LfSt Bayern v. 25.6.2009, S 7221.1.1 - 1/16 St 34
Bezug: BMF-Schreiben vom 7.4.2009, IV B 8 – S 7100/07/10024, BStBl 2009 I S. 531
Anlage: Rundschreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 25.6.2009 (Az. I B 4 – 1537.1 – 11)
Mit den Urteilen vom 8.10.2008 (V R 61/03 und V R 27/06) hat der BFH entschieden, dass das Legen eines Hauswasseranschlusses durch ein Wasserversorgungsunternehmen gegen gesondert berechnetes Entgelt unter den Begriff „Lieferung von Wasser” i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage 2 zum UStG fällt und als eigenständige Leistung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.
Im Schreiben vom 7.4.2009, a.a.O., nimmt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zu den Auswirkungen dieser Rechtsprechung Stellung.
1. Dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Leistungen
Ermäßigt besteuert wird sowohl das Verlegen eines Neuanschlusses als auch Reparatur-, Wartungs- und ähnliche Leistungen (vgl. Tz. 1 und 5 des BMF-Schreibens vom 7.4.2009, a.a.O.).
Die neue Rechtslage umfasst nach einer Entscheidung der Vertreter der obersten Behörden des Bundes und Länder auch Leistungen der Wasserversorgungsunternehmen im Bereich der Errichtung bzw. des Erhalts des öffentlichen Wassernetzes. Damit sind auch Baukostenzuschüsse nach § 9 AVBWasserV und Herstellungs- und Verbesserungsbeiträge nach Art. 5 Kommunalabgabengesetz (KAG), die zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von öffentlichen Einrichtungen erhoben werden, als Entgelt für die Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluss an das Versorgungsnetz durch das Wasserversorgungsunternehmen mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern.
Nach Tz. 1 des o.g. BMF-Schreibens unterliegen das Legen des Hauswasseranschlusses und ähnliche Leistungen nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn sie vom Wasserversorgungsunternehmen selbst erbracht werden. Die Durchführung des Legens des Hauswasseranschlusses durch einen vom Wasserversorgungsunternehmen beauftragten Subunternehmer ist insoweit unschädlich; dessen Leistung an das Wasserversorgungsunternehmen ist aber nach wie vor dem Regelsteuersatz zu unterwerfen.
Erbringen Handwerksbetriebe oder andere Dritte das Legen des Hauswasseranschlusses unmittelbar an den Grundstückseigentümer, d.h. ohne Beauftragung durch das Wasserversorgungsunternehmen, fällt diese Leistung nicht mehr unter den Begriff „Lieferung von Wasser”, weil diese Unternehmer selbst nicht Lieferant des Wassers sind.
2. Anwendung der Rechtsprechung
Für nach dem 30.6.2009 ausgeführte Leistungen (Die einzelnen Leistungen gelten mit dem Entstehen der Beitrags- oder Kostenerstattungspflicht als ausgeführt. Im Falle des Hauswasseranschlusses entsteht die Kostenerstattungspflicht mit Abschluss der Baumaßnahme.) ist die Rechtsprechung des BFH zwingend zu übernehmen.
Für vor dem 1.7.2009 ausgeführte Leistungen räumt das BMF den Wasserversorgungsunternehmen ein Wahlrecht zwischen der Regelbesteuerung und der Besteuerung nach dem ermäßigten Steuersatz ein (Übergangsregelung des o.g. BMF-Schreibens).
Soweit ein Wasserversorgungsunternehmen vor dem 1.7.2009 eine Leistung ausgeführt hat oder noch ausführt, hierfür aber noch keine Rechnung (Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder Leistung abgerechnet wird unabhängig von seiner Bezeichnung (Abschn. 183 Abs. 1 UStR 2008). Damit sind auch Beitragsbescheide nach dem Kommunalabgabenrecht Rechnungen i.S. von § 14 UStG. Zur Vereinfachung wird im weiteren Text einheitlich von Rechnungen gesprochen.) erstellt hat, bestehen keine Hindernisse, diese Leistung regelmäßig dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen.
3. Folgen einer Anwendung des ermäßigten Steuersatzes in der Vergangenheit
3.1 In der ursprünglichen Rechnung war die Umsatzsteuer (mit dem Regelsteuersatz) offen ausgewiesen
3.1.1 Allgemeines
Das Wasserversorgungsunternehmen hat in der Rechnung einen höheren Steuerbetrag ausgewiesen, als es nach dem Gesetz schuldet (unrichtiger Steuerausweis) und schuldet deswegen auch den Mehrbetrag nach § 14c Abs. 1 UStG (Abschn. 190c Abs. 1 Satz 1 UStR 2008). Sofern es jedoch den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigt, ist § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden (§ 14c Abs. 1 Satz 2 UStG). Die Berichtigung des geschuldeten Mehrbetrags ist folglich für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in welchem dem Leistungsempfänger die berichtigte Rechnung erteilt wurde (Abschn. 190c Abs. 5 UStR 2008). Die ursprüngliche Steuerfestsetzung bleibt bestehen.
Eine Rechnungsberichtigung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG, § 31 Abs. 5 UStDV kann auch dann erfolgen, wenn beim Wasserversorgungsunternehmen für das Jahr der Ausführung der zugrunde liegenden Leistung bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger
Berichtigt ein Wasserversorgungsunternehmen bei Leistungsempfängern, die zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt waren, die bisherige Rechnung, ist bei diesen die erforderliche Berichtigung des Vorst...