(aa) Landesrechtliche "Erklärung zum Grundsteuermessbetrag"
Rz. 115
An die Stelle der "Erklärung zur Feststellung der Grundsteuerwerte für den Hauptfeststellungszeitpunkt" i.S.d. § 228 Abs. 1 Satz 1 BewG tritt für hessische Grundstücke des Grundvermögens die "Erklärung zum Grundsteuermessbetrag". Hintergrund dafür ist, dass zur Ermittlung des Grundsteuermessbetrags im Anwendungsbereich des HGrStG auf die Verfahrensebene der gesonderten Feststellung von Grundstückswerten verzichtet wird (Rz. 445 f., Rz. 452). Entsprechend weichen die Erklärungsangaben zur Ermittlung des Grundsteuermessbetrags für Zwecke der Grundstücke des Grundvermögens in Hessen auch von den Bundesangaben ab.
(bb) Aufforderung zur Abgabe der Erklärung
Rz. 116
Die Pflicht zur Abgabe einer "Erklärung zum Grundsteuermessbetrag" entsteht nur dann, wenn die Finanzbehörde hierzu auffordert (§ 2 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 HGrStG i.V.m. § 228 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 149 Abs. 1 Satz 2 AO, Erklärungspflicht kraft Aufforderung). Die Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung kann individuell oder allgemein durch öffentliche Bekanntmachung (§ 149 Abs. 1 Satz 3 AO, § 228 Abs. 1 Satz 3 BewG, Rz. 120 f.) erfolgen.
Rz. 117
Verpflichtet zur Abgabe der Steuererklärung ist nur die aufgeforderte Person (Individualaufforderung) oder der aufgeforderte Personenkreis (allgemeine Aufforderung). Der aufgeforderte Personenkreis muss hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO). Hinreichende Bestimmtheit liegt z.B. vor, wenn alle Eigentümer eines in Hessen belegenen Grundstücks zur Abgabe der Steuererklärung auffordert werden. Wer nicht ausdrücklich zur Abgabe der Erklärung zum GrSt-Messbetrag aufgefordert wird (Aufforderung eines nur eingeschränkten Personenkreises), ist – auch wenn er grundsätzlich zum erklärungspflichtigen Personenkreis des § 228 Abs. 3 gehört (Rz. 124) – nicht zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet. Für Zwecke der "Erklärung zum Grundsteuermessbetrag" ist aufzufordern, wer zum Stichtag 1.1.2022 (wirtschaftlicher) Eigentümer (Rz. 184) einer in Hessen belegenen wirtschaftlichen Einheit ist.
Die Finanzbehörde ist nicht verpflichtet alle erklärungspflichtigen Grundstückseigentümer zur Abgabe der Steuererklärung aufzufordern. Ist z.B. offensichtlich, dass bestimmte Personen oder ein bestimmter Personenkreis keine Grundsteuer schuldet (z.B. aufgrund einer vollständigen persönlichen Steuerbefreiung), kann die Finanzverwaltung von der Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung absehen, ohne dadurch den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 AO) zu verletzen.
Rz. 118
Wird ein (abstrakt) Erklärungspflichtiger (Rz. 124) zur Abgabe der Steuererklärung aufgefordert, hat er die Steuererklärung auch dann abzugeben, wenn er für sich einen Steuerbefreiungstatbestand (§§ 3 ff. GrStG) in Anspruch nehmen zu können meint. Denn nur durch die Steuererklärung wird die Finanzbehörde in die Lage versetzt, das Vorliegen der Voraussetzungen einer etwaigen Steuerbefreiung prüfen zu können.
Streitig kann allenfalls sein, ob der (vermeintlich) von der Grundsteuer befreite Steuerpflichtige neben den persönlichen Angaben und den Angaben zur Steuerbefreiung auch Angaben zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage (Rz. 13, Rz. 63) machen muss. M.E. besteht eine Pflicht zur Erklärung der grundstücksbezogenen Angaben nur dann, wenn es sich um eine nur partielle Steuerbefreiung handelt oder das Finanzamt – nach Prüfung der Erklärungsangaben – den Steuerbefreiungstatbestand nicht anerkennt. Andersfalls besteht eine solche Pflicht nicht. Denn im Falle einer vollständigen (und unstreitigen) Steuerbefreiung wäre es unverhältnismäßig, aufwandsverursachende Angaben zur sachlichen Steuerpflicht vom Erklärungspflichtigen zu verlangen.
(cc) Rechtscharakter der Aufforderung und verfahrensrechtliche Auswirkungen
Rz. 119
Die Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung ist ein (sonstiger) Verwaltungsakt (§ 118 Satz 1 AO) im Fall der öffentlichen Bekanntmachung (Rz. 120) handelt es sich um eine Allgemeinverfügung (§ 118 Satz 2 AO). Zur öffentlichen Bekanntgabe eines schriftlichen Verwaltungsakts und zur Begründung der Allgemeinverfügung vgl. § 122 Abs. 4 AO. Der Aufforderung zur Abgabe der Erklärung durch eine Allgemeinverfügung ist auch im Rahmen einer öffentlichen Bekanntmachung eine Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen. Gegen eine Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörde des Landes (Hessisches Ministerium der Finanzen, Rz. 120) ist ein Einspruch nicht statthaft (§ 348 Nr. 3 AO) mit der Folge, dass gegen die Allgemeinverfügung unmittelbar Klage beim Hessischen Finanzgericht erhoben werden müsste (§ 44 Abs. 1 FGO).