Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit eines erneuten Insolvenzantrags bei Versagung einer Restschuldbefreiung nach Ablauf von drei Jahren seit Rechtskraft der Entscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird dem Schuldner gemäß § 298 InsO die Restschuldbefreiung versagt, ist ein erneuter Insolvenzantrag des Schuldners, um doch noch Restschuldbefreiung zu erlangen, erst nach Ablauf von drei Jahren seit Rechtskraft der Entscheidung nach § 298 InsO zulässig (entgegen LG Kiel v. 18.06.2010 – 13 T 109/10).

 

Normenkette

InsO §§ 298, 290 Abs. 1 Nr. 3 analog § 298, Nr. 3

 

Verfahrensgang

AG Lübeck (Beschluss vom 14.12.2010; Aktenzeichen 53 a IK 479/10)

BGH (Entscheidung vom 21.01.2010; Aktenzeichen IX ZB 174/09)

BGH (Entscheidung vom 16.07.2009; Aktenzeichen IX ZB 219/08)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Schuldner nach einem Wert von bis zu 300,– EUR.

 

Tatbestand

I.

Der Schuldner, der einem Kind unterpflichtig ist, begehrt die Durchführung eines erneuten Insolvenzverfahrens, um doch noch Restschuldbefreiung erlangen zu können.

Dem Schuldner war im Verfahren 53 a IK 509/07 des Amtsgerichts Lübeck die Restschuldbefreiung angekündigt worden. Diese wurde ihm jedoch wegen Nichtzahlung der Mindestvergütung mit Beschluss vom 28. Juli 2010 gemäß § 298 InsO versagt. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg (Beschluss der Kammer vom 27.08. 2010, 7 T 410/10).

Über die Schuldnerberatung der Hansestadt Lübeck stellte der Schuldner daraufhin am 08. November 2010 einen erneuten Insolvenzantrag, der mit Anträgen auf Restschuldbefreiung und Stundung der Verfahrenskosten verbunden war. Danach stehen gut 57.000,– EUR Schulden keiner verwertbaren Masse gegenüber, dementsprechend war als außergerichtlicher Einigungsversuch ein sog. flexibler Nullplan vorgelegt worden.

Mit Verfügung vom 12. November 2010 wies der Insolvenzrichter darauf hin, dass für den neuerlichen Antrag das Rechtsschutzbedürfnis fehlen dürfte, weil dieser innerhalb von drei Jahren nach rechtskräftiger Versagung der Restschuldbefreiung gestellt worden sei. Die Grundsätze aus der Entscheidung des BGH vom 18.02.2010 – IX ZA 39/09 dürften auch auf § 298 InsO übertragbar sein.

Die Schuldnerberatung wies daraufhin auf einen Beschluss des Landgerichts Kiel (13 T 109/10 vom 18.06.2010) hin, wonach eine solche entsprechende Anwendung gerade nicht in Betracht komme. Es fehle an einer zu schließenden Regelungslücke. Wegen der Einzelheiten wird auf den vorgenannten Beschluss Bezug genommen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. Dezember 2010 hat das Insolvenzgericht den Antrag des Schuldners als unzulässig abgewiesen. Der BGH habe in mehreren Entscheidungen eine dreijährige Sperrfrist angenommen, wenn dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt worden war. Entgegen LG Kiel sei diese Rechtsprechung auf § 298 InsO übertragbar. Der Schuldner solle das kostspielige und aufwändige Verfahren auch dann nicht sofort wieder in Anspruch nehmen können, wenn es aufgrund eigenen Fehlverhaltens im vorangehenden Verfahren zur Versagung der Restschuldbefreiung gekommen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen, der dem Schuldner am 17. Dezember 2010 zugestellt worden ist.

Der Schuldner selbst hat am 27. Dezember 2010 (sofortige) Beschwerde eingelegt, diese aber entgegen seiner Ankündigung bis heute nicht begründet, weil seine Suche nach einem Anwalt seiner Darstellung nach bislang erfolglos verlaufen sei.

Das Insolvenzgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 34 Abs. 1 InsO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für die hier maßgebliche Problematik fehlt.

In seiner Grundsatzentscheidung vom 16.07.2009 – IX ZB 219/08 hat der BGH (NJW 2009, 3650 ff. [BGH 16.07.2009 – IX ZB 219/08]) in Analogie zu § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO angenommen, dass einem Folgeantrag auf Restschuldbefreiung innerhalb einer Sperrfrist von drei Jahren nach Rechtskraft der die Restschuldbefreiung versagenden Entscheidung das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Das Gesetz enthalte nämlich eine Regelungslücke für den Fall, dass es in dem früheren Verfahren zu einer Verletzung von Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gekommen ist. Diese Rechtsprechung bezog sich zwar im Ausgangspunkt auf Fälle des § 290 Abs. 1 Nr. 5 und 6 InsO, sie sollte zudem im Vorgriff auf eine erwartete gesetzliche Regelung erfolgen. Den Kontrast dazu bildet jedoch die Entscheidung des BGH vom 21.01.2010 – IX ZB 174/09 (NJW-RR 2010, 776), wonach bereits die unterbliebene Stellung eines Antrages auf Restschuldbefreiung im vorangehenden Insolvenzverfahren eine Sperrfrist von (mindestens) drei Jahren ab Eröffnung für einen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung auslöst, wobei als weitere Voraussetzung die Aufhebung des früheren Verfahrens genannt wird. In diesem Falle ist mithin kein unredliches Verhalten des Schuldners Anknüpfungspunkt für eine Sperr...

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