungen ist somit grundsätzlich der Bund zuständig, der sie aber den Mehrheitsbeschlüssen der Ländervertreter mit der Maßgabe übertragen hat, dass auch jene bei derartigen Abstimmungen unterlegenen Länder an die Mehrheitsbeschlüsse gebunden sind.
Auf folgende bundeseinheitlichen Verwaltungsregelungen kann im Bedarfsfall zurückgegriffen werden:
Einzelne Grundstücke betreffend
Im Bereich der alten Bundesländer wurde ein Grundstück zu den genannten Stichtagen als Privatvermögen behandelt, wenn es
- am 1.7.1970 nicht eigenbetrieblich genutzt worden ist und der Steuerpflichtige nicht ausdrücklich die Zurechnung zum Betriebsvermögen wollte,
- bis zum 1.7.1979 zu Nutzungsänderungen bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, die ihren Gewinn als sog. Schätzungslandwirte nach § 162 AO, nach § 13a EStG oder nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten, zu einer Nutzungsänderung kam, bei der ein Grundstück die Eigenschaft des notwendigen Betriebsvermögen verlor ohne dass das betroffene Grundstück jedoch Privatvermögen wurde. Diese Übergangsregelung betrifft nur die Verpachtung einzelner Grundstücke, nicht die Betriebsverpachtung. Diese Übergangsregelung hat der BFH jedoch später für wirkungslos erklärt, weil er keine nachteilige Rechtsprechung gesehen hatte, die eine solche Übergangsregelung erforderte. Die einzelnen Grundstücke, die vor dem 1.7.1979 verpachtet oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen worden sind, konnten somit noch bis zum 31.12.1998 (beim Finanzamt eingehend) als entnommen gemeldet werden. Für nicht gemeldete Grundstücke gewährt die Finanzverwaltung ab 1.1.1999 keinen Vertrauensschutz mehr, auch wenn sie tatsächlich schon vor dem 1.7.1979 verpachtet oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen worden sind.
Im Ganzen verpachtete Betriebe betreffend
Jene Betriebe, die bereits vor Einführung der Bodengewinnbesteuerung in den alten Bundesländern am 1.7.1970 verpachtet waren, sind weiterhin grundsätzlich nicht aufgegeben und somit Betriebsvermögen, auch wenn sie beim Finanzamt ertragsteuerlich nicht erfasst waren und deren Existenz erst durch die Veräußerung von Grundstücken ermittelt wird. Der Betrieb ist nur dann aufgegeben worden, wenn
- die Aufgabe vor dem 1.7.1970 erklärt worden ist, oder
- die Pachteinnahmen bei der ESt-Veranlagung 1969 als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung behandelt worden sind, oder
- die Pachteinnahmen bei der ESt-Erklärung 1969 als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt worden sind und das Finanzamt eine Veranlagung nicht durchgeführt hat.
War der Betrieb danach nicht aufgegeben, so konnte der Land- und Forstwirt bis zum 30.9.1972 die Aufgabe des Betriebs auf den 30.6.1972 erklären., wenn
- eine Verpachtung vor der Währungsreform am 21. Juni 1948 erfolgte und eine Erklärung als Einkünfte aus V+V bis VZ 1964 vorgenommen wurde,
- die Pachteinnahmen seit dem 21. Juni 1948 als Einkünfte aus V+V erklärt werden.
Gibt es keine Stückländereien (kleine Flächen ohne Gebäude und Betriebsmittel), die am 1.7.1970 im Ganzen an einen Pächter verpachtet waren, gelten jedoch als Privatvermögen.
Parzellenweise (an verschiedene Einzelpächter) verpachtete Betriebe betreffend
Begann die parzellierte Verpachtung vor dem 15.4.1988, und wurde keine Fortführungserklärung abgegeben, so galt der Betrieb zum Zeitpunkt des Pachtbeginns als aufgegeben. Diese Übergangsregelung beruhte darauf, dass die Finanzverwaltung ursprünglich davon ausging, dass eine parzellierte Verpachtung nur dann nicht zu einer Betriebsaufgabe führte, wenn der Steuerpflichtige eine Fortführungserklärung abgegeben hatte. Da die Rechtsprechung eine unmissverständliche Aufgabeerklärung und nicht eine Fortführungserklärung postulierte, wurde diese Übergangsregelung geschaffen.
Für die neuen Bundesländer gibt es keinerlei derartige Regelungen, da der Beitritt aufgrund der Wiedervereinigung Deutschlands eine zeitliche Zäsur in der Nutzung landwirtschaftl...