Verfahrensgang

AG Göttingen (Beschluss vom 03.07.2008; Aktenzeichen 74 IN 413/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis zu 1 200,00 EUR

 

Gründe

Mit Beschluss vom 08.01.2003 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und die Rechtsanwältin G. in J. zur Insolvenzverwalterin bestellt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat die Schuldnerin beantragt, ihr die Restschuldbefreiung zu erteilen.

Die Schuldnerin ist Eigentümerin des im Grundbuch von K. eingetragenen Grundstücks L., das sie gemeinsam mit ihrem Ehemann bewohnt. Die oben genannte Gläubigerin hat die Zwangsversteigerung des Grundstücks beantragt, die Insolvenzverwalterin hat am 19.07.2007 das Grundstück aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben. Nachdem im vorliegenden Verfahren die Insolvenzmasse verwertet worden ist, hat das Amtsgericht für die Beendigung des Verfahrens das schriftliche Verfahren angeordnet und mit Beschluss vom 02.05.2008 den Gläubigern eine Frist bis zum 26.06.2008 gesetzt, um Einwendungen gegen die Ankündigung der Restschuldbefreiung vorzubringen. Innerhalb dieser Frist hat die Gläubigerin beantragt, der Schuldnerin die Restschuldbefreiung zu versagen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Schuldnerin habe mit Vertrag vom 01.01.2008 das Grundstück an ihren Ehemann vermietet. Der Mietvertrag sei so ausgestaltet, dass der Ehemann durch eine Mietvorauszahlung auf eine Zeit von mindestens vier Jahren unkündbar das Nutzungsrecht an der gesamten Immobilie erhalte. Damit sei eine Verwertung der Immobilie und daraus folgend die Befriedigung der Gläubiger nach dem Willen der Schuldnerin auf mehrere Jahre blockiert. Die Schuldnerin habe zudem die Insolvenzverwalterin über die aus dem Mietvertrag resultierende Mietvorauszahlung von behaupteten 100 000,00 EUR nicht informiert.

Mit Beschluss vom 03.07.2008 hat das Amtsgericht den Antrag der Gläubigerin auf Versagung der Restschuldbefreiung zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der von der Gläubigerin dargelegte Sachverhalt falle nicht unter die in § 290 Abs. 1 Nr. 16 InsO aufgeführten Versagungsgründe. Da die Insolvenzverwalterin das Grundstück freigegeben habe, sei es nicht mehr massezugehörig und werde nicht mehr vom Insolvenzverfahren erfasst.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Gläubigerin mit der sofortigen Beschwerde.

Die Schuldnerin hat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens dargelegt, sie habe in der Vergangenheit zahlreiche „Sonderwünsche” in Bezug auf das Haus und Grundstück gehabt. Die daraus resultierenden Zahlungen habe ihr Ehemann geleistet, dabei jedoch klargestellt, dass diese Zahlungen nur darlehensweise erfolgten. Da sie, die Schuldnerin seinerzeit sicher gewesen sei, aus ihren geschäftlichen Aktivitäten das Geld zurückzahlen zu können, habe sie der Rückzahlungsverpflichtung zugestimmt. Aufgrund dieser Darlehensvereinbarung schulde sie ihrem Ehemann einen Betrag von mindestens 100 000,00 EUR. Mit dem Mietvertrag habe sie ihrem Ehemann das Recht eingeräumt, in der Mietsache durch Auf- bzw. Verrechnung solange zahlungsfrei zu wohnen, bis das Darlehen einschließlich Zinsen vollständig zurückgeführt worden sei.

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist gemäß §§ 6 Abs. 1, 289 Abs. 2 InsO zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Der von der Gläubigerin vorgetragene Sachverhalt, den die Schuldnerin im Beschwerdeverfahren näher dargelegt hat, fällt nicht unter die Versagungstatbestände des § 290 Abs. 1 Nr. 16 InsO.

In Betracht kommen hier ohnehin nur die § 290 Abs. 1 Nr. 4 und 5 InsO aufgeführten Versagungsgründe, die jedoch die Gläubigerin im Ergebnis nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht hat.

Nach § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO ist die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn der Schuldner im letzten Jahr vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, dass er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet hat. Die Investitionen der Schuldnerin an dem Haus und Grundstück fallen nicht unter diese Voraussetzung, denn ausweislich den von der Schuldnerin vorgelegten Rechnungen fand die letzte bauliche Maßnahme, für die sie ein Darlehen ihres Ehemannes erhielt, im Jahr 1997 statt, lag mithin mehr als ein Jahr vor dem Insolvenzantrag. Auch die Verrechnung des Mietzinses mit den Ansprüchen ihres Ehemannes auf Rückzahlung des Darlehens erfüllt nicht den Tatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO. Zwar stehen der Schuldnerin die Mieteinnahmen auf diese Weise nicht zur Verfügung. Unter den Begriff der Verschwendung ist dieses Verhalten indes nicht zu subsumieren. Da die Insolvenzverwalterin das Grundstück aus der Insolvenzmasse freigegeben hat, darf die Schuldnerin über das Grundstück verfügen, das heißt, sie darf Mietverträge schließen und den daraus erzielten Mietzins einnehmen. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Schuldneri...

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