Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerhinterziehung
Verfahrensgang
AG Waldkirch (Beschluss vom 29.03.2000; Aktenzeichen 2 Gs 29/00) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird festgestellt, dass die Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Waldkirch vom 29.03.2000 (AZ: 2 Gs 29/00) betreffend:
- der Wohnung, der Behältnisse und Kraftfahrzeuge sowie der Person des Beschuldigten
- die Geschäftsräume, Behältnisse und Kraftfahrzeuge der Firma … GmbH (Steuerberatung)
- die Wohnräume, der Behältnisse und Kraftfahrzeuge H.
- die Geschäftsräume der Volksbank … und
- die Geschäftsräume der Sparkasse …
rechtswidrig sind.
Die weitergehende Beschwerde wird als unbegründet zurückgewiesen.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie den notwendigen Auslagen des Beschuldigten trägt die Staatskasse die Hälfte.
Tatbestand
I.
Die Straf- und Bußgeldsachenstelle des Finanzamtes … leitete am 31.03.1999 ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wegen des Verdachts der vorsätzlichen Einkommen-, Gewerbe-, Umsatz- und der Vermögenssteuer für den Zeitraum von 1992–1997 ein, das in der Folgezeit wiederholt auf weitere Tatzeiten und Steuerarten erweitert wurde.
Nachdem im Zuge der von der Steuerfahndungsstelle durchgeführten Ermittlungen der Beschuldigte in Verdacht geraten war, in den Jahren 1995–1997 in mindestens 136 Fällen durch nachträgliches Anbringen eines Stempels auf fremde Rechnungen sich zu der ihm zur Last gelegten Umsatzsteuerhinterziehung einer tateinheitlich begangenen Urkundenfälschung schuldig gemacht zu haben, stellte die Straf- und Bußgeldsachenstelle des Finanzamtes … unter dem 29.03.2000 beim zuständigen Amtsgericht Waldkirch den Antrag auf Erlass von Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüssen bei dem Beschuldigten, bei seinem Steuerberater, seiner Schwiegermutter sowie bei zwei Banken.
Das Amtsgericht Waldkirch hat am selben Tag antragsgemäß entschieden.
Auf die Begründung der Beschlüsse wird Bezug genommen.
Mit der Beschwerde vom 28.04.2000 wendet sich der Beschuldigte gegen die erlassenen Beschlüsse und trägt vor, diese seien deswegen rechtswidrig, weil sie in fehlerhafter Weise auf den Antrag der Straf- und Bußgeldsachenstelle des Finanzamtes … ergangen seien, die zur Antragstellung nicht befugt gewesen sei. Deren gem. § 386 Abs. 2 AO bestehende selbständige Ermittlungskompetenz sei wegen des nunmehr aufgekommenen Verdachts der Urkundenfälschung entfallen, weshalb die Steuerbehörde die Akten der Staatsanwaltschaft zur weiteren Entschließung hätte vorlegen müssen. Das Amtsgericht hätte somit die Anträge auf Erlass der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse als unzulässig zurückweisen müssen, weshalb nunmehr auf die Beschwerde hin die Beschlüsse aufzuheben und die beschlagnahmten Unterlagen an die Berechtigten herauszugeben seien.
Die Straf- und Bußgeldsachenstelle des Finanzamtes … hat in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Urkundenfälschung zum Zweck der Vorsteuererschleichung begangen worden sei, weshalb von „strafprozessualer, tateinheitlicher Urkundenfälschung mit versuchter/beendeter Steuerhinterziehung im Sinne von § 264 StPO” ausgegangen werden müsse. Die Finanzbehörde dürfe nach der Entscheidung des BGH im 36. Band, S. 285 die nicht-steuerliche Straftat insoweit ermitteln, als sie der Ermittlung der Steuerstraftat diene. Eine vorherige Abgabe an die Staatsanwaltschaft sei nicht vorausgesetzt.
Die von der Wirtschaftsstrafkammer zur Stellungnahme aufgeforderte Staatsanwaltschaft hat mit Verfügung vom 12.07.2000 im Ergebnis die Rechtsauffassung der Straf- und Bußgeldsachenstelle des Finanzamtes … geteilt und ergänzend ausgeführt, dass diese als Herrin des Steuerstrafverfahrens den Antrag vornehmlich auf § 370 AO gestützt und die Anträge nur zusätzlich mit dem Verdacht der aufgekommenen Urkundenfälschung begründet habe. Eine Kompetenzüberschreitung des Finanzamtes bei Antragstellung liege nicht vor, weil bei tateinheitlich mit Steuerdelikten begangenen allgemeinen Straftaten die selbständige Ermittlungskompetenz und damit auch die Antragskompetenz gem. § 386 AO erhalten bliebe.
Außerdem entspräche die Praxis des Verbleibs der Ermittlungs- und folgerichtig auch der Antragskompetenz bei der Finanzbehörde bei tateinheitlichem Steuerdelikt und Urkundenfälschung einer mit dieser und der Staatsanwaltschaft getroffenen, im badischen Landesteil einheitlich getroffenen Absprache.
Sollte im übrigen der Antrag die Kompetenz der Steuerbehörde überschritten haben, so berühre dies nicht die Rechtsmäßigkeit der Beschlüsse des Amtsrichters.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Auch nach erfolgter Durchsicht der sichergestellten Urkunden gem. § 110 StPO und somit nach Beendigung der Durchsuchung ist die Beschwerde mit dem Ziel der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Beschlüsse zulässig (BVerfG, NJW 1997, 2163).
Insbesondere ist neben der Staatsanwaltschaft (siehe Müller in KMR, Rdnr. 8 zu § 165) auch der Beschuldigte beschwert. Aus dem Anspruch auf Durchführung eines j...