Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit des Rechtspfleger für die Entscheidung über einen Antrag auf Restschuldbefreiung. Statthaftigkeit einer Entscheidung vor dem Schlusstermin. Mindestinhalt der Hinweispflicht auf die Restschuldbefreiung. Nichtbeginn der Frist zur Nachholung des Antrags mangels ordnungsgemäßen Hinweises

 

Normenkette

InsO § 20 Abs. 2, § 287 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Neu-Ulm (Beschluss vom 18.06.2003; Aktenzeichen IN 265/02)

OLG Köln (Entscheidung vom 04.10.2000; Aktenzeichen 2 W 198/00)

 

Tenor

1. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Neu-Ulm vom 18.06.2003 (Zurückweisung des Antrags auf Restschuldbefreiung) und vom 07.07.2003 (Nichtabhilfebeschluss) werden aufgehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über den Antrag der Schuldnerin auf Restschuldbefreiung und über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Amtsgerichts Neu-Ulm zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Schuldnerin stellte mit Schreiben vom 22.10.2002 Insolvenzantrag für das von ihr betriebene Unternehmen. Nach Belehrung mit Verfügung des Gerichte vom 23.10.2002 (Bl. 2 d.A.) beantragte die Schuldnerin mit Schriftsatz vom 28.10.2002 (Bl. 3 d.A.) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr eigenes Vermögen.

Mit Beschluss vom 30.10.2002, auf dessen Inhalt (Bl. 5/6 d.A. Bezug genommen wird, wurde die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und Rechtsanwalt; zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.

Mit weiterem Beschluss vom 17.12.2002, auf dessen Inhalt (Bl. 25/25 d.A.) verwiesen wird, wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt … zum Insolvenzverwalter bestellt.

Auf Grund der am 30.10.2002 ergangenen und am 02.01.2003 erledigten Verfügung des Rechtspflegers zur Verfahrenseröffnung (vgl. Bl. 28/29 d.A.) wurde die Schuldnerin gemäß § 20 Abs. 2 InsO wie folgt belehrt:

„Sie werden gemäß § 20 Abs. 2 InsO darauf hingewiesen, dass Sie nach Maßgabe von §§ 286 bis 3 03 InsO Restschuldbefreiung erlangen können”.

Dieser Hinweis wurde der Schuldnerin gemäß Aktenvermerk vom 02.01.2 003 gemäß § 184 ZPO i.V.m. § 8 InsO durch Aufgabe durch Post zugestellt. Mit einem am selben Tag eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21. Mai 2003, auf dessen Inhalt (Bl. 110/113 d.A.) verwiesen wird, beantragte die Schuldnerin Restschuldbefreiung, hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur rechtzeitigen Stellung des Antrags auf Restschuldbefreiung.

Mit Beschluss vom 18.06.200 3, auf dessen Inhalt (Bl. 125/126 d.A.) Bezug genommen wird, wies das Amtsgericht Neu-Ulm den Antrag der Schuldnerin auf Erteilung der Restschuldbefreiung (einschließlich des Wiedereinsetzungsantrags) als unzulässig zurück.

Gegen diesen ihren Prozessbevollmächtigten am 24.06.2003 zugestellten Beschluss legten diese mit einem am 04.07.2003 eingegangenen Fax-Schreiben, auf dessen Inhalt (Bl. 130/133 d.A.) verwiesen wird, für die Schuldnerin sofortige Erinnerung, hilfsweise sofortige Beschwerde ein.

Das Amtsgericht Neu-Ulm half mit Beschluss vom 07.07,2003, auf dessen Inhalt (Bl. 134/13 5 d.A.) Bezug genommen wird, nicht ab und legte die Akten dem Landgericht Memmingen, Beschwerdegericht zur Entscheidung vor.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß §§ 6, 289 Abs. 2 S. 1 InsO, 577 ff. ZPO, § 11 RPflG statthafte und zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses vom 18.06.2003 sowie des Nichtabhilfebeschlusses vom 07.07.2003.

Das Erstgericht hätte den Antrag der Schuldnerin auf Restschuldbefreiung nicht als unzulässig wegen Verfristung zurückweisen dürfen, da der Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 InsO nicht ordnungsgemäß erfolgte und damit die Frist des § 287 Abs. 1 S. 2 InsO nicht in Lauf gesetzt hat.

1.

Der Rechtspfleger des Insolvenzgerichtes war für die Verwerfung eines Antrags auf Restschuldbefreiung als unzulässig zuständig und durfte über diesen seiner Auffassung nach unzulässigen Antrag bereits vor dem Schlusstermin entscheiden (vgl. OLG Köln, NJW-RR 2001, 417 [OLG Köln 04.10.2000 – 2 W 198/00]; a.A. LG Münster Rechtspfleger 2000, 83).

2.

Nach § 20 Abs. 2 InsO soll der Schuldner als natürliche Person darauf hingewiesen werden, dass er nach Maßgabe der §§ 286 bis 3 03 InsO Restschuldbefreiung erlangen kann. Als Mindestinhalt des Hinweises schreibt diese Bestimmung also nur die Bezugnahme auf die §§ 286 bis 303 vor. In einem Verfahren auf Antrag eines Gläubigers reicht dies aus. Hier wird durch den Hinweis keine Antragsfrist ausgelöst und der Schuldner hat deshalb hinreichend Gelegenheit, sich nach Erhalt des Hinweises über die gesetzlichen

Bestimmungen zur Restschuldbefreiung nähern zu unterrichten. Erfolgt der Hinweis dagegen nach Einreichung eines Eröffnungsantrags des Schuldners (Eigeninsolvenzantrags), so beginnt mit seiner Zustellung die Frist des §§ 287 Abs. 1 S. 2 InsO. Der nach § 20 Abs. 2 InsO zu erfolgende Hinweis kann daher hier seinen Zweck nur erfüllen, wenn er den Schuldner über die Bezugnahme auf die §§ 286 bis 3...

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