Dipl.-Betriebsw. Birgitta Dennerlein
Zusammenfassung
Latente Steuern zeigen in der Handelsbilanz künftige Änderungen von Ertragsteuern, die sich aus den Differenzen zwischen den handelsrechtlichen und den steuerlichen Werten von Bilanzposten (Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten) ergeben. Der Ansatz latenter Steuern hat zum Ziel, den Steueraufwand in der Handelsbilanz so darzustellen, als wäre der handelsrechtliche Gewinn auch das steuerpflichtige Einkommen. Nach § 274 HGB bzw. § 306 HGB sind latente Steuern im Handelsrecht sowohl für die Rechnungslegung im Einzelabschluss als auch im Konzernabschluss abzugrenzen.
Latente Steuern werden auf Unterschiedsbeträge zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz gebildet, wenn die Differenzen temporär oder quasi-permanent sind. Darüber hinaus können aktive latente Steuern auf Verlustvorträge gebildet werden, wenn diese innerhalb der kommenden 5 Jahre erwartungsgemäß verrechenbar sind.
Die Vorschriften zu den latenten Steuern sind in § 274 HGB (Einzelabschluss) und in § 306 HGB (Konzernabschluss) geregelt. § 274a Nr. 4 HGB regelt größenabhängige Erleichterungen. Kleine Kapitalgesellschaften sind von der Verpflichtung zum Ausweis latenter Steuern nach § 274 HGB befreit. Bei Vorliegen der Voraussetzung für eine Rückstellung gem. § 249 Abs. 1 Satz HGB kann es zu einer Bilanzierungspflicht passiver latenter Steuern kommen. Pflichtangaben im Anhang werden in § 285 Nr. 29 HGB, im Konzernanhang in § 314 Abs. 1 Nr. 15 HGB geregelt. Die §§ 300 und 301 AktG sind ebenso zu beachten. Erläuterungen zur Bilanzierung der latenten Steuern ergeben sich durch DRS 18 – ergänzt durch DRÄS 11, in dem u. a. Anwenderfragen adressiert werden und Unklarheiten im Standard bereinigt werden. Weitere Informationen zu latenten Steuern ergeben sich aus IDW RS HFA 18 (Bewertung von Anteilen an Personengesellschaften) und IDW RS HFA 7. Zu letzterem hat der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) des IDW im Juni 2024 die Entwurfsfassung IDW ERS FAB 7 veröffentlicht, die die Stellungnahme IDW RS HFA 7 n. F. zur handelsrechtlichen Rechnungslegung von Personenhandelsgesellschaften ablösen soll. Die Änderungen umfassen Anpassungen in der Rechnungslegung bei Personenhandelsgesellschaften aufgrund von KöMoG und MoPeG sowie u. a. auch eine Ergänzung der Regelungen zum Ausscheiden von Gesellschaftern, die im Folgenden dargestellt werden.
Zudem hat das DRSC am 28.5.2024 den Deutschen Rechnungslegungs Änderungsstandard Nr. 14 (DRÄS 14) mit den Änderungen an DRS 18 (Latente Steuern) verabschiedet. Mit dem DRÄS 14 wird das Ziel verfolgt, DRS 18 an die Änderungen des HGB durch das MinBestRL-UmsG anzupassen. Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen wurde das Mindeststeuergesetz eingeführt und u. a. Ergänzungen im HGB und EGHGB vorgenommen. Neben den Anpassungen durch das MindBestRL-UmsG wurden auch redaktionelle Änderungen an dem Standard vorgenommen.
1 Grundlagen zu latenten Steuern
1.1 Allgemeines
Latente Steuern zeigen in der Handelsbilanz künftige Änderungen der Ertragsteuern, die sich aus den Differenzen zwischen den handelsrechtlichen und den steuerlichen Werten von Bilanzposten ergeben.
Sie werden auf Unterschiedsbeträge zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz gebildet, wenn die Differenzen temporär oder quasi-permanent sind. Darüber hinaus können aktive latente Steuern auf Verlustvorträge gebildet werden, wenn diese innerhalb der kommenden 5 Jahre erwartungsgemäß verrechenbar sind.
1.2 Temporäre Differenzen
Temporäre Differenzen sind Differenzen zwischen dem Wert eines Vermögensgegenstands oder einer Schuld laut Handelsbilanz und Steuerbilanz, die sich künftig wieder umkehren lässt, d. h. sie sind zeitlich begrenzt.
Drohverlustrückstellung
Eine Drohverlustrückstellung führt zu einer temporären Differenz zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz, weil es steuerlich ein Ansatzverbot für Drohverlustrückstellung gem. § 5 Abs. 4a EStG gibt. Bei Verbrauch der handelsrechtlichen Rückstellung in den Folgejahren kehrt sich die Differenz zwischen dem Wertansatz laut Handelsbilanz und Steuerbilanz um. Die Differenz ist also temporär, weil sie sich im Zeitablauf wieder ausgleicht.
1.3 Permanente Differenzen
Permanente Differenzen kehren sich im Gegensatz zu temporären Differenzen künftig nie mehr um. Dieser Effekt ist einmalig. Typische Beispiele hierfür sind steuerlich nicht abzugsfähige Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 EStG, angemessene und nachgewiesene Bewirtungskosten in Höhe von 30 % oder unangemessene Repräsentationsaufwendungen, aber auch steuerfreie Erträge wie z. B. steuerfreie Dividenden.
1.4 Quasi-permanente Differenzen
Bei Quasi-permanenten Differenzen handelt es sich um Unterschiedsbeträge, die zwar zeitlich begrenzt sind, deren Abbau jedoch von den Dispositionen des Unternehmens abhängig ist bzw. erst bei Liquidation des Unternehmens erfolgt. Kurz gesagt, quasi-permanente Differenzen kehren sich erst am Ende der Lebenszeit eines Unternehmens oder durch unvorhersehbare Umstände um; die Umkehrun...