Rz. 329
Nach Satz 1 gelten die durch Hauptveranlagung festgesetzten Steuermessbeträge für die Grundsteuer ab dem Kalenderjahr, das ein Jahr nach dem Hauptveranlagungszeitpunkt beginnt, frühestens jedoch vom Kalenderjahr 2025 an. Somit gelten die Steuermessbeträge der Hauptveranlagung zum 1.1.2022 erstmals für die Grundsteuer in Hessen ab dem Kalenderjahr 2025 (Rz. 443), so wie es Art. 125b Abs. 3 i.V.m. Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG für abweichendes Landesrecht zur Grundsteuer vorgibt (Rz. 9). Der Anwendungsaufschub bis 2025 ist dem Zeitbedarf für die Umsetzung der Grundsteuerreform geschuldet, was das Bundesverfassungsgericht bei der Weitergeltungsanordnung für die verfassungswidrige Einheitsbewertung bis Ende 2024 berücksichtigt hat (Rz. 2). Die Erklärungen zu den Grundsteuermessbeträgen werden ab dem 1.7.2022 abgegeben werden können (Rz. 122). Erst dann können die Finanzämter die neuen Steuermessbeträge sukzessive ermitteln und festsetzen. Zudem brauchen die Städte und Gemeinden Zeit, um vor Festsetzung der neuen Grundsteuern die Hebesätze festzusetzen, denn die bisherigen Hebesätze gelten nach § 25 Abs. 2 GrStG längstens bis Ende des derzeitigen Hauptveranlagungszeitraumes, also bis zum 31.12.2024 (§ 25 GrStG Rz. 26).
Rz. 330
Die Steuermessbeträge des nächsten Hauptveranlagungszeitpunktes 1.1.2036 gelten für die Grundsteuer ab dem Kalenderjahr 2037. Auch hier ist ein – nunmehr einjähriger – Anwendungsaufschub der Steuermessbeträge wegen der verwaltungstechnischen Abläufe erforderlich. Insbesondere liegen die Bodenrichtwerte und durchschnittlichen Bodenrichtwerte der Gemeinden auf den jeweiligen Hauptveranlagungszeitpunkt erst wenige Monate nach diesem Stichtag vor und können erst dann für die Ermittlung der neuen Steuermessbeträge digital bereitgestellt werden. Wegen des voraussichtlich weitestgehend vollautomatisierten Ablaufs der zweiten und weiteren Hauptveranlagungen erscheint aus derzeitiger Sicht ein einjähriger Anwendungsaufschub ausreichend.
Rz. 331
Der Vorbehaltsverweis in Satz 1 auf die §§ 9 und 11 HGrStG berücksichtigt den Umstand, dass es Fälle geben wird, in denen auf den Hauptveranlagungszeitpunkt Verhältnisse zu berücksichtigen sind, die für sich genommen eine Neuveranlagung oder eine Aufhebung des Steuermessbetrags nach §§ 9 oder 11 HGrStG auslösen. Diese Vorschrift steht im Zusammenhang mit § 12 Abs. 2 HGrStG (Rz. 365).
Beispiel:
Im Jahr 2035 wird auf einem bislang unbebauten Grundstück ein Wohnhaus bezugsfertig errichtet.
In diesem Fall ist zum 1.1.2036 eine Neuveranlagung des Steuermessbetrags nach § 9 i.V.m. § 12 Abs. 2 HGrStG durchzuführen, unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse zum 1.1.2036 und hinsichtlich der Berechnung des Faktors nach den Verhältnissen zum Hauptveranlagungszeitpunkt 1.1.2036. Der Steuermessbetrag gilt für die Grundsteuer ab dem Kalenderjahr 2036. Ohne diese Regelung wäre eine Hauptveranlagung des Steuermessbetrags zum 1.1.2036 durchzuführen und der Steuermessbetrag würde für die Grundsteuer ab dem Jahr 2037 gelten (einjähriger Anwendungsaufschub). Im Beispielsfall würde dies dazu führen, dass die Grundsteuer für das Jahr 2036 noch für ein unbebautes Grundstück und somit zu niedrig erhoben würde. Durch die Vornahme einer Neuveranlagung mit Wirkung zum 1.1.2036 werden die tatsächlichen Verhältnisse des Grundstücks zutreffend bei der Grundsteuer für das Jahr 2036 berücksichtigt. Im Gegenzug ist dafür hinzunehmen, dass hierbei für die Faktoren (§ 7 HGrStG) schon die Bodenrichtwertverhältnisse zum 1.1.2036 gelten, während sich die Grundsteuer des Jahres 2036 für alle zum 1.1.2036 hauptzuveranlagenden Grundstücke nach den Bodenrichtwertverhältnissen zum 1.1.2022 richtet (denn die Steuermessbeträge der Hauptveranlagung 1.1.2036 gelten ab dem Jahr 2037, § 8 Abs. 2 Satz 1 HGrStG).
Rz. 332
Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 HGrStG bleiben die durch Hauptveranlagung festgesetzten Steuermessbeträge für die Grundsteuerfestsetzung bis zu dem Zeitpunkt maßgebend, von dem an die Steuermessbeträge der nächsten Hauptveranlagung wirksam werden. Die Steuermessbeträge der Hauptveranlagung 1.1.2022 gelten somit für die Grundsteuer der Jahre 2025 bis einschließlich 2036, da ab 2037 die Steuermessbeträge der Hauptveranlagung 1.1.2036 steuerlich wirksam werden. Dies stellt sicher, dass im zeitlichen Zusammenhang mit neuen Hauptveranlagungen die Wirksamkeit der alten und neuen Steuermessbeträge nahtlos aneinander anschließt. Die Maßgeblichkeit eines hauptveranlagten Steuermessbetrages endet jedoch bereits vor Ablauf des Hauptveranlagungszeitraumes, wenn der Steuermessbetrag nach § 9 HGrStG neu zu veranlagen oder nach § 11 HGrStG aufzuheben ist (Rz. 337 ff., Rz. 359 ff.).