Tenor
Das Verfahren über die Beschwerde wird ausgesetzt.
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird nach Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EGV) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Sind die Art. 43 und 48 EGV dahin auszulegen, dass es im Widerspruch zur Niederlassungsfreiheit für Gesellschaften steht, wenn einer ausländischen europäischen Gesellschaft die Eintragung ihrer angestrebten Verschmelzung mit einer deutschen Gesellschaft in das deutsche Handelsregister gemäß den §§ 16 ff. Umwandlungsgesetz (UmwG) versagt wird, weil § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG nur eine Umwandlung von Rechtsträgern mit Sitz im Inland vorsieht?
Tatbestand
Zwischen der … mit Sitz in Neuwied und der … mit Sitz in Luxemburg wurde ein Verschmelzungsvertrag geschlossen, in dem vereinbart wurde, dass die … ihr Vermögen als Ganzes unter Auflösung ohne Abwicklung gem. Art. 274 des luxemburgischen Gesetzes vom 10. August 1915 über die Handelsgesellschaften, § 2 Nr. 1 UmwG der Bundesrepublik Deutschland auf die überträgt. Die Firma der übernehmenden Gesellschaft sollte nicht geändert werden.
Das Amtsgericht Neuwied hat den Antrag auf Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister mit der Begründung zurückgewiesen, § 1 Nr. 1 UmwG sehe lediglich Verschmelzungen von Rechtsträgern mit dem Sitz in Inland vor.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel ist nach § 19 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) zulässig. Die Entscheidung hierüber ist jedoch auszusetzen. Entscheidungserheblich ist nämlich die Frage der Auslegung der Art. 43 und 48 EGV, so dass nach Art. 234 EGV eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu erfolgen hat.
Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG können nur Rechtsträger mit Sitz im Inland durch Verschmelzung umgewandelt werden.
Eine Auffassung in der Literatur versteht diese Norm so, dass es ausreiche, wenn einer der an der Umwandlung beteiligten Rechtsträger seinen Sitz im Inland hat (Kalimeyer, UmwG, 2. Aufl., § 1 Rdnr. 13). Bei einer grenzüberschreitenden Umwandlung sei auf den beteiligten Rechtsträger mit Sitz im Inland deutsches Recht, für den beteiligten Rechtsträger mit Sitz im Ausland hingegen das ausländische Recht anzuwenden (Kallmeyer, a.a.O., Rdnr. 12). i
Nach anderer Meinung ist diese Norm hingegen dahin auszulegen, dass § 1 Abs. 1 UmwG zwar kein Verbot grenzüberschreitender Umwandlungen enthalte, der Anwendungsbereich des Umwandungsgesetzes aber auf Rechtsträger mit Sitz im Inland beschränkt sei (Lutter, UmwG, 2. Aufl., § 1 Rdnr. 6;, Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, 3. Aufl., B 27 und 31; Semler/Stengel, UmwG 2003, Einleitung A Rdnr. 104). Das Umwandlungsgesetz regele die grenzüberschreitenden Fälle weder positiv noch negativ, sondern klammere sie bewusst und betont aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes aus (Lutter, a.a.O.; Semler/Stengel, a.a.O., Rdnr. 110). Hintergrund dessen sei, dass der Gesetzgeber angesichts zu erwartender politischer und rechtstechnischer Schwierigkeiten Bemühungen der europäischen Union um eine Regelung grenzüberschreitender Vorgänge nicht habe vorgreifen wollen (Sagasser/Bula/Brünger, a.a.O., B 25; Semler/Stengel, a.a.O.).
Angesichts des Analogieverbotes des § 1 Abs. 2 UmwG könnten Umwandlungen grenzüberschreitender Art somit nur außerhalb des Umwandlungsgesetzes erfolgen.
Nach wiederum anderer Ansicht ist die Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG unvereinbar mit Art. 43 und 48 EGV (Dorr/Stukenborg, DB 2003, 647; Lennerz: Die internationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften, Köln 2ool, S. 66 ff.; Lutter, a.a.O., Rdnr. 10). Die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EGV, die nach Art. 48 EGV auch für Gesellschaften gilt, verlange die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen.
Die Rechtsprechung hat die Hineinverschmelzung ausländischer Rechtsträger in der Vergangenheit für nicht zulässig erachtet (OLG Zweibrücken, NJW 1990, 3092; BayObLG NJW-RR 1999, 4ol). In jüngerer Zeit wurden aber zwei Verschmelzungen von ausländischen Gesellschaften auf eine deutsche Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen (Amtsgericht Düsseldorf mit Verfügung vom 05. und 25. März 2003, zitiert bei Dorr/Stukenborg, a.a.O.).
Die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EGV gibt in Verbindung mit Art. 48 EGV Gesellschaften das Recht, in einem anderen Mitgliedsstaat als ihrem Heimatstaat eine dauernde selbständige Tätigkeit zu den gleichen Bedingungen wie Inländer auszuüben (Diskriminierungsverbot). Die Aufnahme einer solchen wirtschaftlichen Tätigkeit setzt voraus, dass die Gesellschaft nicht gehindert wird, ihren Herkunftsstaat zu verlassen und sich im Aufnahmestaat niederzulassen. Die damit beschriebene Freiheit der Standortwahl wird durch das Beschränkungsverbot geschützt, das nach Art. 43 Abs. 1 S. 2 EGV ebenfalls für die Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften gilt.
Auch wenn im Fall einer gre...