Zusammenfassung
Bei den sog. Liquiditätsgraden handelt es sich um Kennzahlen der bestandsorientierten Liquiditätsanalyse. Im Rahmen der bestandsorientierten Liquiditätsanalyse wird die Bilanz eines Unternehmens in Bezug auf Zahlungsverpflichtungen und Vermögenspositionen analysiert. Die der Bilanz entnommenen Zahlungsverpflichtungen und Vermögenspositionen werden zueinander ins Verhältnis gesetzt, um Aussagen über die Liquidität des Unternehmens zu gewinnen. Liqudität wird hierbei mit dem Begriff der Zahlungsfähigkeit gleichgesetzt. Unter Liquidität wird demnach die Fähigkeit eines Unternehmens verstanden, die zu einem Zeitpunkt zwingend fälligen Zahlungsverpflichtungen uneingeschränkt erfüllen zu können.
1 Wesen
Die Liquiditätsgrade stellen Verhältniszahlen dar, bei denen bestimmte Vermögenspositionen den kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenübergestellt werden. Der Begriff "Liquiditätsgrade" lässt sich damit erklären, dass von der Liquidität ersten Grades bis zur Liquidität dritten Grades die Geldwerdungsdauer der jeweils in die Analyse einbezogenen Vermögensgegenstände graduell abnimmt.
Den Liquiditätsgraden liegt die Vorstellung zugrunde, dass mit den kurzfristigen Verbindlichkeiten (z. B. einem kurzfristigen Bankkredit) keine langfristige Mittelbindung, beispielsweise durch den Kauf einer Anlage, vorgenommen werden sollte, da die Wiedergeldwerdung der gebundenen Mittel über den Zeitraum hinausgeht, in dem die kurzfristigen Mittel bereitstehen, was dann zu Schwierigkeiten bei der Rückzahlung der kurzfristigen Mittel führen kann. Die Liquiditätsgrade folgen vielmehr dem Gedanken einer fristenkongruenten Finanzierung, wonach langfristig gebundene Mittel langfristig und kurzfristig gebundene Mittel kurzfristig finanziert werden sollen.
Hinter der Berechnung der Liquiditätsgrade verbirgt sich die Vorstellung, dass mit den kurzfristigen Verbindlichkeiten in näherer Zukunft Auszahlungen verbunden sind, für die liquide Mittel benötigt werden. Stehen solche Mittel nicht in dem benötigten Umfang bereit, kann dies zu Liquiditätsschwierigkeiten führen. Zur Vermeidung von Liquiditätsproblemen sollten daher zum Bilanzstichtag liquide Mittel oder kurzfristig liquidierbare Vermögenswerte in Höhe der kurzfristigen Verbindlichkeiten vorhanden sein.
2 Ermittlung
In der Bilanz werden einerseits kurzfristige Zahlungsverpflichtungen, andererseits aber auch Mittel zur Deckung der Zahlungsverpflichtungen ausgewiesen, wobei unter kurzfristig ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zu verstehen ist. Die drei Liquiditätsgrade lassen sich danach unterscheiden, ob zur Deckung der kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen die vorhandenen Zahlungsmittel, das monetäre Umlaufvermögen oder das gesamte Umlaufvermögen eingesetzt werden soll. Folgende Abbildung illustriert die Berechnung der Liquiditätsgrade mit Hilfe der entsprechenden Formeln und je einem Berechnungsbeispiel. Für das Berechnungsbeispiel werden folgende Daten unterstellt:
Vorhandene Zahlungsmittel |
15.000 EUR |
Monetäres Umlaufvermögen |
60.000 EUR |
Umlaufvermögen |
90.000 EUR |
Kurzfristige Verbindlichkeiten |
50.000 EUR |
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Liquidität 1. Grades |
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Liquidität 2. Grades |
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Liquidität 3. Grades |
Berechnung |
= |
Zahlungsmittel Kurzfristige Verbindlichkeiten |
= |
Monetäres Umlaufvermögen Kurzfristige Verbindlichkeiten |
= |
Umlaufvermögen Kurzfristige Verbindlichkeiten |
Beispiel |
= |
15.000 EUR 50.000 EUR = 0,3 = 30 % |
= |
60.000 EUR 50.000 EUR = 1,2 = 120 % |
= |
90.000 EUR 50.000 EUR = 1,8 = 180 % |
Auch bezeichnet als |
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Barliquidität, Cash Ratio |
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Acid Test, Net Quick Ratio |
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Current Ratio |
Die Liquiditätsgrade zeigen an, in welchem Umfang zum Bilanzstichtag die kurzfristigen Verbindlichkeiten gedeckt sind. Während bei der Liquidität ersten Grades, die auch Barliquidität oder Cash Ratio genannt wird, zur Deckung der kurzfristigen Verbindlichkeiten lediglich die Zahlungsmittel eingesetzt werden, werden bei der Liquidität zweiten und dritten Grades zusätzlich auch weitere Vermögensgegenstände herangezogen, die in kurzer Zeit liquidiert, d. h. in liquide Mittel umgewandelt werden können. Bei der Liquidität zweiten Grades, die auch als Net Quick Ratio oder als Acid Test bezeichnet wird, wird das monetäre Umlaufvermögen auf die kurzfristigen Verbindlichkeiten bezogen, wobei das monetäre Umlaufvermögen i. d. R. aus den Zahlungsmitteln, dem kurzfristigen Finanzumlaufvermögen und dem längerfristigen Finanzumlaufvermögen besteht. Demgegenüber wird im Rahmen der Ermittlung der Liquidität dritten Grades, die auch unter der Bezeichnung Current Ratio bekannt ist, regelmäßig das gesamte Umlaufvermögen, das sich aus dem monetären Umlaufvermögen und den Vorräten zusammensetzt, zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten ins Verhältnis gesetzt.
3 Beurteilung
Prinzipiell gilt, dass die Liquiditätslage eines Unternehmens umso günstiger zu beurteilen ist, je höher die ermittelten Liquiditätsgrade ausfallen. Jedoch ist zu beachten, dass eine unnötig hohe Liquidität i. d. R. zu Lasten der Rentabilität geht. Da Bestände an Zahlungsmitteln relativ niedrig verzinst werden, ist die Liquidität ersten Gr...