Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechtigung des vorläufigen Insolvenzverwalters zum Widerspruch im Einzugsverfahren erfolgter Lastschriften bei Personenidentität zwischen Zahlungsempfänger und Zahlungspflichtigem
Normenkette
InsO § 21 Abs. 2 Nr. 1, § 60
Verfahrensgang
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatz auf der Grundlage von § 60 InsO.
Die Klägerin führte für die seit dem 29. Dezember 2008 aufgrund des Antrages vom 13. Oktober 2008 (s. Anlage B 9) insolvente B.D. und M. GmbH das Girokonto mit der Nr. …. mit einer Kreditlinie von EUR 550.000,–. Der Beklagte wurde am 16. Oktober 2008 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin bestellt (s. Anlage K 1). Er erstellte in diesem Zusammenhang den Zwischenbericht gemäß Anlage B 2 und bat unter dem 17. Oktober 2008 die Klägerin darum, keine Lastschriften mehr zuzulassen (Anlage K 2); die Klägerin kündigte die Geschäftsverbindung zur Insolvenzschuldnerin mit Schreiben vom 21. Oktober 2008. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Schuldsaldo EUR 533.454,96 (Anlage K 3).
In der Zeit vom 24. Oktober bis 31. Oktober 2008 ließ der Beklagte Lastschriften der Insolvenzschuldnerin retournieren (s. Anlage B 5), die deren Geschäftsführer im Wege der so genannten Umbuchungslastschrift aufgrund einer Vereinbarung aus dem Jahr 2006 bei der Klägerin als Inkassostelle zum Einzug von eigenen Konten bei der D. Bank, der H… sowie der P. eingereicht hatte (s. dazu Klagschrift S. 4/5 mit den Anlagen K 4 und B 12). Aufgrund des Widerspruchs des Beklagten wurden die Beträge in Höhe von insgesamt EUR 457.142,49 den jeweiligen Zahlstellen wieder gutgeschrieben (s. Anlagen B 6, B 7). Die Insolvenzschuldnerin wollte aus den eingenommenen Beträgen die Verpflichtungen aus Vereinbarungen mit Gläubigern vom Konto bei der Klägerin erfüllen (s. dazu auch Anlage B 8).
Die Insolvenzschuldnerin litt jedenfalls seit 2006/2007 unter Umsatzrückgängen und legte ihre Abschlüsse regelmäßig der Klägerin vor (s. Anlage B 1); sie hatte deswegen verschiedene Unternehmensberatungsgesellschaften eingeschaltet (Anlage K 6).
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe der zurückgezahlten Lastschrifteinzüge in Anspruch.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte hafte ihr insoweit als ehemaliger vorläufiger Insolvenzverwalter gemäß § 60 InsO, denn er habe, ohne dazu berechtigt zu sein, die Lastschriften rückgängig gemacht, was schon technisch bedingt bedeute, dass die eingezogenen Beträge an die Zahlstellen zurückfließen müssten, ohne dass sie – die Klägerin – dieses hätte verhindern können.
Der Beklagte habe nämlich die ihr gegenüber – einer Verfahrensbeteiligten im Sinne von § 60 InsO – schuldhaft gegen insolvenzspezifische Pflichten verstoßen, als er die Rücklastschriften veranlasst habe; ein Recht insoweit sei nicht erkennbar und ergebe sich weder aus gesetzlichen Bestimmungen noch bisherigen Rechtsprechungsgrundsätzen, zumal hier das so genannte Valutaverhältnis fehle, innerhalb dessen Verbindlichkeiten seitens des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht mehr erfüllt werden dürften. Ein Widerspruchsrecht komme auch deswegen nicht in Betracht, weil – ähnlich der Anweisungslastschrift – die Insolvenzschuldnerin durch die Anweisung zur Einreichung der Lastschrift erklärt habe, mit der Belastung ihres Kontos bei der Zahlstelle einverstanden zu sein, so dass hier von einem unberechtigten Zugriff eines Gläubigers auf das Schuldnerkonto nicht die Rede sein könne. Da aber der Verwalter keine weitergehenden Rechte als der Insolvenzschuldner habe, dürfe auch der Beklagte ein Widerrufsrecht nicht geltend machen.
Im Übrigen seien die Umbuchungslastschriften für die künftige Masse neutral gewesen, weil es sich um eine Verschiebung von Vermögen im Bereich der Insolvenzschuldnerin gehandelt habe.
Der Beklagte habe durch seine schuldhafte Pflichtverletzung einen Schaden in Klaghöhe bei ihr verursacht. Das Debet habe sich in dieser Höhe vergrößert und keinesfalls hätte der eingezogene Betrag wegen der zwischenzeitlich seitens des Beklagten erhobenen Insolvenzanfechtung an die Masse gezahlt werden müssen, weil die Voraussetzungen insoweit nicht gegeben seien (s. dazu Schriftsätze vom 13. Oktober 2009, S. 9-14 mit der Anlage K 5 und vom 9. Februar 2010 S. 4-7 sowie S. 11-14).
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 457.142,49 nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit (24. März 2009) Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin auf Auszahlung der Insolvenzquote für die im Insolvenzverfahren über das Vermögen der B.D. und M. GmbH (Amtsgericht Reinbek, Aktenzeichen ...