Es ist dringend empfehlenswert, die Dienstleistungsverträge zur Zusammenarbeit mit einem EoR eingehend zu prüfen. Denn sie umfassen vermehrt nachteilhafte Regelungen für den (deutschen) Auftraggeber. Diese Regelungen bleiben ihm häufig unbekannt, bis es zu einer Auseinandersetzung mit dem EoR kommt oder der (deutsche) Auftraggeber die Zusammenarbeit mit dem Mitarbeiter bzw. EoR beenden möchte. Dazu im Einzelnen:
Die Beratungspraxis lehrt, dass EoR häufig den (deutschen) Auftraggebern typische Arbeitgeberrisiken aufbürden, obgleich sie vordergründig anderes versprechen. Hintergrund ist, dass der EoR das Arbeitsverhältnis mit dem Mitarbeiter (nur) nach Maßgabe des lokalen Rechts beenden bzw. kündigen kann. Insofern muss er also einen etwaigen (allgemeinen oder besonderen) Kündigungsschutz, etwaige Regelungen zu einer Abfindung und weitere arbeitsrechtliche Vorschriften des lokalen Rechts beachten. Die hieraus resultierenden wirtschaftlichen Risiken überträgt der EoR auf Basis der Dienstleistungsverträge regelmäßig auf den (deutschen) Auftraggeber. Relevant wird dies beispielsweise, wenn der (deutsche) Auftraggeber entscheidet, den Mitarbeiter nicht mehr zu beschäftigen bzw. die Zusammenarbeit mit dem EoR zu beenden. Dazu sehen die Dienstleistungsverträge vor, dass der (deutsche) Auftraggeber etwaige Kosten trägt, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen EoR und Mitarbeiter anfallen können. Umfasst davon sind z. B. Abfindungszahlungen, Anwaltskosten, Gerichtskosten etc. Häufig sind diese Kosten nach dem Dienstleistungsvertrag als "Termination Costs" oder "Employment Costs" bezeichnet; (deutsche) Auftraggeber übersehen diese Regelungen im "Kleingedruckten" in der Regel.
Sofern der Mitarbeiter nach den jeweiligen lokalen Vorschriften Rechte im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (z. B. Kündigungsschutz) geltend machen kann, stellt der Dienstleistungsvertrag den (deutschen) Auftraggeber hiernach wirtschaftlich so, als wäre dieser der Arbeitgeber. Hat ein Mitarbeiter Kündigungsschutz oder lässt sich das Arbeitsverhältnis (zwischen EoR und Mitarbeiter) aus anderen Gründen nicht ohne Weiteres beenden, können Mitarbeiter häufig eine Abfindung verlangen, die der (deutsche) Auftraggeber zahlen muss. Misslich erweist sich in diesen Konstellationen auch, dass der EoR die Verhandlungen führt bzw. über Rechtsanwälte führen lässt, mit denen er in dem jeweiligen Staat kooperiert. Der (deutsche) Auftraggeber führt diese Verhandlungen also nicht selbst, kann hierauf nur wenig Einfluss nehmen. Es fehlt ihm schließlich auch an Expertise, um die lokalen arbeitsrechtlichen Regelungen zu beurteilen und damit die jeweilige Verhandlungssituation zu bewerten. Die Praxis zeigt weiter, dass Mitarbeiter ihre aus dieser Konstellation folgenden taktischen Vorteile regelmäßig erkennen und wirtschaftlich zu ihrem Vorteil ausnutzen. Häufig enden entsprechende Fälle mit einer hohen Abfindungszahlung, die der (deutsche) Auftraggeber zusätzlich zu weiteren Kosten (z. B. Anwalts- und Gerichtskosten) trägt. Hier zeigt sich auch ein gravierender Unterschied zu einer seriösen Arbeitnehmerüberlassung.
Erkennen eines seriösen EoR
Redliche Verleiher übertragen ihre Arbeitgeberrisiken nicht auf den Entleiher; der Entleiher kann den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag grundsätzlich kündigen. Wird die Kündigung wirksam, ist die konkrete Arbeitnehmerüberlassung für den Entleiher beendet. In das Verhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer ist er nicht involviert und muss insofern insbesondere nicht mit weiteren (Beendigungs-)Kosten rechnen. Daher sollten (deutsche) Auftraggeber auch vor diesem Hintergrund die Dienstleistungsverträge umfassend prüfen und im Zweifel erwägen, Alternativen zur Zusammenarbeit mit einem EoR zu ergreifen.
Misslich erweist sich überdies, dass die Dienstleistungsverträge bisweilen vorsehen, dass der Gerichtsstand in eher "exotischen" Jurisdiktionen liegt. Dies betrifft etwaige rechtliche Auseinandersetzungen zwischen dem EoR und dem (deutschen) Auftraggeber. Der Gerichtsstand liegt regelmäßig weder in Deutschland noch in dem Staat, in dem der Mitarbeiter tätig ist. Der EoR gibt grundsätzlich einen Gerichtsstand vor, der für ihn vorteilhaft ist. Es liegt auf der Hand, dass hieraus relevante Nachteile für (deutsche) Auftraggeber folgen, sollte es zu Auseinandersetzungen mit dem EoR kommen. Abgesehen davon, dass grenzüberschreitende juristische Auseinandersetzungen (selbst innerhalb der Europäischen Union) erheblichen administrativen und kosten- sowie zeitintensiven Aufwand verursachen, fehlt dem (deutschen) Auftraggeber die Expertise, um die maßgebliche nationale Rechtslage zu eruieren. Er kann regelmäßig nicht beurteilen, ob die Regelungen des Dienstleistungsvertrags ihn wirksam verpflichten oder der EoR ihn übervorteilt. Daher sollte der (deutsche) Auftraggeber den Dienstleistungsvertrag mit dem EoR auch mit Blick hierauf prüfen (lassen).