Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgeldverfahren. EHVG. Verfassungswidrigkeit
Leitsatz (amtlich)
§ 335 HGB ist nicht verfassungswidrig
Normenkette
HGB § 335
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde wird die Ordnungsgeldentscheidung des Beschwerdegegners vom 21.11.2007 dahin abgeändert, dass die Höhe des Ordnungsgeldes 2.500,- € beträgt.
Im übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Eine Entscheidung über außergerichtliche Kosten ist nicht veranlasst.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 5.000 € wegen nicht erfolgter Einreichung der Jahresabschlussunterlagen 2006 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat die Verhängung des Ordnungsgelds mit Verfügung vom 22.06.2007, zugestellt am 26.06.2007 angedroht. Dagegen hat die Beschwerdeführerin Einspruch eingelegt. Durch die angefochtene Entscheidung hat das Bundesamt für Justiz das bezeichnete Ordnungsgeld gegen die Beschwerdeführerin unter Verwerfung des Einspruchs festgesetzt. Gegen die am 24.11.2007 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 03.12.2007 sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, über ihr Vermögen sei in 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Dieses sei mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 22.12.2006, wirksam per 31.12.2006 im Wege eines Insolvenzplanbeschlusses aufgehoben worden. Die Fortsetzung der Gesellschaft wurde am 27.03.2008 in das Handelsregister eingetragen. Erst seit März 2007 sei sie wieder werbend tätig. Bis Mai 2007 habe sie über keine Liquidität verfügt, die die Erstellung eines Jahresabschlusses zugelassen habe. Erst im Mai 2007 sei ihr durch eine Kapitalerhöhung neue Liquidität zugeführt worden. Sie habe vom Insolvenzgericht erst am 21.06.2007 die für die Erstellung des Jahresabschlusses 2006 benötigten Geschäftsunterlagen erhalten.
Die Beschwerdeführerin beantragt, die Ordnungsgeldentscheidung vom 21.11.2007 aufzuheben; hilfsweise, den Beschwerdegegner zur Neubescheidung zu verpflichten; äußerst hilfsweise ein Ordnungsgeld von 2.500 € festzusetzen.
Das Bundesamt für Justiz tritt dem Beschwerdevorbringen entgegen. Die Aktien der Beschwerdeführerin würden nach wie vor an Börsen gehandelt. Der finanziellen Situation der Beschwerdeführerin sei durch Festsetzung von 2.500 statt der angedrohten 5.000 Ordnungsgeld Rechnung getragen worden.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 2 HGB statthafte sofortige Beschwerde ist auch im übrigen zulässig.
2. Die sofortige Beschwerde ist nur hinsichtlich des letzten Hilfsantrags begründet. Im übrigen ist sie unbegründet.
A. Die Kammer hat mit Beschluss vom 22.04.2008 – 11 T 28/07 – (GmbHR 2008, 593) u.a. folgendes ausgeführt:
“a. Nach § 155 Abs. 1 S. 1 InsO bleiben die Pflichten des Schuldners zur Rechnungslegung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt. Die Rechnungslegungspflicht des § 325 Abs. 1 S. 1 HGB trifft die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften und zwar für die von ihnen repräsentierte Kapitalgesellschaft. Letzteres ist durch die Einfügung der Worte “für diese” in § 325 Abs. 1 S. 1 und § 325a Abs. 1 S. 1 HGB durch den Rechtsausschuss des Bundestages ausdrücklich klargestellt (s. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss), BT-Drucksache 16/2781 vom 27.09.2006 S. 12, Begründung S. 81). § 335 Abs. 1 S. 1 HGB bezeichnet als Adressaten des Ordnungsgeldverfahrens die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft. Durch die angesprochene Einfügung der Worte “für diese” in § 325 Abs. 1 S. 1 und § 325a Abs. 1 S. 1 HGB sollte die Durchführung des Ordnungsgeldverfahrens gegen die Kapitalgesellschaft selbst (§ 335 Abs. 1 S. 2 HGB) ermöglicht werden (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, aaO S. 81). Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ändert nichts an der Rechtsnatur der Schuldnerin und an der Organstellung innerhalb der Kapitalgesellschaft (s. Haas in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, 3. A., § 91 Rdn. 29; Holzer, ZVI 2007, 401, 403). Träger der Rechnungslegungspflicht im Sinne von § 155 Abs. 1 S. 1 InsO bleiben damit die Organe der Kapitalgesellschaft für diese (s. auch LG Frankfurt a.M., ZIP 2007, 2325). Die Verpflichtung nach § 155 Abs. 1 S. 1 InsO ist zu unterscheiden von derjenigen des Insolvenzverwalters nach § 155 Abs. 1 S. 2 InsO. Bei letzterer handelt es sich um eine eigene Pflicht des Insolvenzverwalters (s. Kübler in Kübler/Prütting, InsO, § 155 Rdn. 3, 8; Hamburger Komm. InsO/Weitzmann, § 155 Rdn. 2).
b. Ebenso wie die Pflicht nach § 155 Abs. 1 S. 2 ist im Grundsatz die Pflicht des S. 1 vom Insolvenzverwalter zu erfüllen (jeweils aaO, so auch Schlauß, DB 2007, 2191, 2194). Dem daraus teilweise gezogenen Schluss, die Kapitalgesellschaft bzw. deren Organe könnten im Insolvenzfall nicht als Adressaten der Offenlegungspflicht des § 325 Abs. 1 HGB angesehen werden (so Kübler in Kübler/Prütting, InsO, § 155 Rdn. 73d; im Ergebnis auch Holzer,...