Rz. 346
Bei der Neuveranlagung werden die tatsächlichen Verhältnisse im Neuveranlagungszeitpunkt zugrunde gelegt. Für die Bodenrichtwerte gelten stets die Verhältnisse zum Hauptveranlagungszeitpunkt (Rz. 340).
Neuveranlagungszeitpunkt ist der Beginn des Kalenderjahres, welches auf das Jahr folgt, in dem die Veränderung eingetreten ist oder der Fehler dem Finanzamt bekannt geworden ist.
Rz. 347
Fehler bei der Festsetzung des Steuermessbetrags können sich zugunsten oder zuungunsten des Steuerschuldners auswirken.
Rz. 348
Bei einem Fehler zu seinen Ungunsten hat der Steuerschuldner ein finanzielles Interesse, dass der Fehler ab einem möglichst frühen Zeitpunkt korrigiert wird. Er wird – i.d.R. vor Eintritt der Bestandskraft – auf die Änderung des fehlerhaften Steuermessbescheids hinwirken. Hierzu gibt es die entsprechenden verfahrensrechtlichen Möglichkeiten (z.B. Einspruch oder Antrag auf Änderung). Deshalb dürfte die Beseitigung von Fehlern, die sich zuungunsten des Steuerschuldners ausgewirkt haben, vermutlich nur relativ selten eine Neuveranlagung erfordern.
Rz. 349
Bei einem Fehler zu seinen Gunsten hat der Steuerschuldner ein finanzielles Interesse, dass der Fehler ab einem möglichst späten Zeitpunkt korrigiert wird. Gerade Fehler zugunsten des Steuerschuldners dürften üblicherweise über längere Zeit unerkannt bleiben, wenn sie der Finanzverwaltung unterlaufen sind. Der Steuerschuldner muss die Finanzverwaltung auf ihre Fehler nicht hinweisen. Diese Fehler müssen meist außerhalb der Bestandskraft durch Neuveranlagung korrigiert werden.
Rz. 350
Die gesetzliche Festlegung des Neuveranlagungszeitpunktes auf den Beginn des Jahres, das dem Jahr folgt, in dem der Fehler bekannt wurde, liegt daher in aller Regel im Interesse des Steuerschuldners.
Rz. 351
Aber auch aus Gründen der Rechtsvereinfachung bestimmt das HGrStG die Zeitpunkte für Neuveranlagung, Nachveranlagung und Aufhebung einheitlich stets auf den Beginn des Jahres, das dem Jahr des "Ereignisses" folgt, unabhängig davon, ob es um Fehlerbeseitigung oder andere Gründe geht (anders im Bundesrecht, siehe § 222 Abs. 4 Satz 3 BewG, § 17 Abs. 3 Satz 2, § 20 Abs. 2 GrStG). Die materiell-rechtliche Einfachheit des HGrStG wird auf diese Weise auch auf der verfahrensrechtlichen Ebene flankiert.
Beispiel:
A erwirbt von B dessen Grundstück (Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten zum 1.12.2027). Bei der Bearbeitung des Falles im Februar 2028 anlässlich des Eigentumswechsels (Veräußerungsanzeige und Vertrag gingen im Januar 2028 ein) fällt dem Finanzamt auf, dass der bisherige Steuermessbetrag zu niedrig festgesetzt wurde.
Zum 1.1.2028 setzt das Finanzamt den Steuermessbetrag (in der bisherigen Höhe) gegenüber A neu fest, weil A durch den Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten zum 1.12.2027 wirtschaftlicher Eigentümer und somit Schuldner der Grundsteuer geworden ist (§§ 3, 9 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 HGrStG).
Zum 1.1.2029 setzt das Finanzamt den Steuermessbetrag in zutreffender Höhe neu fest, da ihm der Fehler in der bisherigen Festsetzung im Februar 2028 bekannt wurde (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 HGrStG).