Verfahrensgang
AG Hamm (Beschluss vom 16.08.1985; Aktenzeichen 21 N 192/85) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin nach einem Gegenstandswert von 30.000,-- DM.
Gründe
Mit Schreiben vom 25.07.1985 hat der seinerzeitige Geschäftsführer der Firma Q… GmbH, S…, beantragt, das Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft wegen Zahlungseinstellung und Überschuldung zu eröffnen. Mit Schreiben vom 29.07.1985 der Gesellschafter wurde der Geschäftsführer entlassen.
Mit Schreiben vorn 05.08.1985 meldete sich als neuer Geschäftsführer der Firma Q… Herr F… und erklärte gegenüber dem Amtsgericht, der Konkursantrag werde von ihm mit sofortiger Wirkung zurückgezogen.
Mit Schreiben vom 06.08.1985 legte der frühere Geschäftsführer S… entsprechend einer Aufforderung des Amtsgerichts vom 30.07.1985 eine Übersicht über die Vermögensmasse der Gesellschaft im Zeitpunkt seines Antrags auf Konkurseröffnung vor.
Das Amtsgericht hat am 16.08.1985 mit dem angefochtenen Beschluß ein allgemeines Veräußerungsverbot über das Vermögen der Firma Q… erlassen.
Mit seinem “Einspruch” vom 29.08.1985 gegen diesen Beschluß beruft sich der neue Geschäftsführer auf die von ihm erklärte Rücknahme des Konkursantrags.
Der als sofortige Beschwerde geltende “Einspruch” ist gemäß § 73 Abs. 3 KO zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Beschluß ist gemäß § 106 Abs. 1 Satz 3 KO zu Recht ergangen.
Allerdings ist Voraussetzung für ein Veräußerungsverbot im Rahmen von § 106 KO, daß ein zulässiger Konkursantrag -noch-vorliegt (vgl. Böhle-Stamschräder-Kilger, § 106 Anm. 1).
Diese Voraussetzung ist aber durch den Antrag des früheren Geschäftsführers S… gegeben und duch die Erklärung des neuen Geschäftsführers nicht weggefallen. Zwar kann der Antrag auf Konkurseröffnung bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung zurückgenommen werden (vgl. Böhle-Stamschräder-Kilger, § 103 Anm. 2 m.w.N.). Auch wird der Antrag durch den Geschäftsführer für die GmbH gestellt (vgl. Scholz-Schmidt, GmbH-Gesetz, § 63 Anm. 18 und 20) und kann demzufolge für die GmbH nur vom Geschäftsführer zurückgenommen werden.
Der von einem Geschäftsführer gestellte Konkursantrag kann aber nicht von einem späteren Geschäftsführer zurückgenommen werden.
Für den Fall, daß einer von mehreren Geschäftsführern den Konkursantrag stellt und ein anderer gleichzeitig amtierender Geschäftsführer diesen Antrag zurücknehmen will, ist anerkannt, daß der Antragsrücknahme keine Wirkung zukommt (vgl. LG Tübingen, KTS 1961, 158; Scholz-Schmidt, § 63 Anm. 20; Jaeger KO, 8. Aufl., §§ 207, 208 Anm. 22).
Gleiches gilt, wenn der den Konkursantrag stellende Geschäftsführer abgelöst wird und sein Nachfolger den Antrag zurücknehmen will.
Das Kammergericht hat diese Frage in einem Beschluß vom 13.05.1965 offengelassen (KG NJW 1965, 2157 ff., 2159).
Jaeger (KO, 8. Aufl., §§ 207, 208 Anm. 22) meint, daß mit dem Widerruf der Bestellung des antragstellenden Geschäftsführers eine Rücknahme des Konkursantrags durch die übrigen Geschäftsführer möglich werde.
Nach Ansicht der Kammer ist dagegen weder durch die Abberufung des Geschäftsführers, der den Konkursantrag gestellt hat, noch durch die Neubestellung eines anderen Geschäftsführers die Möglichkeit geschaffen, den Konkursantrag eines Geschäftsführers durch einen anderen (neuen) Geschäftsführer zurückzunehmen.
Die Pflicht zur Stellung des Konkursantrags besteht für den Geschäftsführer nach § 64 GmbH-Gesetz persönlich und auch im öffentlichen Interesse (vgl. Hachenburg-Ulmer, § 64 Anm. 1).
Selbst entgegenstehende Weisungen können den Geschäftsführer nicht von dieser persönlichen Verpflichtung befreien (vgl. Hachenburg-Ulmer, GmbH-Gesetz, § 64 Anm. 7 und 32; Mentzel-Kuhn-Uhlenbruck, 9. Aufl., Vorbemerkung D 14 vor § 207; Jaeger KO, 8. Aufl., §§ 207, 208 Anm. 22).
Deshalb kann der Wechsel im Amt des Geschäftsführers nicht die Möglichkeit der Rücknahme des Konkursantrags durch einen neuen Geschäftsführer begründen. Der durch § 64 GmbH-Gesetz angestrebte Zweck würde gefährdet, wenn man die Rücknahme des Konkursantrags durch den Nachfolgegeschäftsführer für wirksam halten wollte.
Der neue Geschäftsführer kann im Rahmen der Prüfung des Konkursgerichts nach § 105 Abs. 2 KO, ob Konkursreife gegeben ist, darlegen, daß die sonstigen Voraussetzungen der Konkurseröffnung nicht gegeben sind. Diese Möglichkeiten für den neuen Geschäftsführer im Rahmen der Amtsermittlung des Konkursgerichts sind als ausreichend anzusehen. Denn mit dem Bestand des Konkursantrags ist noch nicht über die Konkurseröffnung entschieden und die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung aus § 64 GmbH-Gesetz durch einen Geschäftsführer darf nicht durch den Wechsel der Person des Geschäftsführers und gegenteilige Erklärungen eines späteren Geschäftsführers hinfällig werden.
Die sofortige Beschwerde war deshalb zurückzuweisen. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1 ZPO, 35 GKG, 3 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1685700 |
ZIP 1985, 1341 |