A. Allgemeines
Rn. 118
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Gemäß § 1 Abs 3 S 1 u 2 EStG werden auf Antrag natürliche Personen als unbeschränkt StPfl behandelt, die die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 EStG (Vorhandensein von Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, s Rn 69 ff und s Rn 87ff) nicht erfüllen, aber nahezu ihr gesamtes Einkommen im Inland erzielen. Ohne Antrag verbleibt es bei der beschränkten StPfl nach § 1 Abs 4 EStG mit den inländischen Einkünften iSd § 49 EStG (hierzu s Rn 147ff). Das Besteuerungswahlrecht eröffnet dem betroffenen Personenkreis die Möglichkeit, die bei der beschränkten StPfl nicht zu berücksichtigenden personen- und familienbezogenen Vorteile (wie zB BA- und WK-Abzug, SA-Abzug, ag Belastungen) in Anspruch zu nehmen.
Rn. 119
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Die fiktive unbeschränkte StPfl beschränkt sich dabei ausschließlich auf die in § 49 EStG genannten Einkünfte ("soweit"); das Welteinkommensprinzip ist daher in diesen Fällen im Inland nicht anwendbar.
Rn. 120
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Die Neufassung des § 1 Abs 3 EStG erfolgte durch das JStG 1996 v 11.10.1995 (BGBl I 198/6, 2346) als Konsequenz auf das sog Schumacker-Urt des EuGH v 14.02.1995, C-279/93, Slg 1995, I-225. In diesem erachtete der EuGH es für diskriminierend und daher nicht mit europäischem Recht vereinbar, wenn Gebietsansässige und Gebietsfremde unterschiedlich besteuert werden, obwohl sich beide Gruppen in einer vergleichbaren Situation befinden, etwa weil Gebietsfremde ihr Einkommen ganz oder fast ausschließlich im Tätigkeitsstaat beziehen (sog Grenzpendler).
Rn. 121
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In § 1 Abs 3 S 3 u 4 EStG ist geregelt, welche Einkünfte nicht als der deutschen ESt unterliegend anzusehen sind und damit nicht der inländischen Besteuerung unterworfen werden können. In welcher Form deren Höhe nachgewiesen werden muss, ist in § 1 Abs 3 S 5 EStG vorgeschrieben.
Zum ungeachtet der Voraussetzungen des § 1 Abs 3 S 1–4 EStG vorzunehmenden Steuerabzug nach § 50a EStG (§ 1 Abs 3 S 6 EStG) s Rn 144.
Rn. 122
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Nur derjenige StPfl, der auf seinen Antrag hin nach § 1 Abs 3 EStG als unbeschränkt stpfl behandelt wird, hat nach § 62 Abs 1 Nr 2 Buchst b EStG auch Anspruch auf Kindergeld (BFH v 27.08.2012, III R 14/10, BStBl II 2012, 897). Ob dies der Fall ist, ist ggf durch Auslegung des ESt-Bescheids zu ermitteln (BFH v 18.07.2013, III R 9/09, BStBl II 2014, 802 und BFH v 18.07.2013, III R 59/11, BStBl II 2014, 843). Die Kindergeldberechtigung hängt insoweit von der einkommensteuerrechtlichen Behandlung ab (BFH v 24.05.2012, III R 14/10, BStBl II 2012, 897; BFH v 30.09.2015, V B 135/14, BFH/NV 2016, 51). Der Anspruch besteht nur für die Monate, in denen der StPfl inländischen Einkünfte iSd § 49 EStG erzielt (BFH v 24.10.2012, V R 43/11, BStBl II 2013, 491).
Rn. 123
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vorläufig frei
B. Personenkreis und sachlicher Umfang
1. Personenkreis
Rn. 124
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Der Personenkreis des § 1 Abs 3 EStG umfasst alle natürlichen Personen mit Wohnsitz (§ 8 AO, s Rn 69ff) oder gewöhnlichem Aufenthalt (§ 9 AO, s Rn 87ff) im Ausland, die im Inland steuerbare Einkünfte nach § 49 EStG erzielen. Demnach erstreckt sich die fiktive unbeschränkte StPfl nicht nur auf Grenzpendler, sondern auf alle StPfl, die die Voraussetzungen des § 1 Abs 3 EStG erfüllen.
Rn. 125
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Von der fiktiven unbeschränkten StPfl werden daher nicht nur EU-Staatsangehörige oder -Ansässige und Grenzpendler erfasst, sondern alle Ausländer, wenn ihr Inlandseinkommen größtenteils der deutschen Besteuerung unterliegt; das können bspw (vgl Kaefer, BB 1995, 1615) sein:
- ausländische ArbN und Selbständige, die unter Beibehaltung ihres Familienwohnsitzes täglich zur Arbeit nach Deutschland pendeln,
- deutsche Staatsbürger, die unter Beibehaltung ihres bisherigen Arbeitsplatzes aus privaten Gründen (Heirat, günstigere Grundstückspreise oder Miete etc) ihren Wohnsitz in ein angrenzendes Land verlegen,
- Saisonarbeiter und Werkvertrags-ArbN, die zu einem Einsatz von wenigen Wochen oder Monaten nach Deutschland kommen,
- deutsche Ruheständler, die im Ausland leben und ihre Einkünfte (Renten, Mieten etc) aus Deutschland beziehen.
Rn. 126
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Ehegatten oder Lebenspartner, Kinder und andere im Haushalt lebende Angehörige werden nur dann in die unbeschränkte StPfl einbezogen, wenn sie selbst die Voraussetzungen des § 1 Abs 3 EStG erfüllen.
Liegen bei beiden Ehegatten oder (wegen § 2 Abs 8 EStG) Lebenspartnern die Voraussetzungen der fiktiven unbeschränkten StPfl vor, ist wegen des Ausschlusses von § 1 Abs 3 EStG in § 26 Abs 1 EStG eine Zusammenveranlagung mit Splittingtarif (§ 32 Abs 5 EStG) nicht möglich (zB BFH v 22.10.2014, I B 101/13, BFH/NV 2015, 201), wenn nicht auch die weiteren europabezogenen Voraussetzungen des § 1a Abs 1 Nr 2 EStG (Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den EWR anwendbar ist) erfüllt sind (zu Einzelheiten s Erläut zu § 1a (Göckel) sowie BFH v...