Rz. 11

[Autor/Stand] Mit Urteil vom 18.4.2018[2] hat das BVerfG die Regelungen zur Einheitsbewertung für bebaute Grundstücke jedenfalls seit dem 1.1.2002 für unvereinbar mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes erklärt. Die Entscheidung bezog sich mit Blick auf die vorgelegten Fälle ausschließlich auf bebaute Grundstücke außerhalb der Land- und Forstwirtschaft und außerhalb der neuen Länder. Der Gesetzgeber war deshalb verpflichtet, eine Neuregelung bis spätestens zum 31.12.2019 zu treffen. Bis zu diesem Zeitpunkt durften die als unvereinbar mit dem Grundgesetz festgestellten Regeln über die Einheitsbewertung weiter angewandt werden. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen die beanstandeten Regelungen für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31.12.2024 angewandt werden. Diese zeitlichen Vorgaben zwangen den Gesetzgeber zu einer zeitnahen Neuregelung. Dieser Vorgabe kam der Gesetzgeber mit dem Ende 2019 verabschiedeten Gesetzespaket zur Grundsteuerreform[3] nach, sodass die bisherigen Regelungen zur Einheitsbewertung noch bis Ende 2024 weiter angewandt werden dürfen.

 

Rz. 12

[Autor/Stand] Das BVerfG hat in seinem Urteil keine Festlegung zugunsten eines bestimmten Reformmodells getroffen. Auch die Antwort auf die Frage, ob es sich bei der Neuregelung um eine wertabhängige Bewertungsmethode handeln muss, ließ das BVerfG offen. Damit steht dem Gesetzgeber bei der Neuregelung ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung des Steuergegenstandes, den Regeln zur Erfassung der Bemessungsgrundlage und der Bestimmung des Steuersatzes zur Verfügung.[5] Der Gesetzgeber hatte im Rahmen der Neuregelung sogleich eine Belastungsentscheidung zu treffen, diese zu begründen und sie folgerichtig umsetzen.[6] Der Gestaltungsspielraum wird dadurch begrenzt, dass die Bemessungsregeln den mit der Steuer verfolgten Belastungsgrund in der Relation realitätsgerecht abbilden müssen.[7] Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffenen Belastungsentscheidung (z.B. Steuerbefreiungen) müssen sich ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen und bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichheit zu rechtfertigen vermag.[8]

 

Rz. 13

[Autor/Stand] Ursächlich für die Entscheidung des BVerfG war insb. das Aussetzen einer erneuten Hauptfeststellung für bald 60 Jahre. Dies führt dazu, dass der heute erhobenen Grundsteuer Einheitswerte mit Wertverhältnissen zum 1.1.1964 (in den alten Ländern) bzw. zum 1.1.1935 (in den neuen Bundesländern) zugrunde zu legen sind. Da die Wertverhältnisse zum 1.1.1964 nicht mehr mit heutigen Wertverhältnissen vergleichbar sind, führte die Aussetzung einer weiteren Hauptfeststellung zu Wertverzerrungen und Ungleichbehandlungen. Zu weiteren Einzelheiten zu dem Urteil des BVerfG vgl. Einf. BewG Rz. 417 ff.

 

Rz. 14

[Autor/Stand] Mit dem 2019 verabschiedeten Gesetzespaket zur Reform der Grundsteuer[11] wurde den Ländern erstmals die Möglichkeit eingeräumt, bei der Grundsteuer von den bundesgesetzlichen Regelungen abzuweichen, vgl. Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG.[12] Von der sog. Länderöffnungsklausel hat die Freie und Hansestadt Hamburg mit dem Hamburgische Grundsteuergesetz (HmbGrStG) vom 24.8.2021[13] Gebrauch gemacht und setzt damit das sog. Wohnlagemodell um.

 

Rz. 15

[Autor/Stand] Das HmbGrStG ist am Tag nach der Verkündung, am 1.9.2021[15] in Kraft getreten. Der Entwurf des HmbGrStG[16] wurde der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg mit der Bitte um Beschluss vorgelegt.[17] Der Entwurf wurde zunächst am 25.3.2021 im Vorwege an den Haushaltsausschuss überwiesen und in den Ausschusssitzungen am 4.5.2021[18] und am 8.6.2021[19] erörtert. In der Sitzung des Haushaltsausschusses wurde eine Expertenanhörung durchgeführt.[20]

 

Rz. 16

[Autor/Stand] Zu dem Bericht des Haushaltsausschusses vom 21.6.2021[22] wurden zwei Änderungsanträge[23] gestellt, von denen einer mehrheitlich angenommen wurde.[24] In diesem Änderungsantrag ging es insb. um ein Ersuchen an den Senat, die Bürgerschaft regelmäßig über die weitere Umsetzung der Grundsteuerreform zu unterrichten und nach Durchführung einer Schattenberechnung darzulegen, ob es durch die Neuregelung in Einzelfällen zu erheblichen Mehrbelastungen gegenüber dem bisherigen Grundsteuerrecht komme sowie bezogen auf den Gesetzentwurf u.a. um die Ermäßigung der Grundsteuermesszahl für sozialen Wohnungsbau und um die Behandlung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden.[25] Der zweite Antrag, auf eine Einführung der Grundsteuer C in Hamburg zu verzichten, wurde mehrheitlich abgelehnt.[26]

Dem Gesetzentwurf wurde im Rahmen der Plenarberatung am 18.8.2021[27] unter Berücksichtigung der beschlossenen Änderungen mehrheitlich zugestimmt.

 

Rz. 17

[Autor/Stand] Die Hauptfeststellung der neuen Grundsteuerwerte nach dem HmbGrStG findet gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 HmbGrStG auf den 1.1.2022, die Hauptveranlagung der neuen Grundsteuermessbeträge gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 HmbGrStG auf den 1.1.2025 statt. Im Gegensatz zu der bundesgesetzlichen R...

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