Leitsatz (amtlich)
1. Zur Nichtigkeit eines Beschlusses der Gläubigerversammlung wegen unzureichend veröffentlichter Tagesordnung.
2. Feststellung der Nichtigkeit im Verfahren nach § 78 InsO.
Normenkette
InsO § 74 Abs. 2 S. 1, § 78
Verfahrensgang
AG Cottbus (Beschluss vom 13.10.2006; Aktenzeichen 63 IN 459/05) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1. vom 13.11.2006 wird der Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 13.10.2006 (63 IN 459/05) aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Gläubigerversammlung vom 28.06.2006 vor dem Amtsgericht Cottbus (63 IN 459/05) über die Zustimmung gem. § 160 InsO zum Verkauf der Betriebsgrundstücke nichtig ist.
Tatbestand
I.
Am 23.05.2005 beantragte das Finanzamt D die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Bl. 1 d.A.). Mit Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 18.04.2006 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zu 2. zum Insolvenzverwalter ernannt (Bl. 136 ff.d.A.). Ferner wurde Termin zur Gläubigerversammlung, in der auf der Grundlage eines Berichts des Insolvenzverwalters über den Fortgang des Verfahrens beschlossen werden sollte (Berichtstermin), und Termin zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf den 28.06.2006 anberaumt. Des Weiteren heißt es in dem Beschluss: „Der Termin dient zugleich zur Beschlussfassung der Gläubiger über … – gegebenenfalls die Zahlung von Unterhalt aus der Insolvenzmasse (§§ 100, 101 InsO) und die in §§ 149, 159 bis 163 Abs. 2, 271 und 272 InsO bezeichneten Gegenstände …”. Die entsprechende Passage des Beschlusses wurde mit diesem Wortlaut auch öffentlich bekannt gemacht (Bl. 148 d.A.). Mit Schriftsatz vom 08.06.2006 überreichte der Beteiligte zu 2. die Tabelle gem. § 175 InsO und die bislang eingegangenen Forderungsanmeldungen, u.a. auch die des Beteiligten zu 1., des Geschäftsführers der Schuldnerin (Bl. 178 ff.d.A.). Zur Vorbereitung der ersten Gläubigerversammlung erstattete der Beteiligte zu 2. mit Schriftsatz vom 12.06.2006 Bericht (Bl. 185 ff.d.A.). Darin teilte er u.a. mit, dass es ihm zwischenzeitlich zusammen mit der Beteiligten zu 3. als absonderungsberechtigter Grundpfandrechtsgläubigerin gelungen sei, für das Betriebsgrundstück, den wesentlichen Vermögenswert der Schuldnerin, eine Erwerberin und zwar die S. GmbH i.G. zu finden, die das auf dem Grundstück befindliche Pflegeheim in Eigenregie betreiben wolle. Die alleinige Gesellschafterin sei Frau H, die das Pflegeheim bereits leite und ehemalige, aber nicht rechtskräftig von den übrigen Gesellschaftern ausgeschlossene Gesellschafterin der Schuldnerin sei. Der vereinbarte Kaufpreis betrage 1 560 000,00 Euro. Ferner schlug der Beteiligte zu 2. der Gläubigerversammlung die Beschlussfassung vor, dem vor dem Notar Dr. P. geschlossenen Grundstückskaufvertrag zuzustimmen.
Darüber hinaus teilte er unter Vorlage der Tabelle gem. § 175 InsO (Bl. 214 ff.d.A.) mit, dass 16 Gläubiger Forderungen in Höhe von insgesamt 3 896 335,69 Euro angemeldet hätten. Am 28.06.2006 fand die erste Gläubigerversammlung statt, an der die Beteiligten zu 1. bis 3. teilnahmen (Bl. 221 ff.d.A.). Der Beteiligte zu 2. beantragte darin die Zustimmung der Gläubigerversammlung zur Veräußerung des Betriebsgrundstücks. Der Beteiligte zu 1. äußerte hierzu, dass der Kaufpreis zu niedrig sei; der Verkehrswert sei weitaus höher; es handle sich um eine Vermögensverschleuderung. Der Beteiligte zu 1. fragte an, ob ein Verkehrswertgutachten vorliege. Hierzu äußerte sich der Beteiligte zu 2. nicht.
Das Amtsgericht beschloss in dem Termin, nachdem die Forderungen des Beteiligten zu 1. und der Beteiligten zu 3. gegenseitig bestritten worden waren, dass dem Beteiligten zu 1. wegen der zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen ein Stimmrecht in Höhe von insgesamt 489 031,00 Euro (50 % der angemeldeten Forderung) zustehe und die Vermutung bestehe, dass zumindest die Forderung in Höhe von 429 843,08 Euro mit hoher Wahrscheinlichkeit Eigenkapitalersatzcharakter habe und damit nachrangig i.S.v. § 39 InsO wäre. Einwände hiergegen wurden nicht erhoben. Der Beteiligten zu 3. wurde ein Stimmrecht in Höhe von 814 462,73 Euro zugestanden, woraufhin der Beteiligte zu 1. erklärte, Rechtsmittel einzulegen. Die Beteiligte zu 3. stimmte für den Verkauf des Betriebsgrundstücks, der Beteiligte zu 1. stimmte dagegen. Daraufhin wurde durch das Amtsgericht festgestellt, dass die Gläubigerversammlung die Zustimmung gem. § 160 InsO zum Verkauf erteilt hat. Der Beteiligte zu 1. erklärte daraufhin, dass er die Abstimmung für unrechtmäßig halte und die Gläubigergemeinschaft durch den zu niedrigen Kaufpreis insgesamt benachteiligt werde. Ferner legte er Widerspruch bezüglich der Forderung der Beteiligten zu 3. ein.
Mit Schreiben des Amtsgerichts vom 30.06.2006 wurde der Beteiligte zu 1. aufgefordert, mitzuteilen, ob seine Äußerung in der Gläubigerversammlung zum Verkauf des Betriebsgrundstücks als Antrag gem. § 78 InsO auszulegen sei (Bl. 233 d.A.). Mit Schreiben vom 12.07.2006 (Bl. 242 ff.d...