Dr. Michael Hoheisel, Dr. Michael Tippelhofer
1. Antrag (§ 10 Abs 1a Nr 1 S 2 EStG)
Rn. 410
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Nach dem Gesetzeswortlaut sind SA Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder getrennt lebenden unbeschränkt stpfl Ehegatten, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt. Formvorschriften existieren nicht. Der Antrag auf Abzug der Unterhaltsleistungen als SA und die Zustimmung des Leistungsempfängers erfolgen üblicherweise mit der ESt-Erklärung. Unterhaltsleistungen, die sonst nach § 12 Nr 2 EStG weder als BA, WK noch SA abziehbar sind, werden durch den wirksam gestellten Antrag des Gebers mit Zustimmung des Empfängers zu SA umqualifiziert.
Der Antrag ändert den Rechtscharakter des Aufwands beim Geber und bewirkt gleichzeitig die StPfl beim Empfänger. Er kann nach § 10 Abs 1a Nr 1 S 1 EStG jeweils nur für ein Kj gestellt und nicht zurückgenommen oder nachträglich betragsmäßig gemindert (vgl BFH BStBl II 2000, 218) werden. Dies gilt auch für die Fälle der Antragstellung im LSt-Ermäßigungs- oder ESt-Vorauszahlungsverfahren (vgl BT-Drucks 11/2157 v 19.04.1988, 143). Der Antrag ist nicht fristgebunden.
Rn. 411
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Erfolgen der Antrag nach § 10 Abs 1a Nr 1 S 1 EStG und die Zustimmung zur Anwendung des Realsplittings erst nach Eintritt der Bestandskraft des ESt-Bescheids, so ist dieser nach § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO zu ändern (vgl BFH BStBl II 1989, 957; BFH/NV 2006, 1985; zustimmend, aber kritisch zur Rechtsfolge Kulosa in H/H/R, § 10 EStG Rz 232).
Liegt die Zustimmung des Empfängers bereits vor Bestandskraft des ESt-Bescheids vor, kann ein nach Bestandskraft gestellter Antrag dagegen nicht mehr als rückwirkendes Ereignis berücksichtigt werden (vgl BFH v 10.08.2014, BStBl II 2015, 138).
Rn. 412
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Die Umqualifizierung erstreckt sich auf sämtliche Unterhaltsleistungen, auf die sich der Antrag bezieht, gleichgültig, in welcher Höhe sie geleistet werden und ob sie in concreto abziehbar sind. Insoweit zutreffend Diebold, DStR 1979, 344; 1980, 528. § 10 Abs 1a Nr 1 S 1 EStG bestimmt zwar, dass der Abzug nur bis zur Höhe von 13 805 EUR vorgenommen wird. Diese Begrenzung bedeutet aber nur, dass ein Abzug über 13 805 EUR hinaus nicht in Betracht kommt; sie bedeutet nicht, dass die Unterhaltsleistungen nur bis zur Höhe von 13 805 EUR SA sind. Hieraus ergibt sich, dass § 33a EStG auf Unterhaltsleistungen, für die der Antrag nach § 10 Abs 1a Nr 1 S 2 EStG gestellt wurde, nicht anwendbar ist (s Rn 408). Der StPfl hat, nachdem er einen wirksamen Antrag gestellt hat, keine Möglichkeit mehr, die geleisteten Unterhaltsleistungen als ag Belastung zu behandeln, auch wenn dies zu steuerlich günstigeren Ergebnissen führt. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf einen Betrag von weniger als 13 805 EUR begrenzt wird.
2. Antragsbegrenzung
Rn. 413
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Der Antrag kann von vornherein auf einen Betrag unter 13 805 EUR begrenzt werden (BFH BFH/NV 2000, 218; BStBl II 2005, 825; R 10.2 Abs 1 EStR 2012), nicht aber nachträglich – auch nicht mit Einwilligung des Empfängers – beschränkt werden (BFH BStBl II 2000, 218). Demgegenüber ist eine betragsmäßige Erweiterung eines begrenzten Antrags jederzeit zulässig (BFH BStBl II 2007, 5).
3. Angabe der ID-Nr gemäß § 139b AO (§ 10 Abs 1a Nr 1 S 7, 8 EStG)
Rn. 414
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Ab VZ 2016 ist weitere Voraussetzung des SA-Abzugs die Angabe der ID-Nr gemäß § 139b AO der unterhaltenen Person in der Steuererklärung des Unterhaltsleistenden (§ 10 Abs 1a Nr 1 S 7 EStG). Sofern die unterhaltene Person ihrer gemäß § 10 Abs 1a Nr 1 S 8 EStG bestehenden Verpflichtung zur Mitteilung der ID-Nr an den Leistenden nicht nachkommt, ist dieser berechtigt, bei der für ihn zuständigen FinBeh die ID-Nr der unterhaltenen Person zu erfragen.
Rn. 415
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vorläufig frei
4. Unterhaltsleistungen
a) Allgemeines
Rn. 416
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Unterhaltsleistungen iSd § 10 Abs 1a Nr 1 EStG sind Zuwendungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten, die zum Zwecke des Unterhalts gemacht werden. Dabei wird es in erster Linie auf den objektiven Befund der Unterhaltsbedürftigkeit des Empfängers ankommen. Daneben wird allerdings auch die subjektive Vorstellung des Leistenden, Unterhalt zu gewähren, nicht unbeachtet bleiben dürfen. Leistungen zum Zweck des Unterhalts liegen nach BFH BStBl II 2002, 130; BFH/NV 2007, 1285 auch dann vor, wenn ein StPfl vereinbarungsgemäß gemeinsame eigene Schulden und solche seines geschiedenen Ehegatten tilgt, wenn Letzterer insoweit auf die Zahlung ihm zustehenden Unterhalts verzichtet; anders noch BFH BFH/NV 1989, 779.
Rn. 417
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Unterhaltsleistungen liegen hingegen nicht vor, wenn der Leistende im Wege eines gegenseitigen Vertrags eine Gegenleistung erbringt. Es kommt nicht darauf an, ob gesetzliche oder sonstige Unterhaltspflicht besteht. Der Begriff ist nicht auf Leistungen zur Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht beschränkt. Es fallen unter die Vorschrift auch freiwillig geleistete Zahlungen, vorausgesetzt nur, es besteht eine objektive Unterhaltsbedürftigkeit des Empfängers; aA Söhn in K/S/M, § 10 EStG Rz C 21. Scheidungs- und ...