Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
1. Der Dualismus der Einkunftsarten und einkunftsspezifische Besonderheiten (wie etwa – bis 1986 allgemein – die Erfassung des Nutzungswerts der Wohnung bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft) machen es erforderlich, zunächst die Einkunftsart zu klären, bevor die Frage der Liebhaberei zu prüfen ist.
2. Ein Steuerpflichtiger, der als nicht aktiver Landwirt einen verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erwirbt, erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Anschluss an BFH-Urteil vom 20.4.1989, IV R 95/87, BFHE 157, 365, BStBl II 1989, 863).
Normenkette
§ 2 Abs. 1 EStG , § 13 EStG , § 21 EStG
Sachverhalt
Ein Manager (Kläger) suchte nach seiner Pensionierung gemeinsam mit seiner Ehefrau Flächen zur Eröffnung einer Gärtnerei mit Baumschule zu erwerben (der Schwiegersohn war Gärtner). Für 1,5 Mio. DM kauften die Ehegatten eine land- und forstwirtschaftliche Hofstelle, deren Flächen noch für drei Jahre verpachtet waren. In das Bauernhaus zog ein im Unternehmen des Klägers beschäftigter Maurer ein, der den Hof sanieren sollte. Der Schwiegersohn erwarb später einen anderen Betrieb. Die Kläger verpachteten daraufhin die landwirtschaftlichen Nutzflächen weiter, behielten aber die Forstflächen zurück. Einige Jahre später verkauften sie den Betrieb für 1,7 Mio. DM an die Stadt.
Im Jahr der Veräußerung erklärten die Kläger unter Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von ca. 230 000 DM. In den Vorjahren waren ausschließlich Verluste erklärt worden, die sich insgesamt auf über 500 000 DM beliefen.
Das FA sah den gesamten Vorgang als Liebhaberei an. Dem pflichtete das FG bei, weil den Klägern die Gewinnerzielungsabsicht für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gefehlt habe.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Die Kläger hätten bei Übernahme des Betriebs mangels Verpächterwahlrechts nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Das FG müsse noch feststellen, ob diesbezüglich Überschusserzielungsabsicht bestanden habe.
Weiter sei zu klären, ob später nach Übernahme der Eigenbewirtschaftung ein landwirtschaftlicher Betrieb eröffnet worden sei und ob dafür Gewinnerzielungsabsicht bestanden habe. Dazu sei auch zu prüfen, ob die zurückbehaltenen Forstflächen einen eigenen Betrieb gebildet hätten.
Hinweis
1. Liebhaberei liegt nach der Rechtsprechung des BFH vor, wenn kein betrieblicher Totalgewinn bzw. kein Totalüberschuss aus der Einkunftserzielungstätigkeit erstrebt wird. Der Totalgewinn aus einer betrieblichen Tätigkeit schließt danach die stillen Reserven in den betrieblichen Wirtschaftsgütern ein. Im Fall der Vermögensverwaltung werden die stillen Reserven nicht einbezogen. Deshalb kann erst nach der Festlegung der Einkunftsart eine Totalgewinnprognose angestellt werden.
Nachdem seit 1999 die "Spekulationsfrist" für Grundstücke auf 10 Jahre verlängert worden ist, sind m.E. die stillen Reserven des Grundstücks aber in die Berechnung des Totalüberschusses bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einzubeziehen, wenn eine Veräußerung des Grundstücks innerhalb dieser Frist beabsichtigt ist. Dabei darf dann keine Rolle spielen, dass Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften eine eigenständige Einkunftsart darstellen.
2. Der Besprechungsfall bot dem BFH Gelegenheit, erneut auf seine bisherige Rechtsprechung hinzuweisen, wonach die Wahlmöglichkeit zwischen betrieblicher und vermögensverwaltender Verpachtung eines Betriebs nur dann besteht, wenn der Verpächter zuvor einen aktiven Betrieb unterhalten hat. Noch nicht geklärt ist bisher, ob und inwieweit der aktive Betrieb mit dem Verpachtungsbetrieb identisch sein muss. Denkbar wäre z.B., dass ein verpachteter Betrieb umgesiedelt wird, indem die bisherigen Flächen veräußert, die ersatzweise erworbenen Flächen aber ebenfalls verpachtet werden. Darin kann u.U. eine Betriebsverlegung gesehen werden, die nicht zur Realisierung der stillen Reserven, sondern zur Fortsetzung des Verpachtungsbetriebs führt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.3.2001, IV R 88/99