Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
1. Gesetzestext
Rz. 80
(1) Jede wirtschaftliche Einheit ist für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im Ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist grundsätzlich nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung, die tatsächliche, unabhängige Nutzungsmöglichkeit und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen. Mehrere Wirtschaftsgüter kommen als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören. Die Zurechnung zu einer wirtschaftlichen Einheit wird beim Grundbesitz im Sinne der §§ 26 bis 38 jedoch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Wirtschaftsgüter zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten oder Lebenspartner gehören. In einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im Sinne der §§ 26 bis 36, der von einer Gesellschaft oder Gemeinschaft des bürgerlichen Rechts betrieben wird, sind auch die Wirtschaftsgüter einzubeziehen, die einem oder mehreren Beteiligten gehören und dem Betrieb zu dienen bestimmt sind. In den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im Sinne der §§ 26 bis 36 sind auch einzubeziehen
- 1. dem Eigentümer des Grund und Bodens nicht gehörende Gebäude, die auf dem Grund und Boden des Betriebs stehen und der Bewirtschaftung des Betriebs dienen,
- 2. dem Eigentümer des Grund und Bodens nicht gehörende Betriebsmittel, die der Bewirtschaftung des Betriebs dienen, und
- 3. ein Anteil des Eigentümers des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft an einem Wirtschaftsgut, wenn es mit dem Betrieb zusammen genutzt wird.
(2) Für jedes Wohnungseigentum und Teileigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz ist entsprechend dem Miteigentumsanteil am Grundstück ein Wert nach § 38 zu ermitteln. Der ermittelte Wert ist dem Wohnungs- oder Teileigentümer zuzurechnen.
(3) Bei wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes, die sich über die Landesgrenzen hinaus erstrecken, wird nur der sich innerhalb der Landesgrenzen befindliche Teil bewertet. Für den anderen Teil erfolgt keine gesonderte Feststellung nach § 13.
2. Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit (Abs. 1)
Rz. 81
§ 25 Abs. 1 LGrStG BW bestimmt den Gegenstand der Bewertung und knüpft damit an § 24 Abs. 1 LGrStG BW an, der die wirtschaftliche Einheit als Bezugsgröße für die Bewertung des Grundbesitzes festlegt. Der Gesetzgeber lehnt sich an den in § 2 BewG verwendeten Begriff an. Das Bewertungsgesetz gibt selbst keine Begriffsbestimmung der wirtschaftlichen Einheit. Deutlich wird aber, dass die Bewertung an der Zusammengehörigkeit von Wirtschaftsgütern festmacht, die sich durch die tatsächliche Nutzung dieser Wirtschaftsgüter im Wirtschaftsleben ergibt (s. § 2 BewG Rz. 41). Die gesetzlich vorgesehene Gesamtbewertung mehrerer Wirtschaftsgüter einer wirtschaftlichen Einheit ergibt sich aus § 25 Abs. 1 Satz 2 LGrStG BW, der § 2 Abs. 2 Satz 2 BewG entspricht (s. § 2 BewG Rz. 43).
Die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ist nach § 26 Abs. 1 Satz 1 LGrStG BW der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, während die wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens nach § 37 Abs. 1 Satz 1 LGrStG BW das Grundstück ist. Zur wirtschaftlichen Einheit des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft gehören nicht die Wohngebäude und der zugehörige Grund und Boden.
Rz. 82
Allgemein ist eine zutreffende Abgrenzung insbesondere bei verbundenen Sachen und Sachgesamtheiten von steuerrechtlicher Bedeutung, damit erkennbar ist, welche Teile sich auf die Wertermittlung ausgewirkt haben (positive Abgrenzungswirkung) und welche Teile bei der Bewertung unberücksichtigt geblieben sind (negative Abgrenzungswirkung) (s. § 2 BewG Rz. 6).
Rz. 83
Für das Landesgrundsteuergesetz BW gilt dieser Grundsatz, obwohl für das neue Bewertungsverfahren für Grundstücke keine Gebäudewerte einbezogen werden. Trotzdem soll die Verkehrsanschauung für Bestimmung und Abgrenzung wirtschaftlicher Einheiten maßgebend sein. Die Auslegung des Steuertatbestandes folgt der sog. wirtschaftlichen Betrachtungsweise (s. § 2 BewG Rz. 7). § 2 Abs. 1 Satz 2 BewG führt die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung, die tatsächliche, unabhängige Nutzungsmöglichkeit und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter zur Abgrenzung an (ausf. dazu § 2 BewG Rz. 57 ff.). Die Gesetzesbegründung des Landesgrundsteuergesetzes nennt ein Beispiel: Werden durch eine dauerhafte, flurstücksübergreifende Nutzung zwei Grundstücke so eng miteinander verknüpft, dass eine isolierte Betrachtung der Grundstücke nicht der Verkehrsanschauung entspricht, ist von einer wirtschaftlichen Einheit auszugehen.
Rz. 84
Die Gesetzesbegründung geht von insgesamt 5,6 Mio. wirtschaftlichen Einheiten – 4,1 Mio. Grundstücke und 1,5 Mio. land- und forstwirtschaftliche Betriebe – in Baden-Württemberg aus. Grundsteuerwerte werden für wirtschaftliche Einheiten bei Hauptfeststel...