Dr. Michael Hoheisel, Dr. Michael Tippelhofer
1. Überblick
Rn. 610
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Die Rechtslage für Vermögensübertragungen vor dem 01.01.2008 ist durch § 10 Abs 1 Nr 1a EStG aF (nunmehr § 10 Abs 1a Nr 2 EStG) geregelt. Der Gesetzeswortlaut von § 10 Abs 1 Nr 1a EStG aF lautet wie folgt:
(1) SA sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder BA noch WK sind:
…
1a. auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben. 2Bei Leibrenten kann nur der Anteil abgezogen werden, der sich nach § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb ergibt;
Rn. 611
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Bei einem Vergleich der Altregelung des § 10 Abs 1 Nr 1a EStG aF (Rechtslage für Vermögensübertragungen vor dem 01.01.2008) mit dem derzeit geltenden § 10 Abs 1a Nr 2 EStG ergeben sich folgende wesentlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten:
Rechtslage vor dem 01.01.2008 (§ 10 Abs 1 Nr 1a EStG) |
Rechtslage ab dem 01.01.2008 (§ 10 Abs 1a Nr 2 EStG) |
auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, |
auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, |
Renten und dauernde Lasten, |
lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen, |
die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben. |
die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, |
Rspr: "Generationennachfolgeverbund" |
wenn der Empfänger unbeschränkt estpfl ist. |
S 2: Bei Leibrenten kann nur der Anteil abgezogen werden, der sich nach § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb ergibt |
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Rspr: "existenzsichernde Wirtschaftseinheit/existenzsicherndes Vermögen" |
S 2: Gilt nur für … a) Mitunternehmeranteil an einer PersGes, die eine Tätigkeit iSd §§ 13, 15 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG oder § 18 Abs 1 EStG ausübt b) Betrieb oder Teilbetrieb c) mindestens 50 % betragenden Anteil an einer GmbH, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt |
Rn. 612
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Die wesentlichen Unterschiede bestehen demnach
- im Umfang des begünstigten Vermögens, der durch die Neuregelung erheblich eingeschränkt wurde (s Rn 628), sowie
- in der durch die Neuregelung aufgegebenen Unterscheidung zwischen Renten und dauernden Lasten.
- Zudem sind die Vorschriften zur Möglichkeit einer nachträglichen Umschichtung iRd Altregelung großzügiger.
Im Folgenden werden daher – neben den Übergangsvorschriften – lediglich diejenigen Bereiche erläutert, bei denen sich Unterschiede zur Neuregelung ergeben. Im Übrigen wird auf die Kommentierung zur derzeitigen Gesetzeslage verwiesen (s Rn 450ff).
2. Zeitlicher Anwendungsbereich und Übergangsregelungen (§ 52 Abs 18 S 1, 2 EStG)
Rn. 613
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Die Neuregelung ist auf alle Versorgungsleistungen anzuwenden, die auf Vermögensübertragungen beruhen, die nach dem 31.12.2007 vereinbart worden sind (s § 52 Abs 18 S 1 EStG). Über den Wortlaut hinaus gilt dies nach hM auch für bis zum 31.12.2007 erfolgte Vermögensübertragungen durch Verfügung von Todes wegen (vgl Krüger in Schmidt, § 10 EStG Rz 139). Entscheidend ist der Zeitpunkt, zu dem der Verpflichtungsgrund entstanden ist. Dies kann entweder der Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Vertrages oder der Eintritt des Todesfalles sein (vgl Hutter in Blümich, § 10 EStG Rz 92).
Rn. 614
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Für vor dem 01.01.2008 vereinbarte Vermögensübertragungen sind grundsätzlich die Rechtsgrundsätze des § 10 Abs 1 Nr 1a EStG aF unverändert anzuwenden. StPfl, die aufgrund einer Vereinbarung vor dem 01.01.2008 zur Zahlung einer Rente oder dauernden Last verpflichtet waren, dürfen damit den SA-Abzug entsprechend der Altregelung unverändert bis zum Ende der Vertragslaufzeit fortführen (vgl Neufang, StB 2010, 234).
Das Schreiben des BMF v 16.09.2004, BStBl I 2004, 922 (s Tz 65–76) bleibt inklusive des zeitlichen Anwendungsbereichs der Schreiben BMF v 23.12.1996, BStBl I 1996, 1508; BMF v 26.08.2002, BStBl I 2002, 893 grundsätzlich weiter anwendbar (vgl BMF v 11.03.2010, BStBl I 2010, 227 Tz 81).
Rn. 615
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Eine Einschränkung erfährt der obenstehende Grundsatz dahingehend, dass vor dem 01.01.2008 vereinbarte Altverträge dann nicht fortgeführt werden dürfen, wenn das übertragene Vermögen nur deshalb einen ausreichenden Ertrag bringt, weil ersparte Aufwendungen (zB Zinsen) zu den Erträgen des Vermögens gerechnet werden (§ 52 Abs 18 S 2 EStG).
Betroffen davon sind im Wesentlichen Geldschenkungen gegen Versorgungsleistungen – insb wenn diese zur Schuldentilgung verwendet werden. Nach dem Beschluss des BFH v 12.05.2003, GrS 1/00, BStBl II 2004, 95 kann entgegen der FinVerw (BMF v 16.09.2004, BStBl 2004, 922 Tz 21) auch die Ersparnis von Zins- oder Mietaufwendungen in die Ertragsprognose mit einfließen, soweit mit den Schulden ausreichend ertragbringendes Vermögen finanziert wird (vgl Neufang, Stbg 2007, 592; Schmidt/Schwind, NWB 2007, 1; Grün, NWB 2010, 1042). Handelt es sich bei den ersparten Aufwendungen dagegen um Nutzungsvorteile, die ...