Leitsatz
Scheidet ein Gesellschafter aus einer fortbestehenden Personengesellschaft aus, so wird der laufende Gewinn auf das Kalenderjahr festgestellt, in dem das abweichende Wirtschaftsjahr der Gesellschaft endet. Im Veranlagungsverfahren für den Gesellschafter wird über den Zeitpunkt des Zuflusses des festgestellten laufenden Gewinnes entschieden. Dies ist das Kalenderjahr des Schlusses des abweichenden Wirtschaftsjahres, auch wenn der Gesellschafter bereits im vorhergehenden Kalenderjahr aus der Gesellschaft ausgeschieden ist.
Sachverhalt
Eine offene Handelsgesellschaft hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. März bis zum 28. Februar des darauf folgenden Jahres. Am 28. November 2003 vereinbarten die Gesellschafter, dass dem Kläger der laufende Gewinn aufgrund eines Zwischenabschlusses zum 31.10.2003 ausgezahlt werde. Am 2.12.2003 brachte der Kläger seine Beteiligung in eine Stiftung ein und schied als Gesellschafter bei der OHG aus. Das Betriebstättenfinanzamt setzte mit Bescheid vom 8.3.2004 für das Wirtschaftsjahr 2003/2004 der OHG einen festen laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb mit 61.425.000 EUR fest. Das Wohnsitzfinanzamt des Klägers behandelte diesen Gewinn aufgrund des Austritts im Dezember 2003 bereits als in diesem Jahr zugeflossen. Hiergegen wandte sich der Kläger im Einspruchsverfahren erfolglos: Er ist der Auffassung, dass der laufende Gewinn aus der OHG erst im Kalenderjahr des Ablaufs des Wirtschaftsjahres, also im Jahr 2004 zu berücksichtigen ist. Abgesehen von Stundungseffekten war für den Kläger der Besteuerungszeitpunkt deswegen besonders wichtig, da der Spitzensteuersatz im Jahr 2004 von 48,5 auf 45% abgesenkt wurde.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab dem Kläger Recht. Es wies die Zuständigkeit für die Frage, in welchen Zeitpunkt ein laufender Gewinn bei Ausscheiden eines Gesellschafters zu versteuern ist, alleine dem Wohnsitzfinanzamt zu. Das Betriebsstättenfinanzamt entscheidet lediglich über den Zeitpunkt des Austritts eines Gesellschafters. Das Gericht hält sich an den Wortlaut des § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG, nach dem bei Gewerbetreibenden mit abweichendem Wirtschaftsjahr der Gewinn eines Wirtschaftsjahres als in dem Kalenderjahr bezogen gilt, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Das Wirtschaftsjahr der fortbestehenden Handelsgesellschaft endete am 29.2.2004. Von dieser Grundregel ausgehend kann das Gericht keine Ausnahmegestaltung darin erkennen, dass die Einkünfte des ausscheidenden Gesellschafters im vorhergehenden Kalenderjahr zu versteuern wären, wenn er bereits in diesem Jahr ausscheidet. Das Ausscheiden eines Gesellschafters zwingt schon nicht zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres, auf dessen Ende ein Zwischenabschluss zu erstellen gewesen wäre. Auch der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 2 Nr. 2 EStG ist nicht zu entnehmen, dass der fiktive Zufluss zum Ablauf des Wirtschaftsjahres bei im Vorkalenderjahr ausscheidenden Gesellschaftern nicht gelten soll.
Außerdem stützte sich das Finanzgericht auf den Gesellschaftsvertrag, nach dem einerseits der laufende Gewinn eines Jahres stets erst als mit Ablauf des Wirtschaftsjahres als realisiert galt, andererseits mit der Klausel beim Ausscheiden, nach dem der Gewinn des ausscheidenden Gesellschafters zum Zeitpunkt des Ausscheidens mit der entsprechenden 12tel-Anzahl des gesamten Wirtschaftsjahrs-Gewinns als erwirtschaftet gilt. Daran ändert auch nicht, dass sich der Kläger in ständiger Übung den Gewinn vorab als Abschlag auszahlen ließ, da er hierzu nach dem Gesellschaftsvertrag ebenfalls berechtigt war. Dass der Zuflusszeitpunkt anders zu beurteilen gewesen wäre, wenn ein Gesellschafter zum streitigen Zeitpunkt nicht ausscheidet sondern verstirbt oder ins Ausland verzieht, sieht das Gericht als nicht als ausschlaggebend an, da diese Sachverhalte nicht vergleichbar wären. In diesen Fällen gehe es vorrangig darum, über die persönliche Steuerpflicht des verstorbenen oder ins Ausland verzogenen Steuerpflichtigen zu entscheiden. Auch die Auffassung der Finanzverwaltung in R 25 Abs. 5 EStR, nach dem ein Veräußerungsgewinn bereits im Jahr des Ausscheidens und nicht im Jahr des Ablaufes des abweichenden Wirtschaftsjahres zu versteuern ist, stehe in einem anderen Zusammenhang und gebe für die Frage des Streitfalls nichts her.
Hinweis
Für den Kläger ging es um einen Steuervorteil in Höhe von 2,276 Mio. EUR. Ein BFH-Urteil zu genau dieser Rechtsfrage gibt es noch nicht, sodass das Finanzgericht zutreffend die Revision zugelassen hat. Aus dem zitierten BFH-Beschluss vom 22.9.1997 (IV B 113/96, BFH/NV 1998 S. 454) lässt sich zum Streitfall gerade keine eindeutige Aussage ableiten. Dort ist zwar die Rede davon, dass vom Betriebsstättenfinanzamt "die Dauer der Zugehörigkeit zur Gesellschaft festgestellt werden muss, damit das Veranlagungsfinanzamt erkennen kann, in welchem Veranlagungszeitraum der Gewinn dem Ausgeschiedenen zuzurechnen ist." In der weiteren Entscheidungsbegründung hat der BFH aber gerade nicht beanstandet, dass das Wohnsitzfinanzamt den...