Leitsatz
Betriebliche Pkws, für die eine lineare AfA gewählt wurde, sind auf den Erinnerungswert von einem Euro abzuschreiben. Ein Schrottwert ist bei Fahrzeugen nicht anzusetzen. Eine unterlassene AfA kann nicht in späteren noch offenen Jahren nachgeholt werden, so dass im Entnahmejahr zwingend ein Gewinn in Höhe des Teilwertes festzusetzen ist. Es spielt auch keine Rolle, dass die AfA deswegen unterlassen wurde, um nachteilige Folgen der 1-Prozent-Regelung zu vermeiden.
Sachverhalt
Ein Freiberufler schaffte sich im Jahr 1991 für über DM 60.000 ein betriebliches Fahrzeug an und schrieb in den ersten vier Jahren diesen Pkw bis zu einem Sockelwert von DM 10.000 linear ab. Von 1995 bis 1998 wurde keine AfA angesetzt und im Jahr 1999 der Pkw mit einem angenommenen Entnahmewert von DM 10.000 (netto) entnommen. Der Steuerpflichtige sah hierin keine Erfolgsauswirkung, da sich der Anlagenabgang und der Entnahmegewinn in gleicher Höhe gegenüber standen. Das Finanzamt erkannte dies nicht an und setzte für 1999 wegen der unterlassenen und seiner Ansicht nach nicht nachholbaren AfA einen Entnahmegewinn von DM 10.000 fest.
Entscheidung
Das Finanzgericht Hamburg gab dem Finanzamt recht. Wer eine lineare AfA nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG gewählt, ist an diese Entscheidung gebunden, bis der Erinnerungswert erreicht wird. Als Vereinfachungsregelung ist die lineare Abschreibung schematisch und kann daher von den tatsächlichen Wertverhältnissen unschädlicher Weise abweichen. Dies verlagert den Gewinn zwar in den Fällen, in denen das Wirtschaftsgut noch einen höheren als den Buchwert aufweist, bei Vereinfachungsregelungen ist dies aber hinzunehmen. Ausnahmen kommen nach der Rechtsprechung nur in Betracht, wenn der Schrottwert des Wirtschaftsgutes erheblich über dem Erinnerungswert liegt. Bei Fahrzeugen ist dies angesichts der Entsorgungskosten jedenfalls nicht der Fall. Das Gericht lässt es auch nicht zu, dass nach der Abschreibung auf den Erinnerungswert auf den Teilwert aufgestockt wird (Teilwertzuschreibung).
Hinweis
Das Gericht hat die Revision zugelassen, die unter dem Aktenzeichen IV R 48/06 vor dem BFH anhängig ist. Das Gericht hat sich meines Erachtens mit der Problematik nur sehr oberflächlich befasst. Der Ausgangspunkt der Argumentation ist zunächst zutreffend. Wählt der Steuerpflichtige die lineare Abschreibung, so kann er später nicht auf eine andere Abschreibungsart umwechseln, es sei denn, es handelt sich um eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung. Folgerichtig ist es deshalb, dass die Abschreibung zunächst zwingend auf den Erinnerungswert abzuschreiben ist und auf diese Art und Weise auch nicht die Bemessungsgrundlage für die 1-Prozent-Regelung manipuliert werden kann. Warum nach Erreichen des Erinnerungswertes allerdings nicht auf den Teilwert aufgestockt werden kann, konnte das Gericht meines Erachtens nicht schlüssig widerlegen. Im Ergebnis hat das Gericht einerseits nicht zugelassen, dass die unterbliebene AfA später nachgeholt wird, andrerseits aber den Entnahmegewinn in voller Höhe angesetzt. Das ist allerdings nur insofern von der BFH-Rechtsprechung gedeckt, als die AfA willkürlich unterlassen wurde.
Davon kann aber m.E. nicht die Rede sein, wenn die AfA nur bis zum tatsächlichen Zeitwert des Wirtschaftsgutes erstreckt wird. Dass hier der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs durchbrochen wird, tut das Gericht mit der Behauptung ab, dass dieser Grundsatz dann nicht eingreife, wenn vom Finanzamt ein absichtlich gebildeter fehlerhafter Bilanzansatz aufgedeckt worden ist. Obwohl es sich beim Kläger um einen Einnahmeüberschussrechner handelte, sind im Hinblick auf die AfA die bilanziellen Vorschriften entsprechend anzuwenden. Deshalb ist nach der durchgängigen BFH-Rechtsprechung ein zwar objektiv falscher aber mit guten Gründen rechtlich vertretbarer Bilanzansatz, nämlich der überhöhte Buchwert des Pkw in der ersten noch änderbaren Bilanz zu korrigieren. Im Streitfall war das Jahr 1996, für das eine Betriebsprüfung angeordnet wurde. Es muss dem Steuerbürgern unbenommen bleiben, ohne das Risiko von Steuersanktionen das reichlich zerklüftete Steuerrecht fortzubilden.
Auch die Argumente des Gerichts, eine später nachgeholte AfA würde das Prinzip der Abschnittsbesteuerung aushebeln, überzeugen nicht: Durch die von den zutreffenden Verhältnissen abweichende linear AfA wird ebenfalls nicht exakt nach den Jahresabschnitten besteuert, insbesondere, wenn man sich bei Fahrzeugen vor Augen hält, dass deren Nutzungsdauer - wie auch im Streitfall - wesentlich länger ist als die zulässigen fünf Jahre.
Auch die Begründung des Gerichts, dass zwar das erste noch offene Jahr für die Korrektur maßgeblich wäre, nämlich 1996, dies aber aus Gründen der Praktikabilität einfach in das letzte Jahr der Betriebsprüfung verlagert wird, zeugt nicht von juristischer Durchdringung der Problematik, sondern betet Finanzverwaltungsprioritäten nach. Es steht allerdings zu befürchten, dass der BFH das Urteil bestätigt, um für Steuerpflichtigen keine...