(aa) Mitwirkungspflichten im Verfahren zur Festsetzung des Grundsteuermessbetrags
Rz. 140
Die Steuerpflichtigen sind zur Mitwirkung im Verfahren zur Festsetzung des Grundsteuermessbetrags verpflichtet (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG i.V.m. § 90 Abs. 1 Satz 1 AO). Die wichtigsten Pflichten sind die Abgabe der Erklärung zum Grundsteuermessbetrag (Rz. 116 ff.) und die Anzeigepflichten (Rz. 123). Die verspätete Abgabe oder die Nichtabgabe der Steuererklärungen (Rz. 125) kann Auswirkungen auf den Beginn der Festsetzungsfrist haben (Rz. 469 ff.). Eine unrichtige oder unvollständige Steuererklärung oder Anzeige ist nach § 153 AO zu berichtigen.
(bb) Rechtsfolgen bei Verletzung von Abgabe- oder Anzeigepflichten (Zwangsgeld, Schätzung, Steuerhinterziehung)
Rz. 141
Die Mitwirkungspflicht zur fristgerechten (Rz. 122) Abgabe der Erklärung zum Grundsteuermessbetrag (Steuererklärung i.S.d. Abgabenordnung, Rz. 125) kann vom Finanzamt nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG i.V.m. §§ 328 ff. AO durch Festsetzung eines Zwangsgelds – mit der Möglichkeit der Umwandlung in Ersatzzwangshaft (§ 334 AO) – erzwungen werden. Dabei kommt es weder auf ein Verschulden des Erklärungspflichtigen (§ 2 Abs. 4 Satz 1 HGrStG i.V.m. § 228 Abs. 3 BewG) noch darauf an, ob ihm die Erklärungspflicht überhaupt bewusst ist.
Rz. 142
Kommt der Erklärungspflichtige seiner Pflicht zur Abgabe der Erklärung zum Grundsteuermessbetrag nicht fristgerecht (Rz. 122) nach, kann das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen (Rz. 13, Rz. 63, Rz. 453 ff.) – ungeachtet eines Zwangsgeldverfahrens – schätzen (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG i.V.m. § 149 Abs. 1 Satz 4, § 162 Abs. 1 AO ). § 162 Abs. 5 AO ermöglicht in diesen Fällen die Schätzung der in einem Grundlagenbescheid (z.B. GrSt-Messbescheid) festzusetzenden Besteuerungsgrundlagen. Die Vorschrift erlaubt damit, im Folgebescheid (GrSt-Bescheid, Rz. 484) eine erkennbar einstweilige Regelung zu treffen, die einem noch zu erlassenden Grundlagenbescheid (Rz. 463) vorgreift.
Nach § 149 Abs. 1 Satz 4 AO besteht die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung (Rz. 116) auch nach einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen fort. Dies hat zur Folge, dass ein Erzwingungsverfahren (Rz. 141) trotz Ergehens eines geschätzten Grundsteuermessbescheids fortgesetzt oder noch beginnen kann.
Rz. 143
Die Verletzung der Steuererklärungspflicht kann den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG i.V.m. § 370 AO). Eine Selbstanzeige ist möglich (§ 371 AO).
(cc) Verspätungszuschlag
Rz. 144
Der Verspätungszuschlag wegen Nichtabgabe oder nicht fristgemäßer Abgabe der Erklärung zum Grundsteuermessbetrag (Rz. 115) oder einer Anzeige i.S.d. § 228 Abs. 2, 5 BewG (Rz. 123) ist eine steuerliche Nebenleistung i.S.d. § 2 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 4 Nr. 2 AO. Das Aufkommen an den zu entrichtenden Verspätungszuschlägen zur Grundsteuer fließt nach § 3 Abs. 5 Satz 5 AO als "übrige steuerliche Nebenleistung" der sie "verwaltenden Körperschaft" zu. Für die Verwaltung des Verspätungszuschlags zur Grundsteuer sind als Annex zur Zuständigkeit der Verwaltung des GrSt-Messbetrags die Landesfinanzbehörden zuständig (Rz. 476), so dass das Aufkommen – anders bei der GewSt – dem Land Hessen zusteht.
Rz. 145
Kommt der Erklärungspflichtige (Rz. 124) im Anwendungsbereich der Hessischen Grundsteuer (Rz. 82, Rz. 85) seiner Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung (§ 228 Abs. 5 BewG, Rz. 125) nicht oder nicht fristgemäß (Rz. 122) nach, ist ein Verspätungszuschlag nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 AO i.V.m. § 152 Abs. 2 AO (obligatorische Festsetzung im automatisierten Verfahren) zwingend festzusetzen.
Die Anwendung des § 152 Abs. 2 AO wird durch die zeitliche Anwendungsregel des Art. 97 § 8 Abs. 5 EGAO für die "gesonderte Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1. Januar 2022" (Bundesmodell und in Hessen land- und forstwirtschaftliches Vermögen) außer Kraft gesetzt. Dies hat zur Folge, dass die Festsetzung eines Verspätungszuschlags wegen verspäteter Abgabe dieser Erklärung nur im Einzelfall aufgrund einer Ermessensentscheidung nach § 152 Abs. 1 AO erfolgen kann. Das Hessische Grundsteuergesetz verweist nicht auf die Vorschriften des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung. Folglich bleibt § 152 Abs. 2 AO für den Anwendungsbereich der Hessischen Grundsteuer (Rz. 82, Rz. 85) uneingeschränkt anwendbar.
Rz. 146
Für die Anwendung von § 152 Abs. 2 AO ist es unerheblich, dass der Steuerpflichtige zur Abgabe der "Erklärung zum Grundsteuermessbetrag" erst durch die Finanzbehörde aufgefordert (Rz. 116) werden muss. Die Anwendung von § 152 Abs. 2 AO gilt unabhängig davon, ob es sich um einen Beraterfall i.S.d. § 149 Abs. 3 AO handelt oder der Steuerpflichtige seine Steuererklärung selbst erstellt.
Rz. 147
Nach § 152 Abs. 3 AO ist Abs. 2 u.a. dann nicht anw...