Leitsatz (amtlich)

Eine Aufhebung der Stundung der Verfahrenskosten gem. § 4c Nr. 5 InsO vor Versagung der Restschuldbefreiung ist nicht statthaft (a.A. LG Göttingen, ZinsO 2005, 1340).

 

Verfahrensgang

AG Mönchengladbach (Beschluss vom 21.02.2006; Aktenzeichen 19 IN 127/03)

 

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 21.02.2006 wird aufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Der Schuldner beantragte unter dem 26.03.2003 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, die Restschuldbefreiung sowie die Stundung der Verfahrenskosten.

Durch Beschluss vom 26.08.2003 hat das Amtsgericht Mönchengladbach dem Schuldner die Verfahrenskosten für das Eröffnungsverfahren und das Hauptverfahren gestundet und durch nachfolgenden Beschluss vom 02.09.2003 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und Rechtsanwalt Q. zum Insolvenzverwalter bestellt.

Im Juli 2004 nahm der Schuldner eine Tätigkeit in Serbien auf. Ob der Schuldner den Insolvenzverwalter über seinen neuen Wohnsitz informiert hat, ist streitig.

Das Amtsgericht hat dem Schuldner im November 2005 mitgeteilt, dass es beabsichtige, die Stundung wegen unterlassener Mitteilung der neuen Wohnanschrift an den Treuhänder aufzuheben. Durch den angefochtenen Beschluss vom 21.02.2006 hat das Amtsgericht Mönchengladbach mit dieser Begründung die Stundung aufgehoben. Es hat ausgeführt, dass die unterlassene Mitteilung des neuen Wohnortes einen Verstoß gegen § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO darstelle und eine Versagung der Restschuldbefreiung rechtfertige. Bei dieser Sachlage sei im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH (ZInsO 2005, 207) eine einmal bewilligte Stundung aufzuheben.

Gegen diesen Beschluss hat der Schuldner fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, dass er den Insolvenzverwalter über seine Wohnanschrift im Hotel benachrichtigt habe.

Zwischenzeitlich haben mehrere Gläubiger mit entsprechender Begründung einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt. Über diese Anträge ist bislang nicht entschieden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 4d Abs. 1 InsO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Eine Rechtsgrundlage für die Aufhebung der gewährten Stundung der Verfahrenskosten ist zum jetzigen Verfahrenszeitpunkt nicht vorhanden. Die Gründe für eine nachträgliche Aufhebung der Stundung sind in § 4c InsO abschließend aufgezählt (vgl. BT-Drucksache 14/5680 S. 22 und Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, 12.Auflage, § 4c Rn. 1).

Von den in dieser Vorschrift aufgeführten 5 Fällen der berechtigten Aufhebung der Stundung ist keine erfüllt, insbesondere ist dem Schuldner bislang die Restschuldbefreiung nicht versagt worden (§ 4c Nr. 5 InsO).

Die Kammer folgt nicht der Auffassung des Amtsgerichts und des Landgerichts Göttingen (ZinsO 2005, 1340), nach der eine Aufhebung der Stundung auch vor einer Versagung der Restschuldbefreiung möglich ist, wenn das Amtsgericht zu der Überzeugung gelangt, dass ein Versagungsgrund vorliegt.

Dem steht bereits der eindeutige Wortlaut des § 4c Nr. 5 InsO entgegen, der die nachträgliche Aufhebung des Stundungsbeschlusses von einer Entscheidung über die Restschuldbefreiung abhängig macht.

Der Gesetzgeber hat zudem bewusst davon abgesehen, die einzelnen Versagungsgründe als eigenständige Anknüpfungspunkte für die nachträgliche Aufhebung der Stundung aufzuführen (vgl. BT-Drucksache 14/5680 S. 23). Nach dem Willen des Gesetzgebers ist es nicht geboten, die Stundung aufzuheben, wenn die unmittelbar von einer Restschuldbefreiung betroffenen Gläubiger diesen Verstoß des Schuldners als nicht so schwerwiegend einstufen, um die Versagung der Restschuldbefreiung zu beantragen. Aus diesem Grunde ist erst die Entscheidung über die Versagung der Restschuldbefreiung vom Gesetzgeber als Anknüpfungspunkt für eine nachträgliche Aufhebung der Stundung gewählt worden.

Gegen die vom Amtsgericht Mönchengladbach und Landgericht Göttingen geäußerte Auffassung spricht auch, dass in den §§ 290 ff. InsO für die Entscheidung über die Versagung der Restschuldbefreiung ein eigenständiges Verfahren mit eigenständigen Zulässigkeitsvoraussetzungen geregelt ist. So ist beispielsweise die Restschuldbefreiung nur auf Antrag zu versagen. Dieser Antrag ist im Schlusstermin zu stellen usw. Diese besonderen Regelungen würden unterlaufen, wenn quasi stellvertretend und vorgreifend im Verfahren auf Aufhebung der Kostenstundung über das Vorliegen eines Grundes zur Versagung der Restschuldbefreiung entschieden würde.

Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung der Kammer auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 16.12.2004 (NJW-RR 2005, 697). Die Entscheidung betrifft nicht den Fall der nachträglichen Aufhebung der Stundung, sondern hat eine Konstellation zur Grundlage, in der erstmals über den Stundungsantrag zu entscheiden war. Nur für diesen Fall hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die Gewährung einer Stundung auch bei zweifelsfreiem Vorliegen des Versagungsgrundes nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO ausgeschlossen sei. Zur B...

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