1. Gesetzestext
Rz. 363
(1) Treten die Voraussetzungen für eine Neuveranlagung, Nachveranlagung oder Aufhebung des Steuermessbetrags während des Zeitraums zwischen dem ersten Hauptveranlagungszeitpunkt nach § 8 Abs. 1 Satz 2, dem 1. Januar 2022, und dem frühesten Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Steuermessbeträge nach § 8 Abs. 2, dem 1. Januar 2025, ein, wird die Neuveranlagung, Nachveranlagung oder Aufhebung des Steuermessbetrags auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Steuermessbeträge vorgenommen.
(2) 1 Sind zu einem nachfolgenden Hauptveranlagungszeitpunkt nach § 8 Abs. 1 Satz 2 tatsächliche Verhältnisse zu berücksichtigen, welche die Voraussetzungen einer Neuveranlagung, Nachveranlagung oder Aufhebung des Steuermessbetrags erfüllen, ist für den Steuermessbetrag eine Neuveranlagung, Nachveranlagung oder Aufhebung anstelle der Hauptveranlagung durchzuführen. 2 Für die Berechnung des Faktors nach § 7 sind dabei die Verhältnisse in diesem Hauptveranlagungszeitpunkt maßgebend.
(3) Bescheide über die Neuveranlagung, Nachveranlagung oder Aufhebung von Steuermessbeträgen können schon vor dem maßgebenden Veranlagungszeitpunkt erteilt werden. Sie sind zu ändern oder aufzuheben, wenn sich bis zu diesem Zeitpunkt Änderungen ergeben, die zu einer abweichenden Festsetzung führen.
(4) Ist die Festsetzungsfrist nach § 169 der Abgabenordnung bereits abgelaufen, kann die Neuveranlagung, Nachveranlagung oder Aufhebung unter Zugrundelegung der Verhältnisse vom Hauptveranlagungszeitpunkt mit Wirkung für einen späteren Veranlagungszeitpunkt vorgenommen werden, für den diese Frist noch nicht abgelaufen ist.
2. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 364
§ 12 HGrStG enthält gemeinsame Vorschriften für die Neuveranlagung, Nachveranlagung und Aufhebung des Steuermessbetrags. Entsprechende Vorschriften finden sich im Bundesrecht in den §§ 17 Abs. 4, 20 Abs. 3 und 21 GrStG, die § 12 HGrStG ersetzt (Rz. 94).
Rz. 365
Eine Besonderheit der Vorschrift findet sich in Absatz 2. Hiernach führen Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen zu einer Neuveranlagung, Nachveranlagung oder Aufhebung des Steuermessbetrags, auch wenn diese Veränderungen zu einem der nachfolgenden Hauptveranlagungszeitpunkte (1.1.2036 usw., vgl. Rz. 325) zu berücksichtigen sind. Für die zeitliche Anwendung des Steuermessbetrags ist dies von entscheidender Bedeutung (s. nachfolgend unter Rz. 371).
Rz. 366
§ 12 Abs. 3 HGrStG ermöglicht es, Bescheide über die Neuveranlagung, Nachveranlagung oder Aufhebung der Steuermessbeträge schon vor dem maßgeblichen Veranlagungszeitpunkt zu erlassen. Dies ist eine praxisvereinfachende Regelung.
Rz. 367
§ 12 Abs. 4 HGrStG enthält – ähnlich wie § 8 Abs. 3 HGrStG (Rz. 333) bei der Hauptveranlagung – eine Regelung zur Nachholung unterbliebener Neuveranlagungen, Nachveranlagungen oder Aufhebungen.
3. Verschiebung des Veranlagungszeitpunktes (Abs. 1)
Rz. 368
Treten die Voraussetzungen für eine Neuveranlagung, eine Nachveranlagung oder eine Aufhebung in dem Zeitraum zwischen dem ersten Hauptveranlagungszeitpunkt nach § 8 Abs. 1 Satz 2 HGrStG, dem 1.1.2022 und dem frühesten Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Steuermessbeträge aus der ersten Hauptveranlagung, dem 1.1.2025 (§ 8 Abs. 2 Satz 1 HGrStG) ein, wird die Neuveranlagung, Nachveranlagung oder Aufhebung auf den 1.1.2025 vorgenommen. Der Veranlagungszeitpunkt wird auf den 1.1.2025 verschoben, denn erst ab diesem Zeitpunkt wird der Steuermessbetrag für Zwecke der Grundsteuerfestsetzung benötigt.
Rz. 369
Beispiel:
Die Wohnfläche eines Einfamilienhauses wird im Jahr 2023 durch den Ausbau des Dachgeschosses vergrößert.
Zum 1.1.2025 erfolgt eine Neuveranlagung unter Zugrundelegung der nunmehr durch den Dachgeschossausbau vergrößerten Wohnfläche. Nach § 9 HGrStG ist eine Neuveranlagung des Steuermessbetrags vorzunehmen, da sich während des Hauptveranlagungszeitraumes (1.1.2022 bis 31.12.2035) durch den Dachgeschossausbau die tatsächlichen Verhältnisse (Wohnfläche) geändert haben und dies Auswirkung auf die Höhe des Steuermessbetrages hat, denn die Wohnfläche wird zur Ermittlung des Steuermessbetrages herangezogen (§ 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 HGrStG). Allerdings erfolgt die Neuveranlagung nicht zum "regulären" Neuveranlagungszeitpunkt (hier 1.1.2024 nach § 9 Abs. 2 Satz 2 HGrStG), sondern aufgrund der Regelung in § 12 Abs. 1 HGrStG zum 1.1.2025, dem frühesten Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Steuermessbetrags nach § 8 Abs. 2 HGrStG.
4. Neuveranlagung, Nachveranlagung, Aufhebung anstelle einer Hauptveranlagung (Abs. 2)
Rz. 370
Sind auf einen der nachfolgenden Hauptveranlagungszeitpunkte (1.1.2036, 1.1.2050 usw.) Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, welche die Voraussetzungen für eine Neuveranlagung, Nachveranlagung oder Aufhebung des Steuermessbetrages erfüllen, ist anstelle einer Hauptveranlag...