Gleichlautende Ländererlasse v. 27.11.2009, BStBl I 2009, 1595
Die Inanspruchnahme der Sonderregelung des § 19 GewStDV setzt bei Finanzdienstleistungsunternehmen (hier: Leasing- und Factoringunternehmen) nach § 19 Abs. 3 Nr. 4 GewStDV voraus, dass sie nachweislich ausschließlich Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 9 und 10 KWG tätigen. Zur Auslegung dieses Ausschließlichkeitsgebots gilt nach dem Ergebnis einer Erörterung der obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:
I. Vorliegen von Finanzdienstleistungen
Für die Frage, ob Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 9 (Factoring) und 10 (Finanzierungsleasing) KWG vorliegen, ist allein die kreditaufsichtrechtliche Auslegung maßgebend. Als Auslegungshilfen können die jeweils maßgebenden Mitteilungen bzw. Merkblätter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) herangezogen werden (ZZ maßgebend sind dies die Merkblätter vom 5.1.2009 „Hinweise zum Tatbestand des Factorings” und vom 19.1.2009 „Hinweise zum Tatbestand des Finanzierungsleasings” (abrufbar unter www.bafin.de und dort unter Veröffentlichungen, Kategorie „Merkblätter” und Bereich „Bankenaufsicht”).
II. Vorliegen anderer Tätigkeiten
Das Ausschließlichkeitsgebot in § 19 Abs. 3 Nr. 4 GewStDV ist – vorbehaltlich der Ausführungen unter IV. – insbesondere dann verletzt, wenn das Unternehmen auch Tätigkeiten erbringt, die in den vorgenannten Mitteilungen bzw. Merkblättern ausdrücklich nicht als Finanzdienstleistungen angesehen werden. Aus Sicht des Ausschließlichkeitsgebots handelt es sich bei diesen Tätigkeiten um andere Hauptgeschäfte, die nicht als Hilfs- und Nebengeschäfte zu Finanzdienstleistungen anzusehen sind.
III. Begünstigte Hilfs- und Nebengeschäfte zu Finanzdienstleistungen
Hilfs- und Nebengeschäfte zu Finanzdienstleistungen stehen dem Ausschließlichkeitsgebot nicht entgegen.
Derartige Geschäfte liegen vor, wenn sie für die Durchführung der jeweiligen Finanzdienstleistungen zwingend notwendig sind. Das ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn das Geschäft fakultativ mit der Finanzdienstleistung verbunden werden kann.
1. Factoring
Im Bereich Factoring gehören zu den begünstigten Tätigkeiten solche, die in unmittelbarem und zwingend notwendigem Zusammenhang mit dem Ankauf der Forderung (einschl. Prüfung deren Werthaltigkeit), der Refinanzierung der für den Ankauf notwendigen Finanzmittel und dem Einzug der angekauften Forderung bzw. der Verwertung von Sicherheiten branchentypisch anfallen.
2. Finanzierungsleasing
Im Bereich Finanzierungsleasing gehören zu den begünstigten Tätigkeiten solche, die in unmittelbarem und zwingend notwendigem Zusammenhang mit dem Erwerb des Leasinggegenstands (einschl. Prüfung dessen Werthaltigkeit), der Finanzierung des Erwerbs des Leasinggegenstands, der Überlassung des Leasinggegenstands an den Leasingnehmer; der Rücknahme des Leasinggegenstands von Leasingnehmer und der Verwertung des Leasinggegenstands branchentypisch anfallen.
Vom Leasinggeber ausgeübte Tätigkeiten, die wirtschaftlich gesehen Ausfluss der Nutzung des Leasinggegenstands durch den Leasingnehmer sind (z.B. auftragsgemäße Inspektion des Leasinggegenstands), zählen nicht zu den begünstigten Hilfs- und Nebengeschäften.
Als begünstigte Hilfs- und Nebengeschäfte gelten auch die Zwischenanlage vorübergehender freier Finanzmittel am Kapitalmarkt, die Tätigkeiten, die im Zuge der allgemeinen Betriebsorganisation üblicherweise anfallen (z.B. Unterhalten einer Betriebkantine) oder das Halten von Beteiligungen an Unternehmen, wenn für deren Erwerb und das Halten keine Fremdmittel aufgenommen worden sind. Entsprechendes gilt für die Personalgestellung an einen Dritten, der als nahe stehende Person i.S. des § 1 Abs. 2 AStG anzusehen ist, und der Tätigkeiten erbringt, die keine Finanzdienstleistungen bzw. keine begünstigten Hilfs- und Nebentätigkeiten sind.
Nicht begünstigt sind Vermittlungstätigkeiten, auch wenn sie sich auf Finanzdienstleistungen beziehen.
IV. Billigkeitsregelung
Erbringt das Unternehmen neben Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 9 (Factoring) und 10 (Finanzierungsleasing) KWG und begünstigten Hilfs- und Nebenleistungen hierzu auch andere Leistungen, so steht dies dem Ausschließlichkeitsgebot nicht entgegen, wenn die anderen Leistungen 1 % des Gesamtumsatzes des Unternehmens nicht übersteigen.
Auch wenn vorgenannte Grenzen nicht überschritten sind, sind die auf die anderen Leistungen entfallenden Finanzierungsaufwendungen nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags hinzuzurechnen.
V. Übergangsregelung
Haben Unternehmen schon vor dem 24.12.2008 (Tag der Verkündung des Jahressteuergesetzes 2009) neben Factoring und Finanzierungsleasing i.S. des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 9 und 10 KWG auch andere Geschäfte betrieben, steht dies dem Ausschließlichkeitsgebot erstmals für den Erhebungszeitraum 2011 entgegen. In dieser Übergangszeit sind die nicht auf Factoring und Finanzierungsleasing entfallenden Finanzierung...