Rz. 448
Gegenstand des Messbetragsverfahrens (erste Verwaltungsstufe, Rz. 446) ist die Ermittlung der unselbständigen Besteuerungsgrundlagen (dazu Rz. 190 ff., Rz. 287). Idealerweise führt das Messbetragsverfahren zur Festsetzung des GrSt-Messbetrags (§ 184 Abs. 1 Satz 1 AO), also einer Entscheidung der Landesfinanzbehörden über die persönliche und sachliche Steuerpflicht (§ 184 Abs. 1 Satz 2 AO). § 184 Abs. 1 AO regelt das Verfahren bei der Festsetzung von Steuermessbeträgen. In welchen Fällen Steuermessbeträge festzusetzen sind, folgt aber nicht aus § 184 AO, sondern aus den Einzelsteuergesetzen. Über §§ 8 bis 10, 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG wird das Messbetragsverfahren für das HGrStG unmittelbar zur Anwendung gebracht.
Rz. 449
Während die §§ 4 ff. HGrStG die materiell-rechtlichen Grundlagen zur Ermittlung des GrSt-Messbetrags (Rz. 190 ff., Rz. 287) regeln, ergebt sich die verfahrensrechtliche Grundlage für das Messbetragsverfahren und seine Festsetzung aus §§ 8 ff., § 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG i.V.m. § 184 Abs. 1 AO. Insoweit ordnen die §§ 8 bis 10 HGrStG konstitutiv an, dass der "GrSt-Messbetrag" unter bestimmten Voraussetzungen entweder allgemein, neu oder nachträglich "festzusetzen ist". Damit knüpft das Landesrecht unmittelbar an den über § 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG anwendbaren § 184 Abs. 1 Satz 1 AO an.
Rz. 450
Der Steuermessbetrag ist nach §§ 8 ff. HGrStG i.V.m. § 184 Abs. 1 Satz 1 AO durch Steuermessbescheid "festzusetzen". Der Steuermessbescheid ist Verwaltungsakt i.S.d. § 118 Abs. 1 AO. Entsprechend sind die allgemeinen Vorschriften über Verwaltungsakte (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. § 118 bis § 133 AO) anzuwenden. Qualitativ ist der GrSt-Messbescheid aber ein dem (besonderen Verwaltungsakt) Steuerbescheid gleichgestellter Bescheid, weil auf ihn nach § 184 Abs. 1 Satz 3 AO die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung (§ 134 bis § 217 AO) sinngemäß anzuwenden sind. Durch diese Verweisung werden die allgemeinen Vorschriften über Verwaltungsakte (§ 118 bis § 133 AO) teilweise verdrängt (zB durch §§ 172 ff. AO) oder unterliegen strengeren Anforderungen (z.B. zwingendes Schriftformerfordernis, § 157 Abs. 1 Satz 1 AO).
Rz. 451
Inwieweit durch die allgemeine Verweisung auf die "Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung" (§ 184 Abs. 1 Satz 3 AO i.V.m. § 134 bis § 217 AO) und die spezielle Verweisung durch § 184 Abs. 1 Satz 4 AO auf § 182 Abs. 1, 2, § 183 AO auch die Anwendung der "Vorschriften über die gesonderte Feststellung" (§ 179 bis § 183 AO) für das Messbetragsverfahren in Betracht kommt, ist abschließend noch nicht geklärt. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es der ausdrücklichen Verweisung durch § 184 Abs. 1 Satz 4 auf § 182 Abs. 1, 2 und § 183 AO nicht bedurft hätte, wenn der Gesetzgeber durch die allgemeine Verweisung in § 184 Abs. 1 Satz 3 AO auf "die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung" auch die §§ 179 bis 183 AO hätte in Bezug nehmen wollen.
Rz. 452
Ungeachtet der Frage, ob wegen der Verweisung nach § 184 Abs. 1 Satz 3 AO die Vorschriften über die gesonderte Feststellung grds. auch im Verfahren über die Festsetzung des Messbetrags anzuwenden sind oder wegen § 184 Abs. 1 Satz 4 AO grds. eben nicht (Rz. 451), kommt eine Anwendung der §§ 179, 180 AO für die Messbetragsfestsetzung nach dem HGrStG keinesfalls in Betracht. Denn weder besteht eine Notwendigkeit, einen GrSt-Messbescheid – gegenüber mehreren Personen – "einheitlich" festzustellen, noch lässt sich ein Bedürfnis erkennen, die dem Messbetrag zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen "gesondert" vorzunehmen. Vielmehr hat das Hessische Grundsteuergesetz die Verwaltungsstufe der gesonderten Feststellung von Grundsteuerwerten nach Maßgabe des Bewertungsgesetzes (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) durch seine Regelungstechnik ausgeschlossen (zum nur zweistufigen Verfahren Rz. 445), indem er den hierfür maßgeblichen § 219 BewG nicht für anwendbar erklärt (vgl. § 2 HGrStG). Vgl. aber zur besonderen Ablaufhemmung nach § 181 Abs. 5 AO Rz. 473.