Entscheidungsstichwort (Thema)
Sperrfrist für einen neuen Antrag im Regelinsolvenzverfahren bei Unterlassung eines Antrags im Verbraucherinsolvenzverfahren auf Fortsetzung im Regelinsolvenzverfahren
Leitsatz (amtlich)
Die Unterlassung eines Antrags im Verbraucherinsolvenzverfahren auf Fortsetzung im Regelinsolvenzverfahren trotz Hinweises des Insolvenzgerichts auf die Unzulässigkeit der gewählten Verfahrensart begründet keine Sperrfrist für einen neuen Antrag im Regelinsolvenzverfahren.
Normenkette
InsO § 287 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Bonn (Entscheidung vom 13.06.2012; Aktenzeichen 97 IN 144/12) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 13.06.2012 – 97 IN 144/12 – aufgehoben.
Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Auf (Eröffnungs-)Antrag des Schuldners vom 09.03.2012 führte das Amtsgericht Bonn ein Verbraucherinsolvenzverfahren unter dem Aktenzeichen 97 IK 82/12. In diesem Verfahren wies das Amtsgericht am 18.03.2012 mit zwei separaten Schreiben zum einen auf die Unvollständigkeit des Antrags und zum anderen auf die Unzulässigkeit des beantragten Verbraucherinsolvenzverfahrens wegen Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüber der Knappschaft und dem Finanzamt hin. Mit zweitgenanntem Schreiben forderte das Amtsgericht den Schuldner dazu auf, binnen 2 Wochen mitzuteilen, ob er seinen Antrag im Regelinsolvenzverfahren fortsetzen möchte. Andernfalls müsse er damit rechnen, dass das Gericht den Antrag als in der gewählten Verfahrensart unzulässig zurückweisen werde.
Auf diese beiden, den Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners am 20.03.2012 zugestellten Schreiben erwiderten diese mit Schriftsatz vom 02.04.2012, in welchem sie in der Anlage die Anlage 3 zum Eröffnungsantrag (Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO) sowie die Abschrift einer Pfändungsverfügung des Finanzamts und einen Vollstreckungsbescheid der Sparkasse L. C. übersandten. Des Weiteren wurde in der Anlage des Schriftsatzes die Anlage 1 zum Eröffnungsantrag mit ergänzenden Angaben übersandt. Zu den Hinweisen des Amtsgerichts bezüglich der Unzulässigkeit des Verbraucherinsolvenzverfahrens enthielt der Schriftsatz keine Stellungnahme; einen Antrag auf Fortsetzung im Regelinsolvenzverfahren enthielt der Schriftsatz nicht.
Mit Beschluss vom 09.04.2012 wies das Amtsgericht Bonn den Eröffnungsantrag vom 09.03.2012 als unzulässig zurück und begründete dies mit der Unzulässigkeit des Verbraucherinsolvenzverfahrens aufgrund der Forderungen der Knappschaft C2 T. und mit dem trotz entsprechenden Hinweises fehlenden Antrags des Schuldners auf Durchführung des Regelinsolvenzverfahrens.
Der Schuldner stellte am 18.05.2012 (neuen) Antrag auf Eröffnung des (Regel-)Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht Bonn. Mit Schreiben vom 04.06.2012 wies das Amtsgericht darauf hin, dass der Eröffnungsantrag unzulässig sei aufgrund einer bestehenden dreijährigen Sperrfrist infolge des Unterlassens des Antrags auf Durchführung des Regelinsolvenzverfahrens im Verfahren 97 IK 82/12. Die Rechtsidee der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH ZinsO 2010, 344; ZinsO 2010, 140; ZinsO 2011, 1127), wonach eine dreijährige Sperrfrist greife, wenn der Schuldner in einem Vorverfahren keine sachdienlichen Anträge stelle, sei auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Hierzu nahmen die Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners mit Schriftsatz vom 11.06.2012 Stellung.
Mit Beschluss vom 13.06.2012 wies das Amtsgericht den Eröffnungsantrag des Schuldners als unzulässig ab.
Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde des Schuldners. Er macht geltend, dass ein vergleichbarer Fall nicht vorliege, zumal die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zweifelhaft sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die diesbezügliche Rechtsprechung ausschließlich mit der Restschuldbefreiung zu tun habe. Für eine analoge Anwendung der §§ 290 Abs. 1 Nr. 2, 3 InsO auch auf den vorliegenden Fall sei kein Raum. Zudem sei auch nicht unumstritten, dass das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als unzulässig zurückzuweisen habe, wenn der Antrag in der falschen Verfahrensart gestellt sei. Jedenfalls liege eine Verletzung der Hinweispflichten des Amtsgerichts vor, insbesondere weil durch das zweite Schreiben vom 18.03.2012 der Hinweis nicht eindeutig verständlich gewesen sei und weil § 304 InsO keinen gesonderten Antrag vorsehe. Im Übrigen sei auch die Frage, ob Forderungen eines Sozialversicherungsträgers Forderungen aus Arbeitsverhältnissen i.S.v. § 304 InsO seien, lange umstritten gewesen sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
Dem Amtsgericht kann nicht darin gefolgt werden, dass für den Antrag des Schuldners eine dreijährige Sperrfrist gelte bzw. in diesem Zeitraum das Rechtsschutzbedürfnis für einen neuen Antrag – auch in anderer Verfahrensart – fehle und deshalb der Antrag als unzulässig zurückzuweisen sei.
Im Ausgangspunkt ist nicht zu beanstanden, das...