Leitsatz (amtlich)

1. Der durch ein bevollmächtigtes Inkassounternehmen gestellte Antrag gemäß § 290 Abs. 1 InsO, die Restschuldbefreiung zu versagen, ist wegen Verstosses gegen § 1 Abs. 1 S. 1 RberG unwirksam.

2. Das gilt auch dann, wenn es sich um ein Inkassounternehmen mit Sitz in Lichtenstein handelt, das für einen Gläubiger mit Sitz in der Schweiz tätig wird.

3. Die dem in Liechtenstein ansässigen Inkassounternehmen durch den schweizer Gläubiger erteilte Vollmacht ist als Prozessvollmacht für das deutsche gerichtliche Insolvenzverfahren, §§ 4lnsO, 78 ff ZPO, unwirksam, weil die der Erteilung der Vollmacht zugrundeliegende Vereinbarung gemäss §§ 1 Abs. 1 S. 1 RberG, 134 BGB insoweit nichtig ist und die Nichtigkeit auf die Vollmacht durchschlägt.

 

Verfahrensgang

AG Kiel (Beschluss vom 17.01.2006; Aktenzeichen 24 IK 182/04)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Amtsgericht wird angewiesen, dem Schuldner die Restschuldbefreiung nicht auf der Grundlage des dahingehenden Antrages der … zu versagen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die … AG nach einem Wert von 3.137,70 EUR zu tragen.

 

Gründe

Der Schuldner wendet sich mit der Beschwerde gegen die Versagung der Restschuldbefreiung, die von der Gläubigerin, einer in der Schweiz ansässigen Bank, beantragt worden ist, wobei diese Bank durch eine in Liechtenstein ansässige Inkassogesellschaft vertreten wurde. Weitere Gläubigeranträge auf Versagung der Restschuldbefreiung liegen, soweit ersichtlich, nicht vor.

Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist gem. §§ 289 Abs. 2, 6, 4 InsO, 567, 569 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Zwar ist durchaus in Betracht zu ziehen, dass der Schuldner durch Angaben im Kreditantrag an die Gläubigerin i.S. des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO grob fahrlässig gehandelt hat.

Dessen ungeachtet hat die Gläubigerin keinen wirksamen, für die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. l InsO erforderlichen Antrag gestellt. Die der Tätigkeit der Inkassogesellschaft zugrunde liegende Prozessvollmacht ist unwirksam, soweit sie darauf gerichtet ist, die Inkassogesellschaft zur Vornahme von Verfahrenshandlungen im deutschen gerichtlichen Insolvenzverfahren zu ermächtigen. Der durch die in Liechtenstein ansässige Inkassogesellschaft gestellte Antrag ist wegen Verstosses gegen § 1 Abs. l Satz 1 des Rechtsberatungsgesetzes unwirksam. Die Unwirksamkeit der der Bevollmächtigten der Gläubigerin erteilten Prozessvollmacht für Verfahrenshandlungen im deutschen gerichtlichen Insolvenzverfahren folgt aus dem Umstand, dass die der Vollmachtserteilung zugrunde liegende Vereinbarung der Vertretung der Gläubigerin durch ihre Liechtensteiner Bevollmächtigte „im Insolvenzverfahren” nichts daran ändert, dass der Bevollmächtigten diese Tätigkeit nach deutschem Recht nicht erlaubt ist. Das Rechtsberatungsgesetz macht die Tätigkeit von nicht-anwaltlichen Rechtsbesorgern von einer gesonderten Erlaubnis abhängig. Dieses Erfordernis gilt für in – und ausländische Rechtsbesorger. Eine Erlaubnis kann gemäß § 1 Abs1 Nr5 RberG im Inkassobereich überdies nur für aussergerichtliche Tätigkeiten erteilt werden, nicht dagegen für die Vertretung im gerichtlichen Insolvenzverfahren. Ob und inwieweit die Tätigkeit der Bevollmächtigten im gerichtlichen Insolvenzverfahren dem Bereich der überhaupt nur erlaubnisfähigen Forderungseinziehung zuzurechnen ist, kann somit dahinstehen.

Die Bevollmächtigte ist nicht im Besitz einer Erlaubnis nach dem RberG. Verstossen die im Innenverhältnis getroffenen Vereinbarungen, hier der der Bevollmächtigten erteilte Auftrag, im inländischen Insolvenzverfahren tätig zu werden, gegen ein Verbotsgesetz, insbesondere das RberG, sind sie gemäß § 134 BGB nichtig und erstreckt sich die Nichtigkeit auf die Prozessvollmacht (Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. vor § 78 Rz. 9).. Die Wirksamkeit der Prozessvollmacht ist nach deutschem Recht zu beurteilen, auch wenn sie im Ausland erteilt worden ist (Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Auflage § 80 Rz 2, 3; BGH NJW 90, 3088; BGHZ 40, 197, 203). Nach schweizer oder liechtensteinischem Recht wirksam getroffene Vereinbarungen und erteilte Vollmachten führen nicht dazu, dass nach dem RberG erlaubnisabhängige oder nicht erlaubnisfähige Tätigkeiten im Geltungsbereich des RberG erlaubnisfrei werden. Es geht in diesem Zusammenhang um eine Prozessvollmacht gem. §§ 4 InsO, 78 ff ZPO. Der Beschluss der Kammer vom 14.11. 2005 (13 T 183/05) hatte demgegenüber die der Bevollmächtigten erteilte rechtsgeschäftliche Vollmacht zum Gegenstand. Deren Wirksamkeit und die Wirksamkeit der der Vollmachtserteilung zugrunde liegenden Vereinbarung zwischen der Inkassobevollmächtigten und der Gläubigerin nach schweizer und / oder liechtensteinischem Recht sind hiervon unabhängig zu beurteilen und vorliegend nicht in Frage gestellt.

Das Recht der gerichtlichen Forderungsbeitreibung ist durch EuGH AnwBl 97, 114 ff ausdrücklich der nationalen Gesetzgebung vorbehalten worden.

Soweit i.ü. § 49 des EG- Vertrages...

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