[Ohne Titel]

Dipl.-Finw. Gerhard Bruschke, StB[*]

Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vererbt oder im Wege der Schenkung einem Dritten übergeben, erfolgt die Bewertung des Betriebes für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach den Regeln des § 162 BewG. Diese setzen voraus, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Wird diese Annahme durch die Aufgabe oder die Veräußerung des Betriebes oder wesentlicher Wirtschaftsgüter nicht erfüllt, ist für die Bewertung der Liquidationswert nach § 166 BewG heranzuziehen (s. dazu bereits Bruschke, ErbStB 2011, 317). Dieser Beitrag geht der Frage nach, ob der Ansatz eines geringeren Wertes bzw. eine Korrektur des Liquidationswertes auf den nachgewiesenen Kaufpreis möglich ist.

[*] Der Autor war bis zu seinem Ausscheiden aus der Finanzverwaltung Sachgebietsleiter eines westfälischen Finanzamts, zu dessen Aufgabenbereich u.a. die Rechtsbehelfsstelle gehörte. Inzwischen ist er als Steuerberater in eigener Kanzlei in Möhnesee tätig.

1. Vorbemerkungen

Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vererbt oder im Wege der Schenkung einem Dritten übergeben, erfolgt die Bewertung des Betriebes für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach den Regeln des § 162 BewG. Diese setzen voraus, dass der Erwerber den Betrieb fortführt.

Wird diese Annahme durch die Aufgabe oder die Veräußerung des Betriebes oder wesentlicher Wirtschaftsgüter nicht erfüllt, ist für die Bewertung der Liquidationswert nach § 166 BewG heranzuziehen. Dies gilt innerhalb eines Zeitraumes von 15 Jahren nach dem Erbfall bzw. dem Zeitpunkt der Schenkung. Eine Darstellung der Besonderheiten dieser auf die Vergangenheit vorgenommenen Bewertung und die im Regelfall negativen Folgen für den Steuerpflichtigen sowie Vermeidungsstrategien wurde bereits im ErbStB (vgl. Bruschke, ErbStB 2011, 317) dargestellt.

2. Problemstellung und Lösung

Generell sieht § 166 BewG keine abweichende Wertfeststellung z.B. über ein entspr. Gutachten vor. Ein Verweis auf die Nachweismöglichkeit über § 198 BewG enthält die Vorschrift nicht. Gleichwohl soll unter besonderen Umständen der Ansatz eines geringeren Wertes, als der, der sich unter der Prämisse des § 166 BewG ergibt, möglich sein.

Dies gilt immer dann, wenn über eine zeitnahe Veräußerung oder ein Wertgutachten nachgewiesen wird, dass der Liquidationswert tatsächlich im wirtschaftlichen Verkehr nicht erzielt werden kann. Insbesondere bei zeitnahen Veräußerungen stellt sich dann die Frage, ob eine Korrektur des Liquidationswertes auf den nachgewiesenen Kaufpreis möglich ist. Die Frage ist also, ob und wenn in welchem Umfang eine Korrektur bzw. ein Abweichen vom Liquidationswert zulässig ist.

Zu beachten ist hierbei grundsätzlich, dass das Gesetz selbst keine entspr. Korrektur ermöglicht. Die Vorschrift des § 198 BewG ist i.R.d. Ermittlung des Liquidationswertes nicht anwendbar, da sie keinen Verweis auf die Bewertung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe enthält, sondern sich ausschließlich auf die Bewertung des Grundvermögens bezieht. Die Rspr. hat daraus den Schluss gezogen, dass bei der Ermittlung des Liquidationswertes die Berücksichtigung zeitnaher Veräußerungen mangels einer entspr. Öffnungsklausel nicht möglich ist (FG Nürnberg v. 14.1.2016 – 4 K 814/15, EFG 2016, 1401 = ErbStB 2016, 269 [Rothenberger]).

In dem dagegen eingelegten Revisionsverfahren hat der BFH allerdings festgestellt, das für den Fall, dass der Steuerpflichtige nachweist, dass der gemeine Wert der kurze Zeit nach dem Erbanfall veräußerten land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen wesentlich niedriger ist als der nach § 166 BewG ermittelte Liquidationswert, der niedrigere gemeine Wert als Grundbesitzwert für Zwecke der Erbschaftsteuer festgestellt werden kann (BFH v. 30.1.2019 – II R 9/16, BStBl. II 2019, 599 = ErbStB 2019, 159 [Marfels]). Offen blieb allerdings die Frage, wann ein wesentlich niedrigerer Wert anzunehmen ist.

Somit stellte sich bei einer deutlichen Differenz zwischen dem Gutachtenwert oder dem Erlös aus einer zeitnahen Veräußerung die Frage, ob die pauschale Wertermittlung gegen das allgemeine Übermaßverbot (BVerfG v. 5.4.1978 – 1 BvR 117/73, BStBl. II 1978, 441) verstößt. Bei der Beantwortung dieser Frage ist allerdings zu beachten, dass das BVerfG generell den gemeinen Wert als vorrangigen Bewertungsmaßstab ansieht (BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BStBl. II 2007, 192 = ErbStB 2007, 64 [Heinrichshofen]).

Aus den Entscheidungen des BVerfG hat der BFH in mehreren Entscheidungen geschlossen, dass mit dem Ansatz des gemeinen Wertes auch dem Übermaßverbot Rechnung getragen werden könne (vgl. BFH v. 29.9.2004 – II R 57/02, BStBl. II 2004, 1041; BFH v. 5.5.2004 – II R 45/01, BStBl. II 2004, 1036 = ErbStB 2004, 245 [Halaczinsky]). Das Übermaßverbot sah der BFH danach als verletzt an, wenn die sich bei einer typisierenden Bewertung ergebenden Werte extrem über das nomale Maß hinausgehen.

Beraterhinweis Wann dies der Fall ist, wurde in der bisherigen Rspr. allerdings nicht allgemeingültig festgelegt. Als extrem über das normale Maß hinausgeh...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge